Beiträge von Bladwijzer

    Ich habe auch oft Probleme den Überblick über die Personen zu behalten und habe das genauso empfunden wie du, Bluebell. Wer ist nun der Konsul? Der Senior oder sein Sohn? Jean und Johann, sind das dieselben? Und Betsy? Wo kommt die denn auf einmal her? Ach so, das ist der Kosenamen von ... etc. Bei den russischen Klassikern ist das oft zumindest genauso schlimm. Ich habe auch im nicht-fiktiven Leben Schwierigkeiten, mir Personennamen einzuprägen. Also habe ich vorsorglich ein Stück Papier ins Buch gelegt und ein "Who's who?" angefertigt, befürchtend dass ich es häufig konsultieren muss. Aber auf den ersten 100 Seiten war es kaum noch nötig, mich zu vergewissern, wer denn wer ist. Da decken sich meine Leseeindrücke mit den deinigen, Bluebell. Dem Lesevergnügen scheint der riesige Aufmarsch zu Beginn nicht im Wege zu stehen.

    Er war ein angenehmer, höflicher Mensch, keineswegs hochnäsig. Er stand alleine im Garten des frz. Konsulats herum, sonst hätte ich ihn nicht angesprochen. Wahrscheinlich war damals schon die deutsche Übersetzung erschienen und habe ich ihn gefragt, ob er mit der deutschen Ausgabe zufrieden war. Ich habe aber vergessen, wie das kurze Gespräch verlief. Er hat ja einige frz. Auszeichnungen erhalten und der Fernsehauftritt bei Pivot - ich habe ihn gesehen - hat ihn auch bei einem etwas breiteren Leserpublikum in Frankreich bekannt gemacht.

    Mit Dirk van der Cruysse konnte ich einmal auf einem Empfang des französischen Konsulats in Antwerpen ein paar Worte wechseln. Das war kurz nach dem Erscheinen der frz. Ausgabe seines Buches über Lieselotte von der Pfalz. Er wurde in Flandern so etwas wie eine Berühmtheit, als er von Bernard Pivot in die Kultsendung "Apostrophes" im französischen Fernsehen eingeladen wurde. Das Buch sollte ich auch endlich einmal lesen. Vielleicht gibt dieser Faden hier dazu einen Anstoss.

    Vor ein paar Tagen ist hier in Belgien eine Art Fortsetzung erschienen: "Stoute Schoenen" - Auf den Fussspuren der Burgunder. Der Titel wäre wörtlich ungefähr: Wagemutige Schuhe. Das kommt von der Redeweise : "Zijn stoute schoenen aantrekken" (Seine wagemutigen Schuhe anziehen, was bedeutet: Etwas wagen, etwas riskieren.

    Van Loo ist hierzulande (Flandern) sehr populär, fast schon ein Entertainer. Im Moment macht er eine Tour durch Flandern und die südlichen Niederlande. Selbst ein grosser Saal in Antwerpen (für ca. 1500 Zuhörer) ist so gut wie ausverkauft: 28 oder 34 Euro Eintritt.

    Er hat neben Bücher u.a. über frz. Küche oder Chansons auch ein dickes Buch über Napoleon geschrieben, das ich (oder in dem ich) vor ein paar Jahren gelesen habe. Für meinen Geschmack etwas zu viel Show, zu viel Anektoden, pikante Details, etc. Aber das ist immer noch besser als die "rein akademische" Geschichtswissenschaft. Jemand schrieb; Zum Glück hat er keinen Doktortitel, und meinte damit, wenn er ihn hätte, dann würde er langweiliger schreiben.

    Leider enthält auch die NL Ausgabe des Burgundbuchs keine Abbildungen.

    Wenn sich die Burgunder in Deutschland gut verkaufen, dann wird wohl auch der Nachfolger übersetzt werden.

    Mir ging es ganz ähnlich: den ersten Band habe ich mit grossem Vergnügen gelesen. Beim zweiten Band war die Lesefreude schon geringer. Den dritten habe ich recht schnell zugeklappt. Da hatte ich das Gefühl, dass die Autorin eine Chronik der BR Deutschland auf dem Arbeitstisch liegen hatte und sich an den politischen Ereignissen entlanghangelte.

    Wir sind uns, scheint mir einig, was mit dem Titel gemeint ist, Kirsten. Denn mein Verständnis ("Es gibt keine schlechten Böden" und das Deinige ("Auch ein vermeintlich schlechter Boden hat seine Bedeutung für die Natur"), die stimmen ja offensichtlich überein.

    Wo wir nicht übereinstimmen, betrifft die Frage, ob der deutsche Ausdruck "Faulboden gibt es nicht" glücklich gewählt ist. Was soll das sein, ein Faulboden? Ein Boden, der sich mit verfaultem ("verrottetem") Holz regeneriert? Gut! Aber warum soll es den nicht geben? Es gibt ihn doch, wenn auch zu wenig, vielleicht. Oder soll ich bei dem "Faulboden" an etwas denken, das dem Faultier, dem Faulpelz, dem Faulschlamm entspricht? Ein Faulboden wäre dann etwas, das keinen Nutzen hat.

    Ich habe bei Faulboden spontan an "verfaulen/verrotten" gedacht und konnte nicht verstehen, warum es den nicht geben soll. Und deshalb schien mir der Titel in dem Sinne paradox, dass er die Absicht, die der Autor mit dem Ausdruck "rotgrond" hatte, verfehlt. Wenn der deutsche Leser, andererseits, bei "Faulboden" spontan an einen nutzlosen Faulpelz denkt, dann trifft der Ausdruck die gewünschte Sache.

    Ich, meinerseits, fand den Ausdruck "Faulboden", zu dem ja der Verlag oder Übersetzer gegriffen hat, ziemlich irritierend. Offensichtlich so irritierend, dass ich diese Zeilen geschrieben habe.

    "Faulboden gibt es nicht" (Rotgrond bestaat niet).

    Das Wort "rot" ("rott" gesprochen) hat im NL verschiedene Bedeutungen, die allerdings miteinander verwandt sind.

    - verfault

    - morsch

    - rot (der letzte Dreck, beschissen, Mist-)

    Und "rot" wird in Zusammenfügungen meist verwendet, um drastisch anzudeuten, dass etwas schlecht ist. Ein "rotwijf (weib) " ist ein "Miststück" oder" Luder", es gibt "rotjongens" und sogar die ganze Gesellschaft kann "rot" sein.

    Ein "rotgrond" wäre also ein Boden der nichts taugt.

    Aber nun wird es ein wenig paradox. Wenn es für den Wald gut ist, das Fallholz verrotten zu lassen, dann wäre der Faulboden ja gut, und "Faulboden gibt es nicht" als Übersetzung irreführend. Fûr meine Ohren, (die allerdings nicht die eines NL Muttersprachlers sind) bedeuted "Rotgrond bestaat niet" soviel wie "Es gibt keine schlechten Böden" oder "Es gibt keine beschissenen Böden". Das Wort "rot" entspricht oft dem deutschen "beschissen": rotweer - beschissenes Wetter.

    Offiziell gibt es im Deutschen keinen Faulboden. Und wenn ein Holländer in seinem Garten sagt: "Deze rotgrond", dann meint er, dass er untauglich ist (und nicht, dass er durch Verfaulungsprozesse entstanden ist).

    Welch eine Überraschung hier eine Besprechung von "The Quartet" zu finden, Juva. Dass du von dem Buch nicht so recht begeistert bist, kann ich gut verstehen. Mich hat es auch eher enttäuscht, auch wenn manches interessant ist. Interessant ist, wie du selbst schreibst, dass man einen Einblick bekommt, wie es war, während des Krieges als Frau in Oxford zu studieren. Frauen durften in Oxford seit 1920 studieren. Die Damen des Quartetts begannen ihr Philosophiestudium 1938. Störend finde ich, dass das Buch zu viel Klatsch enthält, das könnte ja geradezu einige Vorurteile gegen weibliche Autoren befördern. Also welche Klamotten sie trugen, was sie am liebsten wo gegessen und getrunken haben, Murdochs Liebschaften, etc. , das war nicht unbedingt interessant. Wenn die vier Damen (Das Quartett) sich schon einen Ruf als "Philosophinnen" erworben hatten, dann wohl vor allem durch ihre Leistungen als Studentinnen. In "Lehre und Forschung" wurden sie, Murdoch ausgenommen, erst nach dem Krieg aktiv. Lustig, dass die Dozentinnen keine Hosen tragen durften. Elizabeth Anscombe kam, nachdem sie eine Rüge des Dekans erhalten hatte, zwar immer noch mit Hosen, zog sich aber um, wenn sie unterrichtete.

    Die philosophischen Aspekte des Buchs finde ich nicht immer überzeugend. Der grosse Buhmann in dem Buch ist Alfred Jules Ayer und es ist gewiss richtig, dass Ayers Ideen zur Moralphilosophie wenig taugten. Moralische Urteile waren nach seiner Meinung emotionale Haltungen, sie sagten nicht mehr, als dass jemand etwas subjektiv gut oder schlecht fand (= Emotivismus). Nun war Ayer in Oxford aber keineswegs so dominant, dass es der vier Philosophinnen bedurfte um auf andere Ideen zu kommen. Das Buch übertreibt m.E. die Bedeutung Ayers in Oxford (wo ja auch der viel wichtigere Gilbert Ryle lehrte). Schwerwiegender scheint mir folgendes zu sein. Die beiden Autorinnen behaupten, das "Quartett" habe sich vor allem an der metaphysikfeindlichen Haltung der Oxforder Philosophen gestört. Diese feindliche Haltung findet man gewiss bei Ayer. Aber man findet sie vor allem auch bei Wittgenstein. Nun wird aber Wittgenstein im Buch sehr gepriesen (ohne viel über ihn zu sagen). Aber wie ist es möglich, dass die Damen des Quartetts Ayer wegen seiner metaphysikkritischen Haltung verurteilen, aber gleichzeitig in Wittgenstein ein bewunderungswürdiges Vorbild sehen, obwohl es gerade Wittgenstein ist, der für die Metaphysikkritik vor allem verantwortlich ist (nämlich durch seinen "Tractatus" der ja Ayer so stark beeinflusst hatte). Über Wittgensteins Philosophie findet sich in dem Buch kaum etwas, obwohl die zweifellos Bedeutendste der vier, G.E. Anscombe, Wittgenstein zweifellos bewunderte. Sie sass an seinem Sterbebett, war u.a. seine Nachlassverwalterin und Übersetzerin.

    Es könnte der Anschein geweckt werden, dass die drei Philosophinnen des Quartetts (Murdoch war nie professionelle Philosophin) ihre Karrieren dem Umstand zu danken hatten, dass während ihrer Studienzeit im 2. Weltkrieg viele Männer dienstpflichtig waren. Aber als sie nach dem Krieg "Karriere machten" gab es genug männliche Konkurrenten. Und eine wirklich bedeutende Karriere machte nur Elizabeth Anscombe, die in Cambridge (nicht in Oxford) zu höchsten Würden kam.

    Sehr interessant fand ich in dem Buch, was man zu Anscombes Religiosität lesen konnte. Sie war, in England eher selten, Katholikin (wie auch ihr Ehemann, der Logiker Peter Geach). Sie glaubte an die katholische Transsubstantionslehre (die Präsenz Christi in der Hostie) und hat, wenn ich mich recht erinnere, auch einen Artikel geschrieben, wie man das Kindern beibringen kann. Sie war eine Gegnerin der Empfängnisverhütung und Proteste vor Abtreibungskliniken brachten sie, glaube ich, sogar in Konflikt mit dem Gesetzgeber. (Aber)sie war (muss hier ein "dennoch" kommen?) eine der intelligentesten und charakterstärksten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts.

    Sie scheint kein Slawistik-Studium gemacht zu haben und dass man Polnisch und Ungarisch an einer Übersetzerschule lernen kann ohne Vorkenntnisse, kann ich mir nicht vorstellen.

    Warum soll das nicht möglich sein? Bei Englisch und Französisch wird an Uni's und Übersetzerschulen wahrscheinlich vorausgesetzt, dass man die Sprachen schon gut kennt. Aber bei Polnisch oder Ungarisch wird das nicht vorausgesetzt. Meine Tochter, mein Sohn und meine Schwiegertochter waren alle drei an einer Übersetzter- und Dolmetscherschule in Antwerpen (Hoger Instituut voor Vertalers en Tolken). Meine Tochter hatte Spanisch, ohne jede Vorkenntnis. Meine Schwiegertochter Portugiesisch, auch ohne Vorkenntnis. Das Tempo ist allerdings sehr hoch. Wenn das nicht ginge, dann könnte man an Übersetzerschulen ja nur Sprachen studieren, die man schon kennt. Das ist aber nicht der Fall. Die websites dieser Einrichtungen müssten normalerweise Informationen geben, welche Vorkenntnisse erforderlich sind.

    Ich möchte vor allem die philosophischen Bücher Peter Bieris empfehlen. Sie wenden sich nie nur an Fachkollegen, Sie sind für einen Philosophen aussergewöhnlich verständlich geschrieben und trotzdem auf hohem Niveau. Es gibt in ihnen keinen Fachjargon und sie sind frei von intellektuellen modischen Trends. "Das Handwerk der Freiheit" ist ein Buch über Entscheidungen und den freien Willen, In "Eine Art zu leben" geht es laut Untertitel um die "Vielfalt menschlicher Würde". Wer lieber kürzere Texte mag, kann die drei Vorlesungen über Selbstbestimmung, Selbsterkenntnis und kulturelle Identität lesen, die unter dem Titel "Wie wollen wir leben" erschienen sind. Besonders empfehlen möchte ich das kleine Bändchen "Wie wäre es gebildet zu sein?". Es ist ein Gegenentwurf zu irgendwelchen "quiztauglichen" Bildungskanons. Das wird an den Titeln der kurzen Kapitel deutlich:


    Bildung

    - als Weltorientierung

    - als Aufklärung

    - als historisches Bewusstsein

    -als Selbsterkenntnis

    - als Selbstbestimmung

    -als moralische Sensibilität

    - als poetische Erfahrung


    In einem normalen Format hätte dieser kleine Text einen Umfang von nicht einmal zwanzig Seiten. Vielleicht eine kurze Ferienlektüre aber Anstiftung zum längeren Nachdenken.

    Ich würde aber nicht ausschliessen, dass das Buch, wenn es so geschrieben wäre wie Juva es sich wünscht, manchen Lesern weniger gut gefallen würde. Das "Unakademische" und das Hin-und-Herspringen zwischen Gestern und Heute, hat ja auch seinen Reiz. Mich hat es weniger gestört.

    Was allerdings ein wenig fehlt sind kultursoziologische Aspekte der Antiken Schriftkultur., die nur selten gestreift werden. Wenn die Autorin z.B. schreibt, die Bibliothek von Alexandria sei "die erste öffentliche Bibliothek" gewesen, dann wird suggeriert, dass die Hausfrau von nebenan oder das Schulkind sich in die Papyrusrollen vertieft hat. Aber so wird es gewiss nicht gewesen sein. Gerne hätte ich gewusst, wer 'damals' schreiben und lesen konnte und wo und wie man das lernte.

    Bin zwar nicht vom Fach, aber vielleicht entsprechen diese beiden Bücher deinen Erwartungen:


    Richard P. Feynman: QED - Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie

    Richard P. Feynman: Sechs physikalische Fingerübungen / Physikalische Fingerübungen für Fortgeschrittene

    Beide als Piper Taschenbuch

    (Es gibt auch Feynmans Physikvorlesungen an der Uni - aber die kosten fast 300 Euro)

    QED habe ich als lesbar in Erinnerung.

    Wer aus dem Bolero oder der Fünften ein leicht verdauliches Häppchen von 3 Minuten macht, der ebnet nicht den Weg zur Klassik, sondern der betrügt (in dem Sinne, dass seine Fünfte oder sein Bolero mit Ravel oder Beethoven nichts zu tun hat. Das interessante an Beethoven ist ja nicht das "Ta-ta-ta-Taaaa", sondern das, was er in den folgenden 20 Minuten damit macht. Und bei Ravel ist es u.a. das Spiel mit den Orchesterfarben. Und richtig: gute Klassik ist gewöhnungsbedürftig, sie ist oft nicht leicht verdaulich. Man muss halt auch die musikalischen Geschmacksnerven schulen. Nigel Kennedy ist ein vorzüglicher Geiger. Sein Brahms oder Elgar Violinkonzert wird sehr geschätzt. Es gibt gewiss genügend andere Geiger, die die Bedürfnisse der Klassikhörer erfüllen. Ich finde es halt schade, wegen der Geige.

    Ich weiss nicht, warum es einen Menschen sympathischn macht, wenn er in der Klassikszene keine Rolle spielt. In seiner Diskographie finde ich eine einzige, eher alte Aufnahme, die man der Klassik zurechnen kann. Der Rest sind populäre auf der Geige gespielte "U-Musik Stücke" die mit ein paar Schlagern aus der Klassikszene, die völlig entstellt werden, gemixt sind. Und das soll dann angeblich die Hörer bewegen, mehr Klassik zu hören. Ich kann nur sagen, schade, dass ihm mit seiner wirklich guten Ausbildung, die gewiss grosse Opfer verlangt hat (psychisch und finanziell) nicht mehr angefangen hat. Und schade, dass sein wertvolles Instrument nicht in musikalisch interessanteren Händen ist. Ich wüsste nicht, welcher Musiker mir gleichgültiger sein könnte (ausser André Rieu vielleicht).

    Der "Bekanntheitsgrad" dürfte wohl weniger ein Grund für die Ablehnung sein. Bekannte Geiger haben oft auch eine Professur, auch recht junge. Julia Fischer hat beispielsweise sehr früh eine Professur erhalten. Natürlich muss sie da vor allem hochbegabten Nachwuchs unterrichten. In der echten Klassikszene spielt Garret keine Rolle und mir scheint, dass er das auch nicht will.

    Es scheint eine geographische Bezeichnung zu sein:

    "The young Gerenian Nestor , König von Pylos und Sohn des Neleus , nach dem Bezirk Gerenia am messenischen Meerbusen , in dem er geboren sein sollte , bei Homer der Gerenische genannt . Ovid Met . VIII , 313 : primis etiamnum Nestor ..."

    In anderen Texten heisst es, "er sei in Gerenos abwesend gewesen", was wohl heissen soll, er sei während der Schlacht in Gerenos gewesen, und deshalb nicht wie die anderen gefallen. Mit etwas Geduld findet man solche Erklärungen, wenn man in google books den Ausdruck "gerenisch" eingibt (aber meist findet sich nur das Zitat ohne Erklärung).