[Jemen] Günther Orth (Hg.) – Gesichter und Orte

  • Moderne Erzählungen aus dem Jemen


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Enthalten sind neun Kurzgeschichten und ein als Roman deklarierter längerer Text, den ich vielleicht eher als Novelle denn als Roman wie der Herausgeber bezeichnen würde.



    [li]Muhammad Abdalwali – Der Soldat und ich: Auf dem Heimweg ins Dorf wird der Erzähler von einem Soldaten eingeholt. Und wie jeder weiß, bringen Soldaten Unglück. Oder nicht?[/li]
    [li]Abdalkarim ar-Razihi – Das Jahr des Esels: Jeden Dienstag besucht die Geflügelverkäuferin Zuhra mit ihrem Esel in das abgelegene Dorf – bis ein häßliches Gerücht aufkommt.[/li]
    [li]ders. – Der Schlafsack: Die erste Liebe eines Jungen steht unter schlechten Vorzeichen, und das liegt nicht daran, daß Zaynab zur Hälfte Äthiopierin ist.[/li]
    [li]Ahmad Mahfuz Umar – Verbrannte Tage: Ein Mann geht noch einmal seine Tagebuchaufzeichnungen der letzten Woche durch, bevor er einen Entschluß faßt.[/li]
    [li]ders. – Gesichtsverzerrungen: Unter bösen Blicken fühlt ein Mann, wie sich sein Gesicht in der Form verändert, aber niemand glaubt ihm.[/li]
    [li]Izzadin Said Ahmad – Grüne Sterne: Rascha malt Sterne, um die am Himmel zu ersetzen, die sich Soldaten auf ihre Schultern heften.[/li]
    [li]ders. – Der Gejagte: Der letzte Tag eines gehetzten Menschen unterscheidet sich nicht von den anderen.[/li]
    [li]ders. – Gesichter und Orte: Skizzen aus Taizz[/li]
    [li]Nabila az-Zubair – Krawatte aus reiner Seide: Über die Schwierigkeit, eine Krawatte richtig zu binden.[/li]
    [li]Said Aulaqi – Die drei Nachtschwärmer: Drei Freunde treffen sich auch noch jeden Abend zum gemeinsamen Plausch, als der Kulturclub schon längst geschlossen ist und sich die alten Freunde in alle Winde zerstreut haben, sei es, weil sie hohe Posten in Politik und Wirtschaft bekleiden und sich in einem Kulturclub sowieso nicht mehr sehen lassen könnten, sei es, weil sie als Oppositionelle verschwunden sind oder umgebracht wurden, sei es, weil sie inzwischen im Ausland leben. Den Journalisten Ahmad, den Komponisten Anwar und den Theaterregisseur Mahdi ficht das nicht an. Sie sitzen vor dem Club oder suchen sich ein Café und reden über Gott und die Welt. Eines Abends werden sie ohne Angabe von Gründen verhaftet. Am nächsten Morgen erst erfahren sie die Hintergründe, und man versucht, sie unter Druck zu setzen, damit sie einem Mörder ein Alibi vor Gericht liefern. Besonders Mahdi ist von diesem Ansinnen erzürnt, handelt es sich doch bei dem Beschuldigten um einen Mann, der schon einmal seiner Strafe entkommen ist, als er einen Freund Mahdis umbrachte. Aber man droht den drei Freunden, und so finden sie sich am nächsten Tag vor Gericht als geladene Zeugen ein ...[/li]



    Meine Meinung: Wie meist bei Anthologien sind auch hier die versammelten Texte sehr unterschiedlicher Qualität, insgesamt ließen sich aber alle gut lesen. Manchmal merkt man, daß die literarische Form der Kurzgeschichte oder der Novelle noch keine so lange Tradition hat wie hierzulande. Dazu, wie auch zu den einzelnen vertretenen Autoren hat Günther Orth in seiner Einleitung einige Hinweise geliefert. Ich nehme an, daß man seinen Ausführungen hier glauben kann, da er wohl längere Zeit im Jemen gelebt und dort auch fachbezogen zur jemenitischen Literatur wissenschaftlich gearbeitet hat.


    Besonders haben mir die drei Rahmentexte Der Soldat und ich, Das Jahr des Esels und Die drei Nachtschwärmer gefallen, weil sie universellere Themen von Zivilcourage und menschlicher Würde behandeln. Andere, vor allem jene von Izzadin Said Ahmad waren mir einfach zu kurz oder benutzten eine Symbolik, die sich mir nicht erschloß, was vor allem für Ahmad Mahfuz Umar gilt. Aber interessant war die Lektüre allemale, da sie einen Eindruck vom dörflichen wie auch (vor allem) städtischen Leben im Jemen vermittelt, wobei erstaunlicherweise die erst 1990 erfolgte Vereinigung von Nord- und Südjemen kaum eine Rolle spielt.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen