Toni Morrison – Teerbaby

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    Inhalt: Der frühere Inhaber einer Bonbonfabrik, Valerian Street, und seine rund 20 Jahre jüngere Frau Margaret leben mit ihrem schwarzen Hausangestelltenpaar Sydney und Ondine auf einer Karibikinsel. Valerian kümmert sich vor allem um sein Gewächshaus, Margaret würde dagegen am liebsten sofort abreisen. Sie vermißt ihren Sohn Michael, der sich nie auf der Insel blicken läßt. Kurz vor Weihnachten ist Margaret mit den Planungen für die Feiertage beschäftigt, denn Michael hat mal wieder sein Kommen zugesagt und sie plant ein richtig altmodisches, amerikanisches Weihnachtsfest, bei dem nicht einmal der nicht erhältliche Truthahn gegen Gans ausgetauscht werden darf. Auch Sydney und Ondine haben Besuch: ihre Nichte Jadine, die sie aufgezogen haben, und der Valerian das Studium finanziert hat. Jadine arbeitet auch als Model, und steht gerade vor der Entscheidung, wohin sie ihr Leben zukünftig ausrichten will. Diese vorweihnachtliche Idylle wird gehörig gestört, als Margaret eines Abends schreiend aus ihrem Zimmer herunterkommt, weil ein schwarzer Mann in ihrem Schrank sitzt. Zunächst glaubt ihr keiner, aber Sydney holt schließlich den zerlumpten Fremden hinunter. Zur allgemeinen Überraschung und zum Mißvergnügen lädt Valerian ihn kurzerhand ein und quartiert ihn im Gästezimmer ein. Weihachten erscheint keiner der geladenen Gäste, so daß Valerian kurzerhand alle im Haus Anwesenden zum gemeinsamen Abendessen bittet. Dabei kommt es zu einem Eklat, als ein lang gehütetes Geheimnis offenbart wird, der Fremde und Jadine verlassen das Haus, und auch für die übrigen ändert sich mit einem Schlag fast alles. Jadine und Son, die sich längst ineinander verliebt haben, versuchen in den Staaten eine langfristige Basis für ihre Beziehung zu finden und stoßen dabei auf beträchtliche Unterschiede in der Wahrnehmung der Welt und ihrer persönlichen Rolle darin.



    Meine Meinung: Die ersten zwei Drittel bis zu dem Eklat am Weihnachtsabend plätscherten einigermaßen belanglos dahin, so daß ich schon dachte: „Die Probleme hätte ich auch gerne, wenn schon sonst keine“. Es war zwar nicht uninteressant, die Figurenkonstellation zu beobachten und vor allem Jadines Hin- und Hergerissensein zwischen ihrem gewohnten, weltläufigen Leben, das man aus ihren Gedanken mitbekommt, und der Faszination für diesen so völlig anderen und fremden Son. Aber der Umschwung, den die Geschichte durch die Enthüllung nimmt, kam dadurch auch nicht nur völlig überraschend (das wäre ja ohne weiteres vertretbar), sondern vor allem auch recht unmotiviert. Gut, die Diskussion, die dem unmittelbar vorangeht, ist auch schon nicht gerade weihnachtstauglich, aber zwischen dieser Diskussion und Ondines Offenbarung liegen dann doch noch Welten, und eine inhaltliche Verbindung war auch für mich nicht erkennbar.


    Dagegen konnte ich die Wirkung, die diese Enthüllung auf die einzelnen Personen ausübte, im großen und ganzen durchaus nachvollziehen. Die beiden jungen Leute verschwinden, weil sie damit nichts zu tun haben und sich nicht hineinziehen lassen wollen. Die übrigen vier müssen irgendwie versuchen, die Tatsachen und die jahrzehntelange Geheimniskrämerei zu verarbeiten und weiter unter einem Dach auszuhalten. Das gelingt ihnen sehr unterschiedlich. Leider nehmen diese vier Personen nur noch einen winzigen Abschnitt des restlichen Drittels ein, so daß für eine tiefere Betrachtung kein Platz ist. Stattdessen verfolgt man als Leser die anfängliche rosarote Verliebtheit und die sich peu à peu einstellenden Beziehungskrisen von Jadine und Son. Ihre sehr unterschiedliche Herkunft, das Milieu, in dem sie sich bis zu ihrem Zusammentreffen bewegt haben, hat natürlich ihre Wahrnehmung der Welt geprägt und das heißt hier vor allem: ihre Wahrnehmung der Rolle und Position, die Afro-Amerikaner in Amerika (bzw. auch in Europa) einnehmen. Dies ist einfach nicht in Deckung zu bringen, wobei Son konsequenter die Bedingungen und die Basis ihrer Beziehung reflektiert als Jadine.


    Offene Enden, die kaum als Ende bezeichnet werden können, schätze ich auch nicht besonders, und hier war es mir definitiv zu extrem. Selbst nach einigem Nachdenken kann ich mich immer noch nicht entscheiden, was ich damit anfangen soll und was mir Morrison damit sagen wollte. Die namengebende Geschichte vom Hasen, der Hyäne und der Teerfigur kenne ich zwar, da sie in Afrika recht verbreitet ist, aber auch das hilft mir dabei gar nicht weiter. Schade!


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen