Beiträge von Tobias O. Meißner

    Da sich hier jetzt forumstechnisch schon seit längerem nichts mehr rührt, kann man die Leserunde wohl als abgeschlossen betrachten. Mein neues Interview, auf das Suse gestern verwiesen hat, mag letzte Fragen klären.

    Mir bleibt nur noch, mich bei allen Teilnehmern zu bedanken. Ich fand vorbildlich, dass trotz stellenweise kontroverser Ansichten der Beweis erbracht wurde, dass man auch im Netz konstruktiv diskutieren kann, ohne gleich in "Hate Speech" oder "Shitstormigkeit" abzurutschen.

    Und nochmal Danke für jede Rezension!


    :winken::stillgestanden:: Tobias

    ... finde ich den "Auge um Auge, Zahn um Zahn"-Gedanken an sich ziemlich daneben ...

    Ich auch. Ich mag auch "Rachefilme" nicht, in denen ein mimisch unterzuckerter Mittfünfziger mit der Wumme in der Hand systematisch Leute umlegt, die ihm Unrecht getan haben. (Es sei denn, die Actionszenen sind originell choreographiert, dann wird das etwas anderes, nämlich ein Martial-Arts-Film.)

    Interessant wird Rache für mich aber, wenn sie nicht aus Blutvergießen oder Knochenbrechen besteht, sondern kreativer wird. Insofern fand ich es sehr herausfordernd, für einen hitzköpfigen Menschen wie Dominique Rachepläne auszutüfteln.


    :karate:: Tobias

    Es ist natürlich sehr bitter für Dominique, dass ihr all das zugefügt wird, für ein Verbrechen, dass sie gar nicht begangen hat. Wäre andererseits ein anderes ihrer Verbrechen aufgefallen- bspw. die Aneignung von deutschen Millionen oder die Banküberfallserie hätte es sie vermutlich durchaus auch schlimmer mit dem Urteil treffen können.

    Ich glaube, der Grund, warum Dominique so ausgerastet ist - und nur noch mit Psychopharmaka zu "bändigen" war - ist eben, dass sie verurteilt wurde für etwas, was sie NICHT getan hat. Eine Verurteilung für eines ihrer tatsächlichen Verbrechen hätte immerhin eine - wenn auch missbilligende - Anerkennung dieser Verbrechen bedeutet. So aber bringt sie beides auf die Palme: 1. dass es den Behörden nicht gelingt, sie als Superverbrecherin zu identifizieren (obwohl sie z. B. die Bankraubserie ja sogar signiert hat), und 2. dass man ihr irgendeinen sinnlosen Quatsch in die Schuhe schieben kann, und jeder glaubt sowas.


    :pics:: Tobias

    Stimmt. Mir fällt auch noch eine Produzentin ein: Missy Elliott. Aber man muss sie suchen wie Nadeln im Heuhaufen, oder? Wenigstens gibt es Musikerinnen, die sich soweit durchsetzen können, dass sie sich selbst produzieren oder zumindest co-produzieren, z. B. die ja auch in EVIL MISS UNIVERSE eine Rolle spielende Laura Mvula. Gibt man ihren Namen bei Wikipedia ein, wird sie als "Soulpopsängerin" bezeichnet, was an Untertreibung kaum zu überbieten ist: Sie komponiert und schreibt ihre Alben selbst, also Musik und Texte, singt, spielt großartig Klavier und hat bei ihrem zweiten Album das London Symphony Orchestra sogar dirigiert. Momentan arbeitet sie an ihren dritten Album, ich bin extrem gespannt darauf und kaufe es mir, sobald es erscheint.


    :anbet:: Tobias

    Danke, Rhea, dass Du mir mit einem weiteren Fakt aushilfst.

    In der Buchbranche sind Frauen wirklich eine MACHT. Ich merke das nicht nur an den Bestsellerlisten, sondern auch hinter den Kulissen. Bei EVIL MISS UNIVERSE war meine Verlegerin eine Frau, meine Lektorin war eine Frau, das Korrektorat war eine Frau, die Titelbildzeichnerin war eine Frau, die Titelbilddesignerin war eine Frau, die Presseabteilung war eine Frau, die Marketingabteilung war eine Frau, und die Person, mit der ich während des Schreibens sämtliche organisatorischen Fragen geklärt habe, war ebenfalls eine Frau, nämlich die rechte Hand des Programmchefs, der der einzige Mann war, mit dem ich beim gesamten Herstellungsprozess - und das auch nur sehr kurz, nämlich anfangs, bei den Vertragsverhandlungen - Kontakt hatte. Ergibt zwei Männer und acht Frauen.

    Man vergleiche das mal mit der Musikbranche: Da gibt es zwar hunderttausend Sängerinnen - aber versuch mal, eine Produzentin zu finden! Oder eine Tontechnikerin?


    :hexe:: Tobias

    Tobias, hattest du dir "nur" diese Coups nach und nach ausgedacht oder noch mehr Schurkereien zur Auswahl gehabt, die du dann nur nicht verwendet hast (bei einem Film wären das jetzt die nicht gezeigten Szenen ;) )

    Ehrlich gesagt war ich eher erschrocken darüber, wie viele Verbrechen mir in kurzer Zeit eingefallen sind... :breitgrins::teufel::redface:

    Das waren aber wirklich alle, ich hätte es ja schade gefunden, etwas zu verheimlichen.



    Ich habe ja auch gezweifelt, dass sie am Ende zusammenbleiben, aber vielleicht war es dann doch das, was Dominique gesucht hat - eine feste Größe an ihrer Seite, die sie irgendwie zur Ruhe kommen lässt. Ich glaube, ohne Luc hätte sie immer weiter gemacht, auch wenn es sie am Ende dann zerstört hätte (nicht unbedingt zerstört, weil besiegt und bestraft, sondern eine einsame verbitterte Schurkin, die dann selbst keinen Spaß mehr an ihrem Tun hätte).

    Meine persönliche Theorie ist: Luc ist jemand, der Dominique einfach immer beachtet. Deswegen muss sie, seit sie mit ihm zusammen ist, nicht mehr von der ganzen Welt beachtet werden. Sie muss nicht mehr rasen und hetzen und sich Feinde machen. Sie kann tatsächlich zur Ruhe kommen.

    Und dennoch hat ihre neue Häuslichkeit nichts von Patriarchat, denn sie hat zweifellos in dieser Beziehung die Hosen an. Es ist nicht Luc, der sie dazu bringt, sich als Königin von Saba zu verkleiden, sondern sie hat sich schon immer gern verkleidet, und Luc kann ihre Verkleidung erkennen, einordnen und wertschätzen.


    :flirt:: Tobias

    Wie ich schon vermutet habe, wertet die Studie nur Rezensionen aus. Das heißt: Die Buchbranche versucht Frauen zu pushen, und männliche Rezensenten versuchen dann, Frauen zu ignorieren. Es gibt also keine Anhaltspunkte für eine "Verschwörung" innerhalb der Buchbranche. Und interessanterweise hat die "Verschwörung" der männlichen Rezensenten kaum Einfluss auf den letztendlichen Erfolg. Und man kann ja auch als Mann nicht besprochen werden. Ich zum Beispiel spiele seit über einem Jahrzehnt im Feuilleton keine Rolle mehr. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich Mann oder Frau bin, sondern dass ich Taschenbücher schreibe.

    Und zu Rowling: Ich bestreite nicht, dass sie es vor zwanzig Jahren anfangs schwer hatte. Wie ich übrigens auch: Nach dem kommerziellen Misserfolg meines ersten Romans hat mein Verlag mich erst einmal gefeuert, und ich fand mich als Fabrikarbeiter wieder. Da nutzten mir positive Rezensionen überhaupt nichts (die positivste bekam ich übrigens von einer Frau), es zählt allein der messbare Erfolg.

    Aber ich habe weiterhin den Eindruck, dass es geschlechtsspezifische Schwierigkeiten in den zwei Jahrzehnten seit Rowling nicht mehr gibt, weil sie eine Eisbrecherfunktion hatte, weil sie halt der absolute Super-Geldsegen war. Und wir reden ja von heute, nicht von früher. Der verhältnismäßig schnelle Erfolg von E. L. James, Suzanne Collins oder Stephenie Meyer belegt das doch. Man beachte, wie viele Romane Stephen King und Paolo Coelho über wie viele Jahrzehnte hinweg schreiben mussten, um auf die Plätze 2 und 3 der Liste hinter Rowling zu kommen, und wie wenige Romane (nämlich genau genommen jeweils nur eine einzige Trilogie) James, Collins und Meyer dafür brauchten. (Ja, ich weiß, dass Collins noch einen anderen, erfolgloseren Zyklus geschrieben hat. Dennoch kommt sie insgesamt auf gerade mal acht Romane. Dan Brown auch nur, aber ich sage ja: Es gibt durchaus Gleichberechtigung. :zwinker: Und Rowling hat so etwa zehn Romane, oder? Auch nicht viel. Ich habe 27, und ich stünde nicht mal auf einer Liste namens "die zehn Millionen bestverdienensten Schriftsteller der Welt".) :gaehn:


    :winken:: Tobias

    Mal etwas ganz anderes:

    Kennt ihr die Kabarettistin Lisa Eckhart?

    Ich kann verstehen, dass sie polarisiert, aber ich finde sie brillant und virtuos.

    Ihr neues Bühnenprogramm kam gestern auf 3sat und ist jetzt in der 3sat-Mediathek abrufbar:

    https://www.3sat.de/kabarett/3…eile-des-lasters-104.html

    Ich möchte an dieser Stelle einmal Werbung für sie machen, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: Ich habe die Sendung gerade eben in der Mediathek gesehen, und mir fiel auf, wie sehr Lisa Eckharts Selbststilisierung als politisch völlig unkorrekte Königin der Kälte etwas Superschurkinnenhaftes hat. Da ich ihre Programme schon seit etwa zwei Jahren fasziniert verfolge, hat sie mich womöglich beim Schreiben von EVIL MISS UNIVERSE mehr mitbeeinflusst, als mir das bewusst war. Ich ärgere mich nun jedenfalls, dass ich vergessen habe, sie in den Danksagungen zu erwähnen.

    (Noch zwei Details: Sie hat unter anderem an der Pariser Sorbonne studiert, genau wie Luc. Und Österreich spielt in meinem Roman ja immerhin eine gar nicht so unrühmliche Rolle, siehe das Kapitel mit dem ESC...)


    :daumen:: Tobias

    Ich kenne genug Frauen, die zB nicht verlegt werden, weil sie im "falschen" Genre zu Hause sind.

    Ich kenne auch genug Männer, die nicht verlegt werden, weil sie im "falschen Genre" zu Hause sind. Das sind kommerzielle Gesichtspunkte, unter denen haben alle gleichermaßen zu leiden.


    Definitiv gibt es viele Frauen in der Buchbranche, aber hervorgehoben werden nach meinem Empfinden (und nach Ergebnissen von einigen Studien) die Männer, während die Frauen durchaus "kleingehalten" werden.

    Diese Studien würden mich mal interessieren. Was werten die denn aus? Medien-Coverage? Weil Du sagst: "hervorgehoben". Dann wäre es aber kein Problem der Buchbranche.

    Diese Seite hier ist jetzt nicht superseriös und wissenschaftlich, aber sie bildet ab, was eigentlich alle wissen: der erfolgreichste Schriftsteller (geschlechtsneutral formuliert) unserer Zeit ist eine Frau. Und auch ansonsten sind Frauen auf dieser Liste sehr gut vertreten. Also was bedeutet, sie werden "kleingehalten"?

    https://www.msn.com/de-de/unte…elt/ss-BBPIi2V?li=BBqg4ej


    :gruebel:: Tobias

    Ein Schriftsteller bekommt aber hoffentlich mehr als einen Euro pro verkauftem Buch? Das klingt nach so wenig wenn man bedenkt, dass manche Autoren jahrelang an ihren Manuskripten sitzen.

    Bei einem Paperback wie EVIL MISS UNIVERSE ist es ungefähr ein Euro. Bei einem gebundenen Buch, das im Laden rund 25 Euro kostet, sind es rund 2 Euro. Es hängt also schlicht vom Verkaufspreis des Buches ab.

    Theoretisch kann man mit einem einzigen Buch Millionär werden ... wenn es sich denn eine Million mal verkauft ... :ohnmacht:

    Mein persönlicher Rekord liegt bei 25.000 verkauften Exemplaren.

    Aber ich habe natürlich auch nie die exklusive Biographie einer prominenten Person verfassen dürfen. Philian darf sich wirklich Hoffnungen machen, sich die Wohnung leisten zu können. In Frankreich wird sein Buch wahrscheinlich boykottiert werden wegen der Eiffelturm-Sache, aber allein schon in Italien - wo Dominique zuletzt "residiert" hat und keinerlei Schaden anrichtete - dürfte es sich gut verkaufen. Obwohl - die Christusstatue? Katholizismus? :autsch:


    :winken:: Tobias

    Tut mir leid, ich muss jetzt hier auch mal den Literaturbetrieb in Schutz nehmen dürfen, in dem ja auch hinter den Kulissen viele Frauen arbeiten (meine Verlegerin bei PIPER zum Beispiel ist eine Frau): Ich kann die Marginalisierung von Frauen im Literaturbetrieb nicht bestätigen. Ich würde auch nicht in einer Branche arbeiten wollen, in der Frauen systematisch benachteiligt oder sogar unterdrückt werden.

    Wenn ich mir die ganz aktuelle Spiegel-Bestsellerliste (39/2019) aufrufe, sehe ich in den Top Five bei Belletristik Frauen auf den Plätzen 2, 3 und 5, bei Paperback auf den Plätzen 1 und 2 und bei Taschenbüchern auf den Plätzen 1, 2 und 5. Unter "Marginalisierung" stelle ich mir etwas ganz anderes vor, nämlich ein effektives Hinausdrängen und Kleinhalten, dann gäbe es höchstens noch so etwas wie eine Quotenfrau.

    Keine der Schriftstellerinnen, die ich persönlich kenne, ist aufgrund ihres Geschlechts aus dem Beruf gemobbt worden.

    Marginalisierung von Frauen sehe ich eher in der Filmbranche, wo Regisseurinnen immer noch die Ausnahme sind, und Rollen für Schauspielerinnen über fünfzig ziemlich rar. Aber in der Buchbranche? Schon lange nicht mehr.


    :boxen:: Tobias

    (bereit, die Buchbranche zu verteidigen)

    Was der Papst Dominique getan hat, geht etwas unter. Eigentlich geht es ja eher gegen die Institution Kirche und ihre tradierten Vorstellungen, die noch immer einen so großen gesellschaftlichen Einfluss haben.

    Genau. Der Papst ist ein Mann, der einem Machtsystem vorsteht, in dem Frauen seinen Posten nicht übernehmen dürfen und eigentlich überhaupt nichts zu sagen haben. Sie dürfen ja nicht einmal Kardinal werden. Das hat Dominique auf die Palme gebracht.

    (Zum Vergleich: Der nächste Dalai Lama könnte auch eine Frau werden. "Regeltechnisch" spricht nichts dagegen.)


    :fluch:: Tobias

    Sorry, das ist mir schon klar. Wenn dir aber jeder sagt, deine chronische Erkrankung liegt ja nur am Stress, verstehst du bei sowas auch mal die Augen. Auf der anderen Seite war ich froh, Schuppenflechte überhaupt mal in einem belletristischen Werk zu entdecken

    Das Problem mit dem "wenn dir aber jeder sagt..." kenne ich von einer Bekannten, die am Chronic Fatigue Syndrom leidet, und jahrelang völlig verzweifelt war, weil niemand ihr glauben wollte, dass das eine echte Krankheit ist. Ich habe übrigens früher gedacht, Psoriasis ist immer permanent, wusste also auch nichts über Unterformen, bis ich zwei andere Frauen kennen lernte, die das nur ab und zu hatten, und nur an den Händen, und irgendwann halt (durch bessere Erforschung der Krankheit) rausfanden, dass es durch Stress ausgelöst wird. Daher erst weiß ich, dass es diese Unterform auch gibt. Und Dominique hat halt die, und nicht die schwerwiegendere Form, unter der Du zu leiden hast.

    Ich wollte da niemandem zu nahe treten, sondern, wie gesagt, nur einen Einzelfall schildern, von dem ich weiß, dass es sowas gibt.


    gute Besserung oder zumindest Milderung!

    :trost::Tobias

    Die Aussage, dass schöne junge Frauen eher einen Buchvertrag bekommen, als Männer kann ich aber nur mit einem lauten Auflachen quittieren. Es gibt ja nicht umsonst #wirlesenFrauen ^^

    #wirlesenFrauen scheint mir Dominiques Geschäftsmodell eher zu bestätigen als zu widerlegen. Denn was wird dort gepusht? Bücher von Frauen! Hätte Dominique in Männer investiert, hätte sie ihr Geld nur verbrannt...


    :zwinker:: Tobias