Beiträge von dark swan

    @ Vorleser


    Ich möchte mich mal ganz herzlich für diese tolle Rezension bedanken! Das ist ein so liebevoller und sorgsamer Blick auf das Buch - das ist einfach wunderschön für mich als Autorin. V.a. weil ich sehe, dass du wirklich Freude daran hattest. Wie toll. Und ja, du hast absolut recht - das Ende spaltet das Publikum. Ich bin begeistert, dass ich mit dir eine Leserin gefunden hab, die das Ende passend findet. :-))


    Vielen lieben Dank fürs Lesen und Rezensieren!


    Antje Wagner :winken:

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    Klappentext:


    Manuel ist durchschnittlich. Er ist durchschnittlich groß, durchschnittlich schwer und hat einen durchschnittlichen Beruf. Bloß in einem will er nicht durchschnittlich sein: Siebzehntausend Dinge besitzt ein Mensch im Durchschnitt, und Manuel hat sich zum Ziel gesetzt, vierunddreißigtausend Dinge zu besitzen. Das ist sein Versuch, sich gegen die Einsamkeit zu wehren. Maja ist ebenfalls einsam. Ihre Arbeit ist langweilig, ihre beste Freundin ist eine taubstumme ältere Dame, ihre Freizeit verbringt sie damit, WG-Zimmer zu besichtigen. Anders als Manuel, der Gegenstände sammelt, sammelt sie Begegnungen. Als die beiden aufeinandertreffen, wissen sie zunächst nichts miteinander anzufangen, so unterschiedlich sind ihre Lebensentwürfe. Doch bald schon spüren sie, was sie für einander sein können und versuchen, mehr unbewusst als bewusst, gegen das Einsamsein anzukämpfen. Die Folgen für beide sind nicht absehbar.
    Daniela Meisels Porträt zweier sonderbarer Außenseiter packt und berührt gleichermaßen. Mit viel Gespür für Stimmungen und die Nähe von Skurrilem und Tragischem eröffnet sie ein Pandämonium an Innenwelten.



    Meine Meinung:


    Wer Romane über Sonderlinge mag, sollten diesen hier keinesfalls verpassen!


    Nun - ich bin wirklich begeistert. Selten lese ich in der deutschsprachigen Literatur Texte, die Wert auf so viele (wunderbare) Details legen, die sich Zeit nehmen für die kleinen, feinen Beobachtungen.


    Eine der Hauptfiguren sammelt beispielsweise Gegenstände, um irgendwann einmal viel mehr als die 17.000 Gegenstände zu besitzen, die ein durchschnittlicher Mitteleuropäer laut Statistik besitzt. Ganz einfach deshalb, weil er - wenigstens an einer einzigen Stelle in seinem Leben - *über*durchschnittlich sein möchte. Das ist so absurd schön, das ist zum Seufzen. Und genauso funktioniert auch dieses Buch - es sammelt die winzigen, aber entscheidenden Details, die es aus dem Einheitsbrei hervorheben, die diese kleinen Aha-Erlebnisse bescheren, dieses: "Das kenne ich, das geht mir auch so." Nur hat man es eben noch nie auf so eine Weise gelesen, in so ein Bild gegossen.


    Die Sprache ist schlank, teils atemlos, teils so zurückgenommen wie die ProtagonistInnen selbst. Nichts Überflüssiges und doch reich.


    Das Grundthema, um das der Roman sich zusammenzieht, ist - wie der Titel schon verrät - Einsamkeit. Die durchpocht tatsächlich alles - von der ersten bis zur letzten Seite. Manchmal so dermaßen intensiv, dass man vor Mitgefühl aufschluchzen möchte. Doch - und das sei klar gesagt - es kommt nicht wie mit der Dampframme in den Boden gestampft daher. Dies ist kein Faust-in-den-Magen-Buch. Es ist melancholisch, nimmt sich aber zu gleichen Teilen Zeit für einen feinen Humor.


    Was für ein wundervolles Buch! So bescheiden auf der einen Seite, doch löst es so viel Gefühl aus. Das mag auch daran liegen, dass Daniela Meisel ihre Figuren mit so viel Wärme und Zärtlichkeit gestaltet und behandelt. Man gewinnt sie sehr lieb und zittert richtig, dass ihnen nicht Schlimmes passieren möge.



    Fazit:


    Ich empfehle diesen Roman von Herzen gern weiter. Wer wie ich Bücher über Sonderlinge liebt, wer Freude an Zwischentönen und Zwischenzuständen hat und an jenen besonderen Details, die in vielen Büchern nicht vorkommen, weil diese sich in Allgemeinplätzen bewegen, trifft mit "Gegen einsam" die richtige Wahl. Ein wunderschönes Winter-Buch!


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    Klappentext:


    Ich heiße Mary Katherine Blackwood. Ich bin achtzehn Jahre alt, und ich lebe zusammen mit meiner Schwester Constance. Ich habe oft gedacht, dass ich mit ein bisschen Glück als Werwolf auf die Welt gekommen wäre, weil Mittel- und Ringfinger an beiden Händen gleich lang sind, aber ich muss mich mit dem zufriedengeben, was ich nun einmal bin. Ich wasche mich nicht gern und mag weder Hunde noch Lärm. Ich mag meine Schwester Constance, Richard Plantagenet und Amanita phalloides, den grünen Knollenblätterpilz. Sonst lebt niemand mehr von meiner Familie.

    Meine Meinung:


    Selten habe ich ein Buch gelesen, das so viel Wucht hat wie dieses. Das so beklemmend, ausweglos und verführerisch ist wie dieses.


    Shirley Jackson ist eine ausgezeichnete Autorin. In den USA gehört sie zum Kanon, in Deutschland ist sie weitgehend unbekannt. Sicher - im Bereich des Unheimlichen, des psychologischen Horrors ist sie durchaus ein Name, doch ihre Texte sind mehr als bloße Schauergeschichten, Gruselsezenarien und Gothic Novels. Shirley Jacksons Texte sind literarisch.


    "Wir haben schon immer im Schloss gelebt" ist nur hundertsiebzig Seiten lang, ein unauffälliges kleines Bändchen. Der Klappentext verspricht die Geschichte zweier Mädchen, Geschwister, die nach einem verheerenden Unglück als einzige Überlebende der Familie in einem Schloß weiterleben. Vom Dorf werden sie geächtet, und keine der beiden bemüht sich, diesen Umstand zu ändern.


    Dies also ist die Geschichte, die auf der Oberfläche erzählt wird. Mit großer Spannung und einer blutvollen Sprache. Doch es ist eben nur die Geschichte auf der Oberfläche. Bereits nach einer Seite merken wir, daß hier noch eine zweite, eine ganz andere Geschichte erzählt wird: Wir befinden uns womöglich mitten in einem psychotischen Hirn. Langsam spüren wir: Nichts ist so, wie wir es lesen.


    Dies ist ein Schauerroman und es ist keiner. Die Geschichte ist zugleich real lesbar und als Bild. Natürlich gibt es dieses Schloss, aber nur auf der Oberfläche der Geschichte. Tauchen wir ein wenig tiefer in unser eigenartiges Gefühl beim Lesen, tauchen UNTER die Oberfläche, wird dieses Schloss zum Hirn eines Menschen, der dieses Buch erdenkt. Es gibt nur diese eine Hirn, und in diesem leben die beiden Schwestern. Alles geschieht jetzt. In der Gegenwart, in einer einzigen Person. Wir sind Zeuge, wie ein Hirn zugrunde geht. Es ist eine verstörende, eine tief berührende und zugleich verführerische Geschichte des Wahnsinns.


    Das Starke an diesem Buch ist sein Humor. Ja, es ist düster, doch zugleich humorvoll, kein schwarzer Humor, sondern echte Leichtigkeit. Wie in ihrem bekanntesten Roman "Spuk in Hill House" vermag es Shirley Jackson auch in diesem Buch, durch die Leichtigkeit jenen Kontrast herzustellen, der das Kranke, Schwere und Psychotische erst unentrinnbar macht.


    Fazit:


    "Wir haben schon immer im Schloss gelebt" ist ein erstklassiges Buch. Geschrieben in einer ungewöhnlich fantasievollen und dabei doch knappen Sprache, mit einer Soghaftigkeit, die ihresgleichen sucht.
    Lest es nicht, wenn ihr gerade labil und angreifbar seid - es wird euch mit Leichtigkeit in jene Zwischenbereiche ziehen, die riskant und von verstörender Verführungskraft sind. Lest es, wenn ihr stark seid. Und genießt seine dunkle Schönheit!

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    Klappentext:


    Eigentlich wäre nichts dabei, dass sich die ebenso erfolgreiche wie egozentrische Geschäftsfrau Johanna in die pin-up-taugliche Tekgül verliebt hätte Tekgül nicht eine Beziehung mit Marte, die fest entschlossen ist, ein Kind zu bekommen. Doch die drei sind in ihrem Freundeskreis nicht die Einzigen, bei denen das komplizierte Beziehungskarussell zu stolpern beginnt. Die Kinderfrage, sexuelle Obsessionen, der Umgang mit einem Übermaß an Glück und die Verweigerung der Volksweisheit, dass es zu jedem Topf einen passenden Deckel gibt, wirbeln die ebenso bunten wie liebenswerten Protagonistinnen in diesem temporeichen Roman durch den queeren Berliner Sommer. In ihrem Debütroman beziehungsweise liebe paart die Berliner Autorin Tania Witte ihre auffallend genaue Beobachtungsgabe mit geistreichem Witz und eindrucksvoller Lebendigkeit. So entsteht eine außergewöhnliche Geschichte, deren Tiefgang mit humorvoller Leichtigkeit zu lesen ist und die nachhaltig Wirkung zeigt.



    Meine Meinung:


    Unterhaltungsliteratur zu schreiben, ist in Deutschland ja leider immer noch so ein bisschen verpönt. Dabei ist es sehr, sehr schwer, wirklich gute (!) Unterhaltung zu machen. Und diese Trilogie IST gute Unterhaltung.


    Sie ist sprachlich wunderschön gemacht, die Figuren wachsen einem regelrecht ans Herz (ich vermisse sie schon!), die Spannungsbögen sind straff - man freut sich andauernd aufs Weiterlesen.


    Da auf den Covern die Reihenfolge nicht ersichtlich ist, hier die optimale Lesereihenfolge:


    1) beziehungsweise liebe
    2) leben nebenbei
    3) bestenfalls alles


    Ich selbst habe allerdings zufällig mit dem zweiten Buch angefangen, dann das dritte und danach das erste gelesen. Und was völlig chaotisch klingt, war eine höchst interessante Erfahrung: Die Bücher lassen sich super auch durcheinander lesen! „grin“-Emoticon


    Spannender ist es jedoch definitiv, mit dem ersten zu beginnen und sich auf die Geschichten und Charaktere der Figuren einzulassen, vor allem aber auf ihre Geheimnisse, die nach und nach entfaltet werden.


    Figurenarbeit ist übrigens die große Stärke der Autorin. Sie schafft es, mit liebevoller Hand plastische Charaktere zu schaffen, die uns aus den Seiten herauswinken – und sie macht mit jeder einzelnen eine echte (und manchmal höchst überraschende!) Entwicklung durch.


    Warum geht’s eigentlich?


    In „beziehungsweise liebe“, „leben nebenbei“ und „bestenfalls alles“ wird ein herrlich queerer Kosmos an Beziehungsgeschichten entworfen.
    Man verfolgt – wie in einer süchtig machenden Soap – verschiedenste Lebensgeschichten, die alle lose oder fester miteinander verschränkt sind, und die natürlich immer an besonders spannenden Stellen abbrechen, während dann eine der anderen Geschichten weitergeführt wird. Die Autorin erzeugt damit einen Lesesog, dem man schwer entkommt. (Und es auch gar nicht möchte.)


    Die Stimmungen, die wir Leser/-innen in der Trilogie durchlaufen, sind vielfältig: von brüllend komisch, über mystisch-geheimnisvoll, bis kriminalistisch-detektivisch und zum Schluchzen – alles ist dabei. Und alles passt.
    Der dritte Teil ist merklich ernster als die ersten beiden, trotzdem – und das ist eine Stärke! – ist er nicht weniger unterhaltsam als die ersten beiden. Er schenkt uns einfach noch ein weiteres Gefühl, traut sich, emotionaler werden.


    Und das Tolle: Die Autorin hat nicht nur interessante Themen, sie kann v.a. schreiben! Oh ja. Immer werden da mit leichter Hand kleine sprachliche Perlen ausgeworfen. So kommen auch sprachaffine Leser und Leserinnen auf ihre Kosten!


    Tania Wittes unterhaltsame Trilogie ist ein Lesevergnügen in der Manier der Maupin'schen Stadtgeschichten. Gefühlvoll, witzig, farbig – und manchmal sogar richtig herzzerreißend.



    Fazit:


    Tania Witte hat hier etwas ganz Wunderbares geschaffen: eine große, kleine Serie, der ich viele Leser/-innen wünsche!


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    Klappentext:


    Sieben Jahre nach Ende des dritten Weltkriegs. Wirtschaftskonzerne regieren den ehemaligen Nordblock. Geschlechterunterschiede gibt es nicht mehr. Zumindest an der Oberfläche. Ashur und Elf leben im Untergrund. In virtuellen Räumen, in U-Bahn-Schächten, in der Kanalisation. Obwohl sie einander nicht kennen, haben sie etwas gemeinsam: Sie träumen. Von vergangenen Zeiten, von sich, von einander, in veränderter Gestalt. Ashur wird Adina wird Ana Luz. Elf wird Emrys wird Eva. Und nichts ist mehr, wie es schien.



    Meine Meinung:


    Als ich „Träume digitaler Schläfer“ gelesen habe, hat es mir buchstäblich den Atem verschlagen. Was für ein sprachgewaltiges, denkerweiterndes, herrliches Buch! Warum wird es nicht im großen Feuilleton besprochen? Wieso wird die Autorin nicht als neue Stimme in der deutschen Gegenwartsliteratur gefeiert?



    Nun – offenbar ist der Verlag thealit zu klein. Zu unbekannt, obwohl er sehr engagiert und rührig ist. Er rutscht leider trotzdem durch die Wahrnehmung der Presse. Was ich in diesem Falle hier unerhört bedauere. Hier bleiben ein brillantes Buch und ein echtes Talent unentdeckt! Umso mehr ist jetzt die Stimme der LeserInnen gefragt, die dieses Buch entdeckt haben und die es genauso atemberaubend finden wie ich. Redet darüber! Postet eure Meinung!



    Der Markt ist gerade bis zum Bersten mit Dystopien gefüllt. Und meist heftet sich da eine Wiederholung an die nächste. Es wird imitiert, was das Zeug hält. Wie berauschend anders, wie unverschämt, wie herausragend dieser Roman dagegen ist!


    Anja Kümmel entwirft mit sicherer Hand eine Dystopie, die ihresgleichen erst einmal sucht. Ich möchte zum Inhalt eigentlich nichts mehr sagen – das tut der Klappentext. Vielleicht nur dies noch: Diese Zukunftsvision zeigt eine Welt ohne Geschlechter. Das Geschlecht wurde ausgemerzt. Diese Ausmerzung zieht bis in die Sprache hinein, wo Personen nur noch sächlich beschrieben werden.



    Das Buch ist nicht nur inhaltlich, sondern auch formal ein Kleinod. Hier wird ein Buch-im-Buch-im-Buch entworfen. Mit großer Raffinesse werden die Plots entrollt, schieben sich gegenseitig an, überlappen, fasern aus, blinken an anderen Stellen wieder auf, und verlöschen, verweisen auf etwas Vergangenes oder Zukünftiges, und überall und unentwegt klingen andere Bücher, andere AutorInnen, andere Gedankenwelten mit. Echoräume tun sich auf, schwebende Geschichten, die nicht erzählt, sondern im Leser ausgelöst werden. Eine postmoderne Wundertüte.



    Es ist schwer, über einen Roman zu erzählen, der so stark von und mit und durch seine außergewöhnliche Form lebt. Vielleicht so: Wer dieses Buch betritt, betritt ein lebendiges Schloss voller Korridore, Treppenaufgänge, Geheimtüren, Verliese und Zinnen – und hier wie da tun sich plötzlich Tapetentüren auf, und man landet in einem verborgenen Seitenflügel des Schlosses, im Wandschrank oder … in der Luft. Zwischen zwei Zuständen.



    An vielen, vielen, vielen Stellen gelingen der Autorin unfassbar atmosphärische Stimmungen, entwirft sie atmende, düstere Räume und poetisiert Technik mit einer beneidenswerten Leichthändigkeit und Sprachkraft. Selbst die „Kopfigkeit“ mancher Passage, die manchmal die Lebendigkeit der Handlung übertönt, hält Spannung bereit: Sie belohnt einen mit ungewöhnlichen, ja beglückenden Denkimpulsen.



    Wer Bücher er-leben will, wer die Nase voll davon hat, immer alles bereits vorgekaut und ausgelutscht präsentiert zu bekommen, wer erfahren möchte, wie ein Buch einen selbst ständig verwandelt und in Räume und Gedanken mitnimmt, die man noch nie gesehen und gehabt hat, wer nichts dagegen hat, als veränderter Mensch aus der Lektüre hervorzugehen - der sollte dieses Buch auf keinen Fall verpassen.



    Fazit:


    Lesen, darin versinken, den Atem komplett verlieren, ihn am Ende wiederfinden und dann dieses Buch laut weiterempfehlen. Diese Autorin hat es verdient!


    :winken: