Hallo zusammen
eigentlich gibt es bei Caits wunderbarer Rezi nichts mehr hinzuzufügen, aber ich hab dennoch auch eine geschrieben, die ich Euch natürlich nicht vorenthalten will.
Meine Meinung:
Steht Viola Alvarez als Autorin auf einem Buch, kann ich mich als Leser und Liebhaber historischer Romane entspannt und beruhigt zurücklehnen, denn ich kann sicher sein, dass ich auf hohem schriftstellerischem Niveau auf’s Allerbeste unterhalten werde. Nachdem ich von der Autorin bereits „Das Herz des Königs“ und „Die Nebel des Morgens“ mit voller Begeisterung gelesen habe, konnte ich mich auch mit „Wer gab Dir, Liebe, die Gewalt“ auf wunderbare Lesestunden freuen und meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen.
Das Buch zog mich von der ersten Seite an in seinen Bann. Der Prolog, in dem eine Frau ihrem Leben ein Ende setzt, erfüllt meiner Meinung nach den Zweck eines Prologs: er macht neugierig, als Leser will man wissen, wie das soeben erzählte im Zusammenhang mit der gesamten Geschichte steht. Dass ich nebenbei auf diesen wenigen ersten Seiten sowohl kräftig schmunzeln als auch direkt mit den ersten Anwallungen aufsteigender Tränen kämpfen musste, bewies mir, dass ich es auch hier wieder mit einem wunderbar tief-emotionalen Buch zu tun habe. Ich liebe diese wunderbare Mischung von Viola Alvarez’ Büchern: Melancholie, Traurigkeit, oft genug auch tragische Entwicklungen, aber trotzdem immer wieder genügend Dinge, die mich einfach zum lachen bringen.
Viola Alvarez’ Sprache und Stil ist wunderbar intensiv. Sie malt Bilder, die sich durch das ganze Buch hindurchziehen, lässt uns Leser die Geschichte hautnah miterleben. Sie schreibt fesselnd, es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen, weil man immer wissen will, wie es weitergeht und dennoch gibt es auch viele Sätze und Begebenheiten, die einen ein wenig verweilen und nachdenken lassen. Es steckt unendlich viel in diesem Buch, das es einfach wert ist, dass man darüber spricht und sich austauscht. Insofern habe ich mich auch sehr gefreut, dass ich das Buch in einer Leserunde mit Autorenbegleitung lesen durfte
In „Wer gab Dir, Liebe, die Gewalt“ erzählt Viola Alvarez die Geschichte von Walther von der Vogelweide, dem bekannten Dichter und Minnesänger des 12. und 13. Jahrhundert. Über das Leben von Walther von der Vogelweide ist nicht viel bekannt bzw. historisch überliefert, einzig seine Werke und ein Beleg über den Kauf eines Mantels für Walther sind überliefert. Aus diesen wenigen Fakten bastelt uns Viola Alvarez eine Geschichte, wie das Leben des Dichters gewesen sein könnte und webt diese wenigen Fakten geschickt darin ein, stellt einen Zusammenhang her, wann und wieso die Gedichte entstanden sein könnte. So erweckt sie mit Herrn Atze und Dietrich zwei Gedicht-Figuren aus Walthers Werken zum Leben und gerade für den wunderbaren Dietrich, der zu meinem erklärten Liebling geworden ist, gebührt der Autorin mein allerherzlichster Dank!
Auch wenn mit Dietrich für mich mein persönlicher Held des Buches feststeht, sind mir auch viele andere Figuren des Romans ans Herz gewachsen, gerade auch die Hauptfigur Walther und diese nach 600 Seiten gehen zu lassen tut ein wenig weh und fällt schwer. Die Figuren sind sehr lebendig, sehr vielschichtig, sie sind gut durchdacht und ihr Handeln nachvollziehbar. Selbst die weniger sympathischen Figuren wirken echt und ich glaube fest, dass es Menschen gibt, die so reagieren, leben, agieren, wie es beispielsweise Walthers Mutter Gunis in diesem Roman hier tut. Es wirkt alles sehr rund und in sich geschlossen, weshalb ich auch den Eindruck hatte, dass die Autorin nicht nur eine genaue Vorstellung von Walthers möglichen Leben hat, sondern auch die komplette Lebensgeschichte der Nebenfiguren im Kopf hatte, selbst wenn sie im Buch nicht erzählt oder nur angeschnitten werden.
Wie bereits erwähnt empfinde ich dieses Buch als tief-emotional, was sich besonders gut an den Figuren ausmachen lässt: sie sind vielschichtige Personen, die alle ihre Fehler, ihr Päckchen zu tragen haben. Sie haben alle ihre Träume, Selbstzweifel, Sehnsüchte, kennen Liebe, Freundschaft, Treue, Hass. Als Leser ist man mittendrin im Geschehen, mal lacht, weint, leidet mit, hasst, liebt mit ihnen. Gerade die tiefen Gefühle, die Walthers Weggefährten und Freunde für ihn empfinden, sind unheimlich gut gelungen und rübergebracht. Die Art, wie Viola Alvarez Liebe, Freundschaft, Zuneigung schildert, geht für mich viel tiefer, sie ist für mich viel feiner, als in so vielen andern Romanen, egal aus welchem Genre. So wie hier lese ich auch gerne von Liebe und Romantik, Liebe und Romantik auf einem ganz anderen Niveau und vor allem auf einem sehr hohen, aber sehr tief eindringenden Niveau und dass, ohne die geringste Spur von Kitsch.
Ich weiß, dass es sich hier um eine fiktive Geschichte handelt, nur um eine Möglichkeit, wie das Leben des großen Dichters gewesen sein könnte, genauso wie ich weiß, dass es Mittelerde und andere Fantasy-Welten nicht gibt und die Geschichten in historischen Romanen historisch nicht immer korrekt sind, aber ich finde es schön, wenn ich mir vorstellen kann, dass es so (gewesen) sein könnte. Und genau das hat Viola Alvarez mit diesem Buch wieder geschafft. Es ist ein wunderbares Buch und ich bin traurig, dass ich jetzt noch solange warten muss, bis ich Nachschub von der Autorin in den Händen halten kann.
Auch von mir kann das Buch nichts anderes als eine 1 mit Sternchen *** bekommen
Ich bin übrigens auch definitiv der Meinung, dass sich der Kauf dieses Buches lohnt, da lohnt sich sogar das teure Hardcover, denn ich bin ganz einfach der Meinung, dass ich besondere Bücher als Hardcover haben MUSS únd dieses gehört eindeutig dazu und ich bin froh, dass es jetzt mein Regal verschönert.
lg
kathrin