Puh, was für ein Abschnitt. Ich finde dieses Buch unglaublich spannend und wahnsinnig gelungen. Ein bisschen schade fand ich, dass wir in diesem Abschnitt gar nichts von der Handlung auf der Montrose erfahren haben. Diese ist nämlich immer noch mein Lieblingsschauplatz.
Dafür erfahren wir umso mehr von Crippen, Cora und Ethel. Das Abendessen zu ihrem Hochzeitstag ist ja wirklich grausam für alle Beteiligten gewesen. Cora benimmt sich Hawley gegenüber wirklich unmöglich. Auch Ethel bemerkt das und rät ihm sogar, Cora zu erledigen. Ob sie am Ende vielleicht sogar die Täterin ist?
In diesem Abschnitt ist mir Crippen eher wie ein armes Würstchen denn wie ein Mörder vorgekommen. Ich finde, John Boyne gelingt es unglaublich gut, die Figuren immer wieder in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, so dass man sich kaum festlegen kann, was man denn nun von ihnen hält. Bislang fand ich Crippen immer sadistisch, mindestens merkwürdig. In diesem Abschnitt erschien er mir eher liebenswert und wie der Mann, den wir auch auf der Montrose kennengelernt haben. Der Titel suggeriert ja auch, dass er eigentlich ein freundlicher Herr ist. Bislang habe ich ihn nicht so wahrgenommen. Und war auch etwas überrascht. In dem Roman hatte ich eigentlich erwartet, wir würden auf einen Herrn ohne jeglichen Makel oder ohne jegliche Merkwürdigkeit stoßen. Auf jemanden, der durch und durch "freundlich" ist - was Crippen ja bisher nicht nur war. Aber jetzt frage ich mich doch, ob jemand, den man von Anfang an als Täter annimmt, vielleicht gar nicht so UNfreundlich ist. Die Frage ist dann allerdings, inwieweit Crippens Täterschaft bewiesen ist und ob Boyne die Wahrheit bzw. die Spekulationen über den Mordfall ggf. auch ausdehnen kann.
Ethel hingegen ist ganz anders als Edmund. Hat sie nicht im ersten Abschnitt behauptet, es zu genießen, Macht über Crippen zu haben? Darauf scheint sie mir hier gar nicht aus zu sein.
Nachdem Crippen Inspektor Dew eine Lügengeschichte aufgetischt hat, glaubt er, der Polizist habe ihn durchschaut. Aber alles ist nur ein tragischer Irrtum. Crippen hätte ganz unbehelligt mit seiner Lüge leben können. Wie dramatisch. Mir hat er fast leid getan. Nachdem wir miterleben mussten, wie seine Frau ihn demütigt und misshandelt, hätte ich ihm fast ein ruhiges Leben an Ethels Seite gegönnt.
Ich bin jetzt wirklich sehr gespannt, ob Dew die Montrose noch vor Kanada einholen wird. Oder welche Wendungen den Leser noch erwarten.
LG
Claudi