Raymond Radiguet - Den Teufel im Leib

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    (ich habe aber die ältere Übersetzung von Friedhelm Klemp, Kurt Desch-Verlag gelesen).



    Raymond Radiguet ist ein Schriftsteller, der deswegen schon mit einer Aura der Faszination umgeben ist, weil er schon im zarten Alter von zwanzig Jahren an Typhus starb, trotzdem einige Gedichte und zwei Romane hinterlassen hat. Aus dem Nachwort von Jean Cocteau (in der Ausgabe des Kurt Desch Verlages) erfahren wir, Radiguet sei kurzsichtig (fast blind) gewesen,er „hüpfte von Gehsteig zu Gehsteig“ und habe den Gang eines verwundeten Vogels gehabt. "Aus seiner Tasche zog er allerlei Papierfetzen. Ich glättete sie, strich die Falten heraus. Es waren die ersten Verse seines Gedichtbandes „Les Jou en Feu.“


    Seinen ersten Roman, „Den Teufel im Leib“,begann Radiguet im Alter von vierzehn Jahren und beendete ihn, als er siebzehn Jahre alt war. Radiguet war ohne Zweifel eine Frühbegabung. In dem Roman geht es um die Liebe des fünfzehnjährigen François zu der 18 jährigen Marthe, deren Ehemann als Soldat im ersten Weltkrieg kämpft, ja, ihre Liebe deswegen blühlt, weil Krieg ist. Wird Europa vom Krieg erschüttert, ist es für François die Zeit, in denen seine Gefühle durchgerüttelt werden.


    Zitat von "Radiguet"


    Die leidenschaftlichen Verwirrungen, in die mich jene ungewöhnliche Zeit stürzte, glichen gewiß nicht den Gefühlen, die man sonst in diesem Alter empfindet.


    Obwohl es in den meisten Fällen wohl so ist, dass in diesem Alter ein Junge kaum eine Beziehung zu einer verheirateten Frau hat, ist doch aber gerade die Zeit der Pubertät, die Zeit von Gefühlsverwirrungen (siehe z.B. Musil, Die Verwirrungen des Zöglings Törleß).


    Der Jugendliche François gehört schon zu den eher Frühreifen. Davon zeugen einige Weisheiten, die er von sich gibt. Trotzdem wird auch die pubertäre Schüchternheit offengelegt:


    Zitat von "Radiguet"

    Welch ein Glück, daß ich nicht mit ihr allein bin! Ich fände ja doch nicht den Mut, sie zu küssen, und meine Unterlassung wäre unentschuldbar.


    Der Junge bekommt auch arges. Herzklopfen, wenn er um das Haus seiner Geliebten schleicht, Auf anderer Seite gibt er sich frech und Selbstbewusst, wenn er sich z.B. des Nachts von zu Hause wegstiehlt, um bei Marthe zu weilen. Es ist so, als wenn er im lLaufe der Monate seine Schüchternheit überwindet. Einmal heißt es „mein gefährlicher Hochmut wie Schnee an der Sonne geschmolzen“; diese Selbstreflexion zeigt Reife. Seine Reife stößt auf Grenzen, als Marthe schwanger wird:


    Zitat von "Radiguet"

    Ich glaube, Marthas Schwangerschaft wirke lächerlich und ging mit gesenkten Blicken neben ihr her. Ich war weit entfernt von jedem väterlichen Stolz.


    Bemerkenswert finde ich das Thema Tod in dem Roman. Die Liebesgeschichte spielt in den Zeiten des mörderischen Krieges. Der Junge ist geplagt von eifersüchtigen Phasen, auch wenn der Ehemann sich im Krieg befindet. Die Eifersucht treibt ihn zu Todesphantasien. Und dann ist da noch die offenbar bewusste Erwähnung des Gedichtes „Der Tod der Liebenden“ von Baudelaire. Denn, so befürchtet der Ich-Erzähler, wie in diesem Gedicht , werde ihre Wohnung einmal ausschauen:

    Zitat von "Baudelaire"


    Wir werden Betten haben voll leichter Düfte, Diwane grabes-
    tief; auf Staffeln werden seltsame Blumen um uns stehn, die un-
    ter schöneren Himmeln für uns erblühten.


    Der Roman bewegt sich zwischen Tod und Leben:


    Man

    Zitat von "Radiguet"

    „vergegenwärtige sich doch, was der Krieg für so viele Halbwüchsige bedeutete: vier Jahre große Ferien.


    Mich hat erstaunt, dass der Vater das Liebesverhältnis des Jungen deckt, trotzdem ist man bestrebt, dieses Verhältnis unter dem Mantel der Verwiegenheit zu belassen. Diese leidenschaftlich gezündelte Liebe wird nur eine Episode bleiben. Der Roman erzählt vom leidenschaftlichen Aufbrausen einer Jugend.


    Zitat von "Radiguet"

    Wir meinen immer die ersten zu sein, die diesen Aufruhr empfinden, und wissen nicht, dass die Liebe wie die Poesie ist, und dass alle Liebenden, selbst die durchschnittlichsten, überzeugt sind, Neues zu erfinden.


    Liebe Grüße
    mombour


    EDIT: Baudelaire-Zitat repariert. LG, Saltanah

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()