Herman Melville - Maskeraden. Oder Vertrauen gegen Vertrauen

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    Dies war der letzte in der Reihe von HermanMelvilles großen Romanen, und damit habe ich sie alle beisammen.


    Ein Unbekannter schifft sich in St.Louis auf einem Mississippi-Dampfer zur Reise nach New Orleans ein; ein Steckbrief an Bord verkündet die Suche nach einem Betrüger. Während der Reise erscheint ein Mann in den unterschiedlichsten Verkleidungen und verwickelt die anderen Passagiere in tiefschürfende Dialoge über Vertrauen und Menschenfreundlichkeit. Fast immer gelingt es ihm, seinen Gesprächspartnern mehr oder weniger viele Dollars zu entlocken, indem er ihre Skepsis, ihr Misstrauen und ihre Vorsicht durch den sittlichen Appell an menschliches Vertrauen unterläuft.


    Das ist das grobe Handlungsgerüst von Herman Melvilles letztem großen Roman, „The Confidence-Man“. Im kleinen, aber offenbar völlig furchtlosen Achilla-Presse-Verlag liegt eine deutsche Übersetzung unter dem Titel „Maskeraden. Oder Vertrauen gegen Vertrauen“ vor, die dieses letzte, etwas aus der Reihe fallende Werk erschließt. Als nur unwesentlich billigeres Taschenbuch ist es bei btb zu bekommen.


    „Maskeraden“ ist äußerlich als Gesellschaftssatire angelegt, das Niveau dieses Konversationsstückes reicht in einigen seiner Facetten bis in die Höhen von Plato und Shakespeare hinauf. Viel mehr als Gesprächsepisoden sind darin aber nicht enthalten, es ereignet sich ansonsten eigentlich nichts. Wer das Buch unvoreingenommen in die Hand nimmt, wird sich mit Recht fragen, wo die Handlung geblieben ist.


    Der Ton, den Melville hier anschlug, ist ein schadenfroher sarkastischer Humor. Manchmal erinnert er damit an die ernsteren satirischen Erzählungen eines Mark Twain, unterscheidet sich von diesem aber in einem wesentlichen Punkt: in den „Maskeraden“ weht ein eisiger Wind. Es gibt weder unter den Betrügern noch unter den Betrogenen auch nur eine einzige positiv besetzte Figur. Die Betrogenen sind Geizhälse, Ausbeuter, Prahlhänse oder Eiferer, denen ausgerechnet ein Betrüger vorführt, dass die religiös geprägten Werte von Güte, Vertrauen und Menschenfreundlichkeit nur eine dünne Schicht sind, unter der Misstrauen, Geiz, Unbarmherzigkeit regieren. Ausgerechnet einem Hochstapler bleibt es vorbehalten, die Hartherzigkeit seiner Gesprächspartner durch Appelle an Vertrauen und Güte zu brechen. Vertrauen, das dem Roman im Original den Namen gab und darin immer wieder beschworen wird, ist, so das bis zur Gehässigkeit bittere Fazit, etwas, das Betrüger einfordern und Betrügern gewährt wird.


    Als Melville die „Maskeraden“ schrieb, war seine schriftstellerische Laufbahn bereits ruiniert. Drei groß angelegte, hoch ambitionierte Romane waren völlig durchgefallen, materiell herrschte größte Not. Man kann „Maskeraden“ als eine Art letzte Abrechnung des Autors mit Gesellschaft und Leserschaft sehen, die es zu ihrer Zeit nicht fertig brachte, ihm in die Tiefen seiner Einsichten und Gedankengänge zu folgen. Nach dem Mystiker, der an den alten Mythen verzweifelt, wurde Melville zum Autor, der an seinem Publikum verzweifelte.


    Das Buch ist für gelegentliche Melville-Leser im Grunde ungeeignet. Für Melville-Fans ist es eigentlich Pflicht.