Eugene O'Neill – Trauer muß Elektra tragen

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    Inhalt: Mit dem Ende des Bürgerkriegs erwarten Christine Mannon und ihre Tochter Lavinia die Rückkehr von General Ezra Mannon und Orin. Während Lavinia sich darauf freut, den Vater zu Hause zu haben, damit die Mutter wieder „an ihre Pflicht erinnert“ wird, legt Christine nur wenig Wert darauf, ihren Gatten wiederzusehen. Einzig um ihren Sohn Orin ist sie besorgt, diesen hätte sie am liebsten gar nicht fortgelassen. Christine hat sich während der Abwesenheit ihres Mannes einen Geliebten zugelegt, pikanterweise einen Mannon aus verstoßener Linie, der unter dem Namen Adam Brant auftritt. Mit diesem bereitet sie die Vergiftung Ezras vor, was auch gelingt. Allerdings kommt Lavinia ihrer Mutter schnell auf die Schliche, und sie vermag auch ihren Bruder Orin davon zu überzeugen, daß die Mutter für ihre Tat büßen muß. Das Opfer dafür wird Adam, Christine verliert über dessen Ermordung die Nerven und erschießt sich selbst. Die beiden Geschwister verlassen das Haus für eine lange Reise, vor allem Orin ist unberechenbar geworden. Zurückgekehrt versucht vor allem Lavinia ein „normales“ Leben für beide einzurichten und betreibt nicht nur ihre eigene Verbindung mit dem Nachbarn Peter Niles, der sie seit Jahren liebt, sondern auch die Heirat von Orin und Peters Schwester Hazel. Aber Orin kann mit der Schuld, die er auf sich geladen hat, nicht leben. Zurück bleibt Lavinia, die sich in eine selbstgewählte Isolation zurückzieht, um auf ihren Tod zu warten.



    Meine Meinung: Das antike Vorbild des Untergangs der Atriden ist unverkennbar, selbst einige Namen sind gut zuzuordnen, vor allem Ezra Mannon (Agamemnon) und Orin (Orest). Aber Eugene O'Neill hat natürlich keinen exakten Transfer nach Neuengland 1865, wenn auch eine geniale Adaption vorgenommen. Das zeigt sich vor allem schon an dem Geschwisterpaar der Niles, für die es meiner Erinnerung nach im Original keine Entsprechung gibt. Diese beiden spielen aber im gerade im letzten Teil eine entscheidende Rolle, denn obwohl Peter und Hazel Lavinia und Orin gerne helfen wollen, so sind sie doch hilflos angesichts der schuldhaften Verstrickungen der Geschwister Mannon. Als schuldfreie und entscheidungsfähige Personen kontrastieren die Miles mit den Mannons in einer sehr grundlegenden Weise. Wie O'Neill hier die alten Fragen nach Schuld, Sühne und Opfer neu aufarbeitet, das ist hochgradig beklemmend, hat mir aber hervorragend gefallen.


    Schade, daß es in seiner kompletten Fassung als Trilogie für einen gewöhnlichen Theaterabend entschieden zu lang ist, und deshalb vollständig wohl nur selten, wenn überhaupt auf einer Bühne zu sehen ist, denn das würde bestimmt die Wirkung noch verstärken. Bei einer Kürzung müssen zwangsläufig Szenen wegfallen, und dafür kommen eigentlich nicht viele in Betracht, wenn der Zusammenhang, aus dem die Determiniertheit der Personen in von ihnen nicht zu kontrollierenden bzw. zu beeinflussenden Umständen deutlich wird, nicht wegfallen soll. Am ehensten könnte ich mir vorstellen, daß die Kürzung die jeweiligen Eingangsszenen der drei Teile trifft, was ausgesprochen schade wäre, weil sie eine wichtige Funktion in der inneren Struktur der Dramen wahrnehmen. Allen drei Szenen ist gemein, daß in ihnen eine Gruppe von weiters mit der Handlung nicht befaßten Personen, von O'Neill eher als Archetypen denn als Charaktere angelegt, eine Außensicht auf die Familie Mannon präsentiert. Gerade auch in dieser „Wiederholung“ zeigt sich die konsequente Komposition des Stücks und ein weiterer Bezug zur Vorlage, indem die Grüppchen wie ein antiker Chor agieren.


    5ratten

    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Meine Meinung

    Ein sehr beeindruckendes Stück, das ich gerne auf der Bühne sehen würde. Auch wenn das Thema nicht neu ist (die Geschichte schon gar nicht), war Trauer muss Elektra tragen sehr spannend zu lesen, mehr ein Krimi als ein Theaterstück. Mir war von Anfang an klar, welches Ende die Geschichte nehmen würde. Die Personen auf dem Weg dorthin zu beobachten ohne eingreifen zu können, hat mir trotz des Endes sehr gut gefallen.

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.