Katherine Mansfield: Rosabels Tagtraum

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  • Katherine Mansfield: Rosabels Tagtraum. Manesse 2008, 361 Seiten. Übersetzt von Ruth Schirmer.


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    Dieser Band enthält eine Auswahl von 18 Erzählungen der Autorin. Die Autorin wurde mehrfach übersetzt, neben diesem Band ist im Jahr 2009 auch noch eine vollständige Ausgabe bei Zweitausendeins erschienen. Über die unterschiedlichen Übersetzungen kann man sich im Klassikerforum hier einen Eindruck verschaffen:


    [url=http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,1680.msg35722.html#msg35722]Übersetzungen[/url]


    Die mir vorliegende Übersetzung von Schirmer liest sich sehr elegant. Die Geschichten sind um 1920 herum entstanden und zeichnen sich durch ihren eigenständigen Stil der Autorin aus. Wodurch lässt sich dieser Stil kennzeichnen?


    Betrachten wir hierzu eine Leseprobe aus "In der Bucht":
    Erste Frühe. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, und die ganze Crescent-Bucht lag unter weißem Seenebel. Die hohen, buschbestandenen Hügel im Hintergrund waren völlig in Dunst eingehüllt. Man konnte nicht sehen, wo sie endeten und die Weiden und Bungalows begannen. Die sandige Straße war verschwunden, und damit die Weiden und Bungalows auf der anderen Seite; man sah keine der weißen Dünen mit dem rötlichen Gras darauf, keine Trennungslinie von Strand und See. Schwerer Tau war gefallen. Das Gras war blau. Dicke Tropfen hingen an den Büschen, bereit hinabzufallen; die silbrigen, flaumigen Palmlilien hingen schlaff von ihren langen Stengeln, und all die Ringelblumen und Nelken in den Gärten der Bungalows waren von der Nässe zur Erde gedrückt. Tropfnaß waren die kalten Fuchsien, runde Tauperlen lagen auf den breiten Blättern der Kapuzinerkresse. Es war, als ob die in der Dunkelheit alles sanft überschwemmt hätte, als ob eine ungeheure Welle alles langsam überspült hätte - nur wie weit? Vielleicht hätte man, wäre man mitten in der Nacht aufgewacht, einen großen Fisch zum Fenster hinein- und wieder hinausschnellen sehen.


    Die hier wiedergegebenen Zeilen sind durchaus typisch für die Autorin. Sie zeichnet mit genau gesetzten Worten ein gefühlvolles Bild von Landschaft (und in anderen Abschnitten auch von den Figuren), ohne dabei auf lang ausufernde Erklärungen zu setzen. Ihre Beschreibungen erscheinen mir wie ein leicht dahin gemaltes Aquarell. Große Effekte hinsichtlich der Handlung findet man eher selten bei ihr, die leisen Töne stehen im Vordergrund. Ihre Geschichten erfordern daher Konzentration und innere Ruhe, sie sind weniger geeignet, wenn man sich nur amüsant unterhalten will. Dann greife man lieber zu Maupassant. Die Autorin verwendet auch Dialoge, alle Geschichten kommen aber mit wenigen Figuren aus, auch diese zeichnen sich durch ihre kurzen Sätze aus. Lange Monologe findet man nicht.


    Ausgesprochen gut gefallen haben mir "Die Gartenparty", "Die Fliege" und "Sixpence". Während die Gartenparty mit sehr viel Sentimentalität darüber sinniert, ob eine Party stattfinden darf, obwohl in der Nachbarschaft ein Trauerfall unerwartet eingetreten ist, stellt "Die Fliege" die einzige komische Begebenheit der Sammlung dar. "Sixpence" hat die Erziehung von Kindern zum Thema und wieder findet die Autorin einen äußerst gelungenen Zugang zum Thema. Auch die für den Titel ausgewählte Erzählung "Rosabels Traum" über eine Hutverkäuferin bereitet Lesefreude.


    Nicht alles hat mich im gleichen Maße begeistert, zudem wird jeder Leser hier seine eigenen Favoriten entwickeln. Mansfield begeistert mich vor allem stilistisch, die gewählten Inhalte überzeugen mich nicht immer und verblassen schneller als ihre in mir nachklingende Sprache. Insgesamt eine lesenswerte Autorin.


    4ratten


    Gruß, Thomas

  • Danke für die Rezi! Katherine Mansfield interessiert mich schon seit längerem, vor allem wegen ihrer Freundschaft zu Virginia Woolf.
    LG, kat