Hab das also jetzt auch gelesen.
An die Sprache muss man sich tatsächlich erst mal gewöhnen - automatisch kommt einem zunächst ja automatisch der Verdacht der Anbiederung bei Jugendlichen (na gut - aus dem Teenietum ist sie selber ja auch erst seit 10 Jahren raus - für mich kurz, für Menschen in den 20ern u 30ern eine Ewigkeit.. ). Besser geht es mir damit, wenn ich Teresa Reichls Identität als Poetry Slammerin berücksichtige - dann hab ich "so was" und eine Stimme "im Ohr" und es passt besser, ist wohl doch genuine..
Man gewöhnt sich also selbst daran, wenn sich Leute "auf Klassiker einen runterholen" *seufz* . Unzählige englische Einwürfe, aber wenn's zu wild wird, merkt sie's selber und relativiert in einer Fußnote.
Diese Sprache verschwindet meist (so ziemlich..), wenn die Autorin über Texte spricht, die sie berührt haben - und das sind durchaus auch einige der Klassiker. Da ist einfach "eine von uns", die sich für Bücher, allgemein "Literatur" so richtig begeistern kann. Erstaunlich viel hat sie gelesen (klingt jetzt hoffentlich nicht alters-herablassend - ich war wirklich ehrfurchtsvoll..), aber natürlich fehlen ihr durchaus einige Phasen neuerer Romane - dennoch ist ihre Recherche auch hier exemplarisch gut.
Einer prinzipiell Begeisterten und Fachkompetenten (..und das ist sie zweifellos) glaubt man dann auch, wenn sie den Finger auf wunde Punkte klassischer Werke legt und da differenziert - diesen Teil fand ich sehr interessant. Im Besprechen der Werke "benachteiligter Gruppen" findet man interessante Beispiele - beim Lesen ist mir aber wieder mal aufgefallen, dass ich sehr ausführlich "politisch korrekte Akronyme und Formen" im Lesefluss als extrem störend empfinde: Man kann sicherlich lange darüber diskutieren, warum es unbedingt "Bi_PoC" statt kürzer "PoC" sein muss und man "Sinti und Roma" immer auch gendern muss - und das in für den Normalo undurchblickbarer semantischer Art und Weise: "Sinti*zze und Rom*nja". (Und das kommt dann im entsprechenden Kapitel in jeeedem Satz..). Mir ist halt aufgefallen, dass mein lesendes Auge da jedes Mal "hüpft". (Mangelnde Hirnleistung..??)
Schön finde ich, dass die Autorin auch online eine Leseliste anbietet, die sie verspricht mit passenden Vorschlägen ständig zu aktualisieren.
Insgesamt super viele Denkanstöße und konsequentesä "Querdenken" - immer begründet und von der Idee her längst nicht so flippig wie die Sprache (an die man sich iwann auch gewöhnt - ehrlich! ). Hier und da werden "zwengs" deutlicherer Darstellung Dinge vielleicht etwas... akzentuiert formuliert/dargestellt - aber eigentlich und im Grunde erschreckend wenig.
Das "Respektlose" (so werden es Viele eventuell empfinden..) empfand ich persönlich als sehr erfrischend, um Dinge objektiv sehen zu können.