Beiträge von Seoman

    Ich habe das Buch auch verschlungen, wie auch schon den „Marsianer“. Im direkten Vergleich finde ich den Astronauten noch ein Stück besser, origineller - die Idee geht noch einen Schritt weiter, erzeugt noch mehr Staunen und Spannung.


    Aber: im Grundaufbau sind beide Bücher schon sehr ähnlich, oder? Ein Mensch ist im Weltraum auf sich alleine gestellt, die Handlung pendelt in beiden Büchern immer wieder zwischen einer vermeintlichen Rettung und neuen Herausforderungen hin und her. Da bin ich gespannt, ob Weir sich im nächsten Buch von diesem Grundgedanken befreien kann und mit gleicher Spannung etwas „wirklich“ Neues schreiben kann.


    Seoman

    Oh ja stimmt, das war wirklich arg überzogen. Aber ich glaube da muss man sich einfach drauf einlassen, wenn man ein Eschbach-Buch liest. Ich hatte da schon manchmal das Gefühl, dass er sich auf Teufel komm raus das unrealistischste Szenario ausdenkt - wahrscheinlich um den Leser auf jeden Fall überraschen zu wollen (auf sowas kommt ja sonst niemand).


    - Das Ende. Nein, es stört mich nicht, dass es zum Teil offen bleibt, aber es gibt doch einen Aspekt, der mich gestört hat. Ich werde ihn nicht nennen, weil ich nichts verraten möchte, aber ich wollte doch erwähnt haben, dass das Ende mich nicht vollständig befriedigt hat.


    Na dann verrat es doch mit Spoilerschutz. Ich habe das Buch vor längerem auch gelesen und mag jetzt schon wissen, was am Ende denn gestört hat. :winken:


    Seoman

    Dave Eggers bringt mit diesem Roman viele aktuelle Entwicklungen sehr gut auf den Punkt. Ein Bereich der weiter oben schonmal angesprochen wurde ist die Arbeitswelt. Hier werden zwei Bereiche angesprochen, die ich auch jetzt schon in meinem Job (zumindest in Ansätzen) so mitkriege.


    Da gibt es diesen schönen Trend der "Arbeit unter Freunden". Firmen bieten Freizeitaktivitäten an, organisieren Veranstaltungen für Mitarbeiter, sportliche Aktivitäten werden angeboten und so weiter. Die Idee dahinter ist klar, Mitarbeiter, die sich gut kennen und verstehen arbeiten auch besser miteinander. Problematisch wird das dann, wenn es eben Mitarbeiter gibt, die sich immer weniger leiden können, je näher sie sich kennenlernen oder wenn jemand gar kein Interesse an solchen Veranstaltungen hat. Der Druck an diesen Veranstaltungen teilzunehmen wird dann langsam erhöht.


    Ebenfalls im Buch angesprochen werden Punktesysteme zur Steigerung der Motivation und zur Bewertung der Arbeit, oft mit dem schönen Wort "Gamification" beschrieben. Hier wird Maes Arbeit in Punkten bewertet, Punkte erhält sie durch Bewertungen ihrer Kunden, je mehr sie arbeitet desto mehr Punkte kann sie auch erreichen. Solche Systeme klingen erstmal nett, erinnern an Computerspiele - nur geht es hier eben nicht um ein Spiel sondern um die Arbeit im realen Leben. Gerade die bewertbarkeit der Arbeitsleistung durch ein solches Punktesystem erhöht den Stress extrem.


    Oft wird davon gesprochen, dass Berufliches und Privates immer mehr zusammenwächst. Bei Mae Holland ist es eher so, dass der berufliche Teil den bisherigen privaten Teil komplett verdrängt und durch einen neuen ersetzt - eben einen privaten Lebensteil, der für die Interessen der Firma optimiert ist.


    Seoman


    Aber je weiter die Geschichte erzählt wurde, desto mehr hatte ich den Eindruck, als ob es sich hier um ein Geschichtsbuch handeln würde. die persönlichen Geschichten traten in den Hintergrund. Vielleicht lag es daran, dass der dritte Teil die bis jetzt längste Zeitspanne umfasst, in der auch so unglaublich viel passiert ist.


    Dem kann ich mich nur anschließen. Durch den vorgegebenen (langen) Fahrplan der geschichtlichen Ereignisse bleibt hier wohl einfach zu wenig Platz für einen Roman. Wenn dann auch noch nahezu alle Hauptfiguren hauptsächlich damit beschäftigt sind, mit jemandem zu schlafen bleibt endgültig kein Platz mehr für eine tiefer gehende Handlung. Ich habe da nichts gegen, aber hier finde ich es doch arg übertrieben. Eine kurze Auflistung spare ich mir mal, das könnte hier glatt als Spoiler durchgehen denn weitere Spannungselemente gibt es nicht.


    Je weiter man sich durch die Kapitel quält, desto deutlicher wird die Checkliste, die hier einfach abgearbeitet wird. In den beiden ersten Bänden der Trilogie war da noch deutlich mehr Platz für die Protagonisten, gerade im ersten Band hat das Einbetten der Personen in die geschichtliche Rahmenhandlung noch gut funktioniert. Vielleicht liegt es daran, dass wir die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts noch deutlich präsenter in Erinnerung haben, vielleicht ist gerade in der Zeit auch einfach viel zu viel passiert.


    Nein, das war nichts...


    Seoman

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    Dan Simmons scheint Gefallen an Schnee und Eis gefunden zu haben. Ging es in "Terror" um Sir John Franklins Versuch die Nordwestpassage zu finden, so handelt "Der Berg" von einer Expedition zur Besteigung des Mount Everest in den 1920er Jahren. Der Originaltitel (The Abominable) lässt wohl etwas mehr Spielraum für Interpretationen. Das Adjektiv abominable bedeutet etwa scheußlich, entsetzlich, The Abominable Snowman ist der Yeti. Dan Simmons spielt hier ein wenig mit den Erwartungen des Lesers, dazu später mehr.


    Im Epilog erzählt Dan Simmons von seinen Recherchen zu einem Buch über eine Expedition zum Südpol, während der er den amerikanischen Bergsteiger Jake Perry in einem Seniorenheim besucht. Der gealterte Abenteurer erwähnt, dass er gerne einen Teil seiner Lebensgeschichte niederschreiben möchte und eben diese Geschichte erhält Simmons Jahre später per Post. Der kurze Epilog schafft zweierlei:
    Als Idee zum eigentlichen Antarktis-Roman erwähnt Simmons einen Angriff von Monsterpinguinen - damit kann im Roman auf dem Mount Everest alles passieren, lächerlicher als ein Angriff von Monsterpinguinen kann es eigentlich nicht werden.
    Außerdem schafft die Begegnung im Seniorenheim einen realen Hintergrund für die folgende Geschichte, eben das wirkte auf mich aber etwas aufgesetzt. Der folgende Roman ist eben doch ein Dan Simmons-Roman und nicht mehr.


    Und dann geht es auch schon los, wir befinden uns auf dem Matterhorn, einer der Teilnehmer der Expedition ist der Amerikaner aus dem Epilog (in jungen Jahren, wir schreiben das Jahr 1925). Ich habe keinen Bezug zum Bergsteigen, aber in der Beschreibung der Technik, des Vorgehens und vor allem der Gefühle der Bergsteiger gegenüber dem Berg wird die Faszination und die Liebe zum Bergsteigen deutlich, man fühlt richtig mit.


    Noch auf dem Matterhorn erreicht die Nachricht von tödlich verunglückten deutschen und englischen Bergsteigern am Mount Everest die Gruppe. Die drei nutzen die Gunst der Stunde, reisen zur adligen Mutter des verunglückten Engländers und lassen sich von ihr die Expedition zum Mount Everest finanzieren. Das vornehmliche Ziel ist es, die Leiche des Engländers zu finden, natürlich denken die drei Abenteurer auch daran, als erste Menschen den Gipfel zu erreichen.


    Die Planung der Reise wird im englischen Club durchgeführt, hier erinnert die Atmosphäre sehr an einen Jules Verne-Roman. Während dieser Planungen kristallisieren sich die Eigenheiten der Charaktere heraus - der militärisch planende Richard Deacon, der technisch begabte Franzose Jean-Claude, immer auf der Suche nach neuer Ausrüstung und natürlich der amerikanische Felskletterer Jake. Nach weiteren Recherchen (unter anderem auch in Deutschland) und Kletterübungen an Fels und Eis geht das Abenteuer dann endlich los.


    Die Beschreibung der Expedition selbst, zu der noch der Arzt Dr. Pasang, die Plantagenbesitzerin Reggie und viele Sherpas hinzustoßen ist dann einfach großartig. Man fiebert mit, spürt die Kälte, empfindet die beginnende Höhenkrankheit und nimmt gedanklich an der Planung der nächsten Schritte teil. Auch hier spielt Dan Simmons immer mal wieder mit den Erwartungen des Lesers (der Vergleich zu "Terror" drängt sich ja auf), baut geschickt Fallen in die Story ein und schafft es trotzdem nie ins Lächerliche abzugleiten (keine Angst, es gibt keine Monsterpinguine).


    Auch wenn die Geschichte am Ende die ein oder andere Wendung nimmt, die ich gar nicht mehr gebraucht hätte, hat mich das Buch bis zum Schluss gefesselt. Großartig!


    5ratten


    Seoman

    Ich habe das Buch vor kurzem auch gelesen und kann viele der oben genannten Punkte nur unterstreichen. Der Schreibstil ist wirklich gewöhnungsbedürftig, passt aber perfekt zur Geschichte. Higg lebt eben in einer Welt, in der nur selten kommuniziert wird. Er unterhält sich mit seinem Hund, in Ausnahmen noch mit Bangley, das war es dann aber auch. Der etwas "verstümmelte" Schreibstil von Heller erzeugt den Eindruck, dass Sprache und Kommunikation in dieser Welt eben langsam verblassen, Gedanken und Sätze nicht mehr immer vollendet werden.


    Ich habe das Buch verschlungen, weil eine herrliche Melancholie erzeugt wird, immer verbunden mit ein bißchen Hoffnung. Immer wieder stößt Higg auf Spuren des früheren, "normalen" Lebens, wenn er beispielsweise ein paar Flaschen Cola wie einen Schatz betrachtet. Aber auch in scheinbar hoffnungslosen Situationen, in denen dem Leser klar wird, wie hart Higgs Welt ist, tauchen immer wieder Menschlichkeit und Mitgefühl auf. Und durch diese Hoffnungsschimmer passt auch die Gestaltung des Einbandes perfekt. Ein düsteres, dunkles Endzeitcover wäre dem Buch nicht gerecht geworden.


    Seoman


    Teilweise war es schwer, der Geschichte zu folgen, weil unter den vielen Beteiligten auch Querverbindungen bestehen. Lange mit dem Lesen auszusetzen ist da nicht angeraten.


    Das kann ich nur bestätigen. Ich bin gerade etwas über die Hälfte hinaus, bin ein paar Tage nicht wirklich zum Lesen gekommen und habe etwas den Faden verloren. Den Durchblick durch die familiären Verflechtungen zu behalten ist gar nicht einfach - wirklich spannend und gut geschrieben, aber man muss aufmerksam lesen. Die durchweg positiven Rezensionen hier und die Aussicht auf einen schönen, verregneten Lesetag morgen bringen mich bestimmt wieder in die Geschichte zurück.


    Seoman

    Ganz ehrlich? Nein.


    Ach jetzt bin ich da hin und her gerissen. Ich liebe gebundene Bücher, entscheide jetzt eben pro Buch, in welcher Form ich es kaufe. Taschenbücher kaufe ich gar nicht mehr, da bevorzuge ich jetzt immer das ebook. Ist eine gebundene Ausgabe verfügbar, nehme ich meistens diese. Fachliteratur zur Weiterbildung im Job kaufe ich nur noch als ebook, das ist für mich praktischer und spart Platz (optisch machen Bücher über Softwareentwicklung, IT-Prozesse etc. meist sowieso nicht viel her :smile:)


    Trotzdem bleibe ich dabei, dass der Inhalt eines Buches das Wichtigste ist. Wenn ich jetzt zweimal das gleiche Buch herstellen lasse, einmal hochwertig gebunden, einmal als billiges Taschenbuch und es von X Personen lesen und bewerten lasse, was ist dann das Ergebnis? Wird die Meinung über das gebundene Exemplar positiver ausfallen, weil es sich rein äußerlich besser verkauft?


    Seoman

    Hallo,


    ich mochte ebooks und ebook-reader anfangs auch nicht. Ich war lange Zeit der Meinung, dass Dateien auf PC, ebook-reader oder sonst wo, mich weniger begeistern können, als ein reales Buch.


    Ich liebe Musik und habe da vor Jahren die Erfahrung gemacht, dass der Spaß daran durch mp3-Sammlungen immer weiter abnahm. Da hatte auf einmal jeder riesige Musiksammlungen, von denen er kaum etwas richtig gehört hatte. Der Wert der Musik war da einfach nicht mehr vorhanden. Damals habe ich beschlossen den Blödsinn nicht mitzumachen und Musik nur von CD oder LP zu hören, mittlerweile kaufe ich Musik teils auf CD, das meiste aber nur digital.


    Ich finde was einfach wichtig ist (und jetzt muss ich langsam mal wieder die Kurve zum ebook kriegen), ist die Auswahl der Musik oder eben der Bücher, die man kauft oder seiner Sammlung hinzufügt. Genauso, wie ich nur Musik kaufe, die ich auch wirklich hören will, lese ich auch nur ebooks, die ich wirklich lesen will. Hier sehe ich schon Parallelen zum mp3-Sammelwahn der späten 90er. Statt der illegalen Taschbörsen gibt es jetzt eben Unmengen von kostenlosen oder extrem günstigen ebooks. Die Versuchung Bücher herunterzuladen, die man eigentlich gar nicht lesen will, ist schon hoch.


    Meinen ebook-reader habe ich mittlerweile richtig lieb gewonnen, gerade im Urlaub ist er einfach praktisch. Wichtig ist doch was man liest, ob jetzt als ebook, in Papierform oder wie auch immer ist ja eigentlich Nebensache.


    Seoman

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    Um Emma, der Frau die er liebt, zu beweisen dass er sie zum Träumen bringen kann, möchte der Millionär Gilmore den Angriff der Marsmenschen aus H.G. Wells "Krieg der Welten" nachstellen. Schnell erfährt man, dass es sich bei Gilmore um den Unternehmer Murray handelt, der im ersten Teil "Die Landkarte der Zeit" noch Wells Buch "Die Zeitmaschine" als Vorlage für sein Zeitreiseunternehmen verwendet hat. Ab hier läuft alles schief, Wells möchte Gilmore nicht bei seinem Vorhaben helfen, trotzdem landen kurze Zeit später Außerirdische auf der Erde und greifen London an - echte Außerirdische? Eingerahmt wird die Handlung von einer Expedition in die Antarktis um den Eingang zum Mittelpunkt der Erde zu finden.


    Was für ein fantastisches Feuerwerk! Ich war skeptisch nach den ersten Seiten, vieles kam mir bekannt vor, ich war schon etwas enttäuscht und dachte hier einfach einen halbgaren Aufguss des Vorgängers vorgesetzt zu bekommen. Auf den ersten Seiten kommt einem einfach vieles bekannt vor, aber schnell wird klar, dass der Autor schon hier mit den Erwartungen des Lesers spielt.


    Der Vorgänger, "Die Landkarte der Zeit", hat mich beim Lesen fasziniert weil der Autor es immer wieder geschafft hat unmögliche Situationen logisch aufzulösen. Dabei war ich mir als Leser mehrmals absolut sicher, dass er jetzt keinen Ausweg mehr findet. Dieses Spiel wird in "Die Landkarte des Himmels" noch weiter auf die Spitze getrieben. Wieder wird der Leser an der Nase herumgeführt, allerdings setzt der Autor dieses mal nahezu alle Regeln außer Kraft. Hier wird in der Zeit gesprungen, die Realität geändert, es werden sogar Handlungsstränge erzählt, dann doch verworfen und wieder neu geschrieben.
    Das lässt mich über weite Strecken breit grinsend dem Autor in seiner Erzählung hinterherstolpern, ab einem gewissen Punkt habe ich aber gemerkt, dass es einen kleinen Teil der Spannung nimmt. Dadurch dass er reale und erzählerische Regeln völlig mißachtet ist einfach klar, dass er schon auf irgendeinem Weg wieder alles in Ordnung bringen wird. Im Vorgänger hat er das mit realistischeren Mitteln geschafft, was für mich noch ein klein wenig beeindruckender war. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau, diesen kleinen negativen Nebeneffekt nehme ich gerne in Kauf.


    Die größte Stärke des Buchs ist aber seine Sprache. Es gibt immer wieder Sätze oder ganze Abschnitte die ich zwei oder dreimal gelesen habe weil sie einfach so fantastisch formuliert sind. Der Stil erinnert sehr an die Autoren die er selbst im Buch auch auftreten lässt oder zumindest nennt. Edgar Allan Poe und H.G. Wells treten als Protagonisten auf, Bücher von Jules Verne werden erwähnt ("Von der Erde zum Mond" wird hier einmal H.G. Wells als Autor zugeschrieben, ein Übersetzungsfehler?) Der Autor spricht den Leser oft direkt an, erläutert beispielsweise welcher Szene er sich jetzt als nächstes zuwendet. Ein Kapitel, das mit einem echten Cliffhanger endet, nimmt der Autor gleich zum Anlass dem Leser zu empfehlen dies als Hommage an die Fortsetzungsromane dieser Zeit zu nehmen. Dieser Stil vermittelt den Eindruck, dass man die Geschichte gerade wirklich erzählt oder vorgelesen bekommt und man in diesem Mix aus kreativen Ideen und nahezu unglaublichen Handlungsverläufen nicht ganz alleine ist.


    Trotz einer Mischung aus Skepsis und hohen Erwartungen mit der ich an dieses Buch herangegangen bin wurde ich nicht enttäuscht, auch wenn mir "Die Landkarte der Zeit" noch etwas besser gefallen hat.


    Seoman


    PS: "Die Landkarte der Zeit" findet man hier unter "Historische Romane", da passt dieses Buch gar nicht rein, zu "Fantasy und Phantatstik" meiner Meinung nach aber auch nicht - ich habe mich für "Sonstige Belletristik" entschieden, gerne verschieben wenn es doch woanders besser rein passt.


    Für mich ist das Problem eher das eBook selbst. Es suggiert uns, die wir daran gewöhnt sind, Waren anfassen zu können, es wäre viel weniger wert. Dabei ist Papier nur ein Trägermedium für die eigentliche Ware und dabei kein großer Kostenfaktor. Aber wenn wir diesen Haufen Papier nicht haben und trotzdem den Inhalt bezahlen müssen, haben wir das Gefühl betrogen zu werden. Eigentlich absurd.


    Ich kann mir vorstellen dass der Preisunterschied zwischen Taschenbüchern und gebundenen Ausgaben auch zu dieser Denkweise verleitet. Wenn ich sehe dass ein gebundenes Buch 20-30 EUR kostet, die entsprechende Taschenbuchausgabe dann 10-15 EUR entsteht doch schon der Eindruck dass man eher die "Verpackung" als den Inhalt bezahlt. Da kann ich schon nachvollziehen dass man erwartet dann für eine rein digitale Ausgabe nochmal die Hälfte vom Taschenbuch ausgeben zu müssen.


    Seoman

    Leon Morell - Der Sixtinische Himmel

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    Ich habe das Buch zufällig in der Buchhandlung entdeckt und musste es einfach wegen der tollen Aufmachung mitnehmen. Natürlich hat mich auch der Inhalt angesprochen, aber der aufklappbare Schutzumschlag mit der Darstellung des Deckenfreskos der Sixtinischen Kappelle macht schon was her - dieses Marketing-Gimmick hat bei mir voll funktioniert.


    Nun aber zum Inhalt:
    Wie Titel und Aufmachung schon verraten spielt das Buch im 16. Jahrhundert in Italien und handelt von Michelangelos Deckenfresko der Sixtinischen Kapelle. Erzählt wird die Geschichte aber aus Sicht des jungen Aurelio der sich nach einem Überfall auf den Hof seiner Eltern alleine auf den weg nach Rom macht um Bildhauer zu werden. Dort angekommen schafft er es tatsächlich bei Michelangelo, den er schon als Kind verehrt hat, in die Lehre zu gehen.


    Schon Aurelios Weg nach Rom ist herrlich bildgewaltig beschrieben. Er lernt auf dem Weg eine Frau die ebenfalls ihr Glück in Rom suchen möchte kennen. Sie erzählt ihm von der sagenumwobenen Kurtisane des Papstes deren Namen niemand kennen darf und die nur vollständig verhüllt in den Straßen Roms zu sehen ist. Schon hier wird klar dass sich Morell nicht nur auf Michelangelo und seine Arbeit konzentriert, sondern seine Geschichte mit lebendigen Charakteren füllt, die alle ihre ganz eigenen Ziele und Wünsche haben und trotzdem auf die ein oder andere Art miteinander verbunden sind.


    In Rom angekommen trennen sich die Wege der beiden vorerst, Aurelio lernt die für ihn neue Welt der großen Stadt langsam kennen und wird schon bald von Michelangelo angestellt - die beiden verbindet eine gegenseitige Faszination, wenn auch auf unterschiedliche Arten.
    Auch die Darstellung Michelangelos als kauzigen, zerrissenen Künstler hat mich fasziniert. Obwohl eigentlich Bildhauer wird er vom Papst mit der Neugestaltung der Decke der Kapelle beauftragt und geht nach und nach in dieser ungeliebten Arbeit immer mehr auf. Der Perfektionismus und die Genialität mit der Michelangelo hier zu Werke geht wird immer deutlicher, beispielsweise dadurch dass Aurelio bald erkennt, dass er niemals die künstlerische Gabe besitzen wird die Michelangelo auszeichnet. Auch die Arbeiten selbst mit all ihren Problemen und Schwierigkeiten werden interessant und nie langweilend beschrieben.


    Doch auch hier lebt das Buch wieder von seinen weiteren Protagonisten. Das Zusammenleben der Mitarbeiter der Bottega, ihre Geheimnisse, die Verteilung der Arbeiten, mysteriöse nächtliche Ausflüge Michelangelos - und all das inmitten eines lebendigen Roms machen das Buch kurzweilig und lesenswert.


    Seoman

    Ich überlege schon länger mal an einer leserunde teilzunehmen und eigentlich habe ich momentan so viel Zeit zum Lesen zur Verfügung wie schon lange nicht mehr. Das Buch steht sowieso auf meiner Wunschliste, die Vorgänger haben mir gut gefallen. Bestellt habe ich es gerade schonmal, wenn ich mich endgültig dazu "durchgerungen" habe melde ich mich auf leserunden.de. :winken:


    Seoman


    Mir hat gerade diese Richtung gut gefallen. Einfach nur zu lesen wie die armen Kerle im Eis erfrieren und verhungern
    hätte ich ziemlich langweilig gefunden. Gerade die Geschichte um das Monster hat der Geschichte, für mich, den richtigen
    Kick gegeben.


    Findest du wirklich? Es hätte ja nicht gleich ein so "einfaches" Ende wie von dir geschrieben sein müssen, aber ich hätte da auch mehr erwartet. Für mich hat das Ende überhaupt nicht zum Rest des Buches gepasst. Überraschende Wendungen sind ja gut, aber hier habe ich das als richtigen Bruch in der Geschichte empfunden.


    Seoman

    Ken Follett - Winter der Welt


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    "Winter der Welt" ist der zweite Teil von Ken Follets "Jahrhundert-Saga". Erzählt wird die weitere Geschichte der Familien aus "Sturz der Titanen" während der Zeit des zweiten Weltkriegs.


    Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück. Seitdem ich es beendet habe frage ich mich ob ich es jetzt gut finde oder nicht. Es war nicht langweilig, hat mich gut unterhalten, die 1000 Seiten vergingen wie im Flug - trotzdem fallen mir rückblickend eher negative Punkte auf.


    Es ist eigentlich zu viel Stoff für ein Buch, auch wenn es gut 1000 Seiten dick ist. Immerhin wird hier aus amerikanischer, deutscher, russischer und englischer Sicht erzählt, von kleinen Nebenschauplätzen einmal abgesehen. Die Handlung springt oft zwischen den einzelnen Handlungssträngen, auch zeitlich sind ein paar größere Lücken vorhanden - vielleicht wäre es besser gewesen auf einen Blickwinkel zu verzichten und sich dafür mehr Zeit für die anderen zu nehmen. Andererseits macht wahrscheinlich gerade das das Buch einfach und schnell lesbar, Langeweile kommt durch diesen Stil nicht auf.


    Dazu kommen die vielen Zufälle die die Protagonisten in wichtige Ereignisse einbinden. Natürlich lebt das Buch davon, dass die fiktiven Charaktere die Geschichte miterleben und so lebendig machen. Über den ein oder anderen Zufall darf man dann aber auch wirklich nicht genauer nachdenken. Im Nachwort zu "Sturz der Titanen" hat Follett sinngemäß geschrieben, dass sich die Geschichte natürlich nicht genau so abgespielt hat wie von ihm beschrieben, er aber darauf achtet dass sich alles so zugetragen haben könnte. Vielleicht hat er diesen Grundsatz hier etwas überzogen und seine fiktiven Charaktere zu weit "verbogen" um sie auf Teufel komm raus am Geschehen teilhaben zu lassen.


    Zusammengefasst würde ich sagen dass hier alles darauf ausgelegt ist den Leser gut zu unterhalten ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen. Ich frage mich aber ob ein Buch über den zweiten Weltkrieg einfach nur gut unterhalten "darf"?


    Seoman


    Ich auch nichts von dem Buch gewusst, aber ich kann mir auch vorstellen, dass der Stoff als Buch besser funktioniert als die Verfilmung. Dank deiner Rezension würde ich dem Buch jetzt doch mal eine Chance geben, Seoman.


    Das freut mich. Ich kenne die Verfilmung nicht, aber so wie sich das anhört werde ich mir die auch lieber gar nicht ansehen.


    Seoman

    John Wyndham - Die Triffids

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    Die Auswirkungen eines Meteorschauers lassen einen Großteil der Menscheit erblinden, nur einige wenige überstehen das Naturphänomen unbeschadet - so zum Beispiel die Hauptperson des Buchs, Bill Mason. Er lag zum Zeitpunkt der Katastrophe nach einer Operation mit verbundenen Augen im Krankenhaus und ist nun einer der wenigen Menschen in London die noch etwas sehen können. Bedrohlicher wird die Situation noch dadurch, dass es seit wenigen Jahren eine neue sich fortbewegende Pflanze (die Triffid) gibt, deren Giftstachel Menschen töten kann.


    Das klingt so weit sehr trashig, fast lächerlich, doch schon nach ein paar Seiten ist klar, dass man es hier durchaus mit einem ernsthaften Roman mit Tiefgang und keinem Weltuntergangs-Trash zu tun hat. Im Buch stehen die Gefühle der Menschen, die Art wie sie mit der auswegslosen Situation umgehen und vor allem das Verhalten der Menschen die noch sehen können ganz klar im Vordergrund. Die namengebenden Triffids spielen natürlich auch eine Rolle im Buch, dienen aber eher dazu die Situation der erblindeten Menschen noch deutlicher hervorzuheben. Gleich zu Beginn wird darauf hingewiesen, dass der Mensch den Triffids vor allem dadurch überlegen ist, dass er sehen kann - ein Vorteil der den meisten Menschen kurz danach genommen wird.


    Sehr bedrückend beschreibt der Autor die verzweifelte Situation der Menschen, die von einem Augenblick auf den anderen ohne fremde Hilfe nicht mehr überleben können. Geradezu gespenstisch sind die Eindrücke der verlassenen Londoner Innenstadt, durch die Bill Mason wandert nachdem er das Krankenhaus verlassen hat.


    Noch beklemmender war für mich aber das Verhalten einiger Menschen die das Glück haben noch sehen zu können. Diese Machtsituation wird oft rücksichtslos zum eigenen Vorteil ausgenutzt. Wyndham verfällt hier aber nicht komplett in Schwarzmalerei, es gibt immer die Hoffnung auf Rettung und auch positive Versuche das Zusammenleben von Blinden und Sehenden zu organisieren und so den Fortbestand der Menschheit zu sichern.


    Klingt der Inhalt durch die gehenden, fleischfressenden Pflanzen auch noch so lächerlich - beim Lesen entstehen erschreckend realistische Bilder, die das Buch für mich absolut lesenswert machen.


    4ratten