Hallo allerseits
Herzlichen Dank fürs Organisieren und Erstellen der Leserunde!!
Überraschenderweise habe ich den Prolog tatsächlich zeitnah geschafft, mal schauen wie lange ich am Ball bleiben kann und ob ich bei diesem Band durchhalte...
Dieses Mal also Vascal und Leomara im Scheinwerferlicht des Prologs. Dass ich Leomara mit ihren Visionen bisher nicht als sonderlich interessant empfunden habe hatte ich in den letzten Leserunden schon hin und wieder kundgetan. Vascal hingegen war für mich immer sehr geheimnisvoll, so dass ich gerne mehr über ihn erfahren wollte und mich über die Wahl für den Prolog gefreut habe. Im Nachhinein bin ich mir aber nicht sicher, ob der Prolog bei mir den Zweck erfüllt hat, den Charakter interessanter zu machen. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Figur sehr von ihren Geheimnissen profitiert hat, und die sind nun zum Großteil relativ unspektakulär (für mich) aufgelöst worden.
Gefallen hat mir der Prolog trotzdem sehr, weil er ein richtig gutes Bild der herrschenden Gesellschaft im Lieblichen Feld zeichnet. Logen und Geheimbünde verschiedenster Couleur mit allerlei unterschiedlichen Interessen und Zielen. Intrigen und Heimtücke hinter jeder Ecke. Die Familienehre steht über allem, es gilt unter allen Umständen das Gesicht zu wahren und jeden noch so kleinen Vorteil zu nutzen. Im Zweifelsfall ist das Ansehen sogar wichtiger als das Wohl der eigenen Kinder...
Auch die Anspielungen auf die ältere Geschichte haben mir viel Vergnügen bereitet. Die vermeintlichen Fabelwesen in dem Mosaik, das vermutlich von den ersten Siedlern angelegt wurde, die aus dem Güldenland kamen und diese Tiere noch kannten. Das Logenmitglied namens Thalionmel - die Bücher über die Löwin von Neetha waren mit die ersten, die jemals für DSA erschienen sind und die ich gelesen habe. Die Königin, die noch 1000 Jahre später die Thronfolge des Bosparanischen Reiches für sich beansprucht. Die Hallen der Weisheit als Symbol für die (vermeintliche) intellektuelle Überlegenheit des Königreiches gegenüber seinen Gegnern, insbesondere dem "barbarischen" Mittelreich. Damit verbunden das Dekret der Königin, alle Kinder des Reiches zu unterrichten. Nach außen hin hält man sich hier für etwas Besseres, aber innen sticht man sich gegenseitig ohne Zögern die Messer in den Rücken.
Die Darstellung des Drachen Shafir hat mir auch sehr gefallen. Die jährliche Gesandtschaft zeigt, welche Stellung Drachen in Aventurien noch immer haben, und die Antworten des Drachen zeigen, wie wenig solche Wesen sich um die kurzlebigen Menschen und ihre Probleme kümmern. Die Idee mit den bedeutungsähnlichen Worten, die gleichzeitig von den Menschen in ihrem Kopf wahrgenommen werden, als für die Menschen verständliches, unvollkommenes Abbild dessen, was der Drache eigentlich sagt, finde ich toll! Es ist immer ein Kunstgriff nötig, um solche Wesen für uns, die wir ja auch nur Menschen sind, begreifbar zu machen, und für mich hat das hier ziemlich gut funktioniert, auch wenn es etwas schwer zu lesen war. Ich war mal in der Situation, als Spielleiter einen dreiköpfigen Riesenlindwurm darstellen zu müssen, bei dem alle Köpfe mehr oder weniger gleichzeitig auf die Spieler telepathisch eingeredet haben. Das war nicht gerade meine glorreichste Stunde...
Was die Familiengeschichte der della Rescati angeht, so war diese natürlich sehr erhellend, was für mich aber wie gesagt zumindest im Bezug auf Vascal nicht unbedingt von Vorteil ist. Dass sein fehlender Finger nichts mit dem Namenlosen zu tun hat konnte man bei einem Nandusgeweihten zwar vermuten, aber so ganz sicher war ich mir trotzdem nicht. Die Erklärung, dass er ihn sich freiwillig abgeschnitten hat und als Erinnerung an diese Dummheit so ließ ist zwar einleuchtend, aber nicht sonderlich spannend. Ebenso seine Entwicklung, vom übereifrigen erstmaligen Logenmitglied über Logengründer und -meister zum Nandusgeweihten. Für mich absolut sinnvoll und nachvollziehbar aber wenig überraschend.
Am spannendsten fand ich bezüglich Vascal die Dinge, die nicht ausführlich erläutert wurden. Welche Netzwerke und Intrigen hat er in seiner Logenzeit gesponnen? Was waren die Anklagepunkte des Adler-Ordens gegen ihn? Allein mit den Geschichten könnte man ein ganzes Buch füllen und es wäre sicher äußerst lesenswert. Er ist definitiv auch kein unbeschriebenes Blatt, was derartige Umtriebe angeht. So ganz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ihn seine Vergangenheit diesbezüglich vielleicht noch einmal einholt. Laut Karte wird sich die Ottajasko ja durch das Gebiet des Königreichs am Yaquir bewegen, wenn auch nur am südlichen Zipfel.
Tja, und Leomara? Hat der Drache sie verzaubert, als Gegenleistung für das Buch? Oder hat er nur gespürt und vorhergesagt, dass sie eine besondere Gabe hat? Wenn ersteres der Fall sein sollte, und irgendwie nochmal daran angeknüpft wird, dann könnte das Leomaras Visionen vielleicht etwas interessanter für mich machen. Ich tendiere aber eher zur zweiten Möglichkeit. Das Martyrium, das sie durchleben musste, war ja weitestgehend bekannt, aber die Szene mit dem Kopfbohrer schwarz auf weiß zu lesen ist natürlich harter Tobak. Warum ist ihre Mutter so grausam? Liegt das ausschließlich am sozialen Druck, dem sie in ihrer Position ausgesetzt ist, oder hat da doch das dämonische Buch einen Einfluss auf sie gehabt, in dem sie -wenn auch nur kurz- gelesen hat? Wie auch immer, ich bin jedenfalls nicht scharf drauf, dass diese Person (oder der verantwortliche Magier) noch einmal im Roman auftaucht, außer sie bekommt was sie verdient.
Zum Abschluss gab es dann noch einen Miniblick auf das Venedig Aventuriens, mit einem Gondoliere, dem eine gute Geschichte lieber ist als ein paar zusätzliche Silbertaler. Gut organisierte Flucht und gute "Anknüpfung" an Nordwärts.