John Katzenbach - Das Opfer

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    Mir liegt zugegebenermaßen nicht die Neuauflage sondern eine Weltbildausgabe vor.


    John Katzenbach - Das Opfer
    Originaltitel: The wrong man
    Weltbild
    ISBN 978-3828990432
    Deutschsprachige Lizenzausgabe 2007
    aus dem Amerikanischen übersetzt von Anke Kreutzer
    Umschlaggestaltung Jarzina, Kommunikations-Design, Köln
    Taschenbuch mit Breitklappenbroschur, 654 Seiten


    Autorenseite http://www.johnkatzenbach.de


    Zum Autor


    Katzenbachs bevorzugtes Genre sind Psychothriller. Vielleicht weil seine Mutter als Psychoanalytikerin tätig ist und er früh mit der Materie in Kontakt kam? Vielleicht weil er während seiner Zeit als Gerichtsreporter von der Thematik infiziert wurde? Was immer ihn motiviert, mit seinen Romanen dazu begeistert er nicht nur eine breite Leserschaft in Amerika. Katzenbach, der (weil er mit der filmischen Umsetzung eines seiner Romane nicht zufrieden war) auch schon mal selbst die Drehbücher zu seinen Romanen schreibt, interessiert sich darüber hinaus für Baseball, Hunde und Politik.


    Zum Buch / Meine Meinung


    Das Cover – im Fall der Weltbildausgabe eine gekrümmte Hand, die Kratzspuren in Rot hinterlässt – passt für mein Empfinden sehr viel besser, als die späteren Motive. Es symbolisiert sowohl die Hilflosigkeit und Anspannung der Opfer als auch die Gefahr oder Anspannung, die von Tätern ausgeht, nahezu perfekt.


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    Zitat

    „Wollen Sie eine Geschichte hören? Eine wirklich außergewöhnliche Geschichte?“


    Mit diesen Worten lädt Katzenbach nicht nur seine Leser in einen der beiden Handlungsstränge seines Romans ein. Man landet in den Staaten, in der jetzigen Zeit, bei durchschnittlichen Menschen. Nun ja, nicht ganz, denn nach diesen Worten wird – vermutlich einem Journalisten – in verschiedenen Kapiteln eine Geschichte erzählt, zu der er Nachforschungen anstellt. Eine Geschichte auf Leben und Tod. Einer Geschichte über eine Obsession. Das Warum und Weshalb, der Wahrheitsgehalt selbst, offenbart sich Stück für Stück, je mehr recherchiert wird. Schon bald wird klar, dass eigentlich nur jemand, der darin involviert ist, sie erzählen kann; doch wer das ist, kommt erst zum Schluss mehr oder weniger heraus. Der zweite Handlungsstrang befasst sich abwechselnd dazu mit der Geschichte selbst. Der Geschichte von Ashley, einer modernen und selbstbewussten Frau, die sich nach einem One Night Stand in einem Albtraum wiederfindet. Verwelkte Blumen an ihrer Haustür sind dabei ihr kleinstes Problem. Michael O’Connell, ein Psychopath, Computerfreak und Hacker, gibt vor sie zu lieben. In Wahrheit ist er von der jungen Frau und dem Wunsch sie zu besitzen, besessen. Jeder von dem er annimmt, dass er sich zwischen ihn und seine Liebe drängt, bekommt seinen Hass zu spüren. Jeder gerät dadurch in Gefahr, sogar Ashley selbst.


    O’Connell schaltet nicht nur einen vermeintlichen Nebenbuhler durch einen brutalen Überfall aus, er sorgt auch dafür, dass ihre Freundin sich von Ashley distanziert. Seinetwegen verliert sie ihren Job und sieht sich zunehmend in die Isolation gedrängt, weil er nach und nach für Ashleys Kommilitonen ein Bild von ihr zeichnet, das nicht sehr liebenswert ist. Auch Ashleys Vater, ihre Mutter und deren Lebensgefährtin sowie die Mutter der Lebensgefährtin sind vor seinen Attacken nicht sicher – allerdings lassen die sich nicht so schnell einschüchtern. Doch weil Statistiken zufolge bei Anzeigen die Gewaltbereitschaft von Stalkern oftmals explodiert, wenden sie sich weder an die Polizei noch nehmen sie gerichtliche Hilfe in Anspruch. Als immer klarer wird, dass Ashley keine Ruhe vor ihm haben wird, dass O’Connell für seine Besessenheit sogar über Leichen geht, beschließen sie, den Spieß herumzudrehen und sind bereit zu O’Connells Methoden zu greifen. Opfer und Täter vertauschen ihre Rollen.


    Letzteres gestaltet sich zugegebenermaßen etwas melodramatisch, und auch dazwischen möchte man sich bisweilen einfach an den Kopf fassen. Etwa wenn Ashleys Mutter jemanden engagiert, der sich um O’Connell kümmert, obwohl Ashley selbst zu diesem Zeitpunkt bereits an einen anderen, dem Psychopathen völlig unbekannten Ort gebracht wurde. Dass der Versuch nach hinten losgeht, war sofort völlig klar. Auch wurden Möglichkeiten, den Stalker legal zumindest vorübergehend aus dem Verkehr zu ziehen, nicht genutzt. Etwa, bei einem Einbruch ins Haus der Mutter, bei dem O’Connell zwar den Hund der Familie tötet, selbst jedoch gebissen wird. Allein schon in der Zeit, in der sich O’Connell beispielsweise wegen Einbruchs hätte verteidigen müssen, hätte man Ashley in Sicherheit bringen können. Ebenfalls auffällig war das stellenweise blauäugige Verhalten der Familie, während sie andererseits geradezu die Flöhe husten hörte.


    Hat das mich das beim Lesen gestört? Eindeutig nein. Wer kann schon sagen, wie er in einer solchen Bedrohungssituation reagiert. Wie stark die Nerven sind, wenn Dinge im eigenen Leben und persönlichen Umfeld geschehen, die man sonst nur aus dem Fernsehen, Romanen oder allenfalls von der Freundin der Schwester einer Bekannten kennt. Ich nicht.


    Katzenbach setzt in seinen Romanen weniger auf auffällige Gewaltszenen. Vielmehr nutzt er auch in „Das Opfer“ oftmals nur angedeutete Handlungen; verrät mehr durch das Weglassen blutiger Szenen oder brutaler Überfälle. Steigert und schlägt so einen Spannungsbogen, der einen mit den einzelnen Figuren mitfiebern, stellenweise auch mitleiden und hoffen lässt, dass man im realen Leben niemals jemandem begegnet, der sich auf so abartige Weise ins eigene Leben schleicht, wie O’Connell das bei Ashley macht. Seine Figuren sind klar gezeichnet, nicht übertrieben dargestellt und glaubwürdig. Michael O’Connells Vorgehen erscheint nicht konstruiert. Die Ängste, die er hervorruft, sich nachvollziehbar.


    Fazit


    „Das Opfer“ hat mich schnell in seinen Bann gezogen und ich habe es in einem Rutsch durchgelesen. Auf einer Skala von 1 bis 5 Punkten vergebe ich für Ashleys Leidensweg 4 Punkte. Wer sich überängstlich fragt, ob der Schatten vor dem Fenster von dem davorstehenden Baum oder einem eventuellen Beobachter hervorgerufen wird, sollte vielleicht die Finger davon lassen.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens (AJ)



    4ratten

    Man sagt, dass die Welt ohne Fantasie ein trostloser Ort wäre.<br />Doch was wäre die Fantasie ohne Worte? Sie sind die Flügel, auf denen Fantasien in die ganze Welt gelangen können.