[Südafrika] Es'kia Mphahlele – Chirundu

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    Autor: Es'kia Mphahlele
    Titel: Chirundu
    Originaltitel, Jahr: Chirundu, 1979
    Übersetzung aus dem Englischen: Ulrich Wittmann
    Verlag: Peter Hammer
    ISBN: 3-87294-248-4
    Ausgabe: Broschiert
    Seiten: 221



    Inhalt: Sambia kurz nach der Unabhängigkeit. Der Minister Chimba Chirundu steht wegen Bigamie vor Gericht, angeklagt hat ihn seine erste Frau, Tirenje. Diese hatte er vor Jahren nach traditionellem Recht geheiratet, die Ehe später aber vor der britischen Behörde registrieren lassen. Damit ist ihm die Polygamie offiziell untersagt, aber trotzdem und in voller Kenntnis der Unrechtmäßigkeit dieser Handlung eine zweite Frau gleichfalls nach zivilrechtlichen Bedingungen geheiratet. Tirenje, die sich schon lange von Chimba vernachlässigt fühlt, und zudem bereits ahnte, daß eine weitere Frau im Spiel sein würde, will zwar vor allem ihren Mann zurück, ihm sein Verhalten aber auch nicht durchgehen lassen. Chirundu fühlt sich von der ganzen Angelegenheit vornehmlich belästigt, als Minister hält er sich über solche Vorschriften für erhaben. Seine Stimmung wird auch nicht dadurch verbessert, daß sein Neffe Moyo, dem er Zugang zu einem Job als Fahrer vermittelt hat, sich seit einiger Zeit in der entsprechenden Gewerkschaft engagiert und diese einen Streik vorbereitet, denn dieser betrifft Chirundus Geschäftsbereich. Aber Chirundus Vertrauen in seine Bedeutung wird durch das Abrücken seiner Amtskollegen von ihm und den Verlauf des Prozesses doch erschüttert ...



    Meine Meinung: Sowohl die Vorgeschichte wie der Prozeß als auch die „Begleitmusik“ durch den Streik erzählt Mphahlele aus dem Blickwinkel der drei hauptsächlich beteiligten Personen: Chirundu, Tirenje und Moyo. Dadurch ergibt sich trotz der Kürze ein ziemlich komplettes Bild, in dem Mphahlele vieles an Kritik gegen die postkolonialen Eliten unterbringt, denn Chirundu steht hier exemplarisch für seine Klasse. Korruption, Nepotismus, die Vorstellung, über dem Gesetz zu stehen, bis hin zum Größenwahn, all das vereinigt sich in Chirundus Person. Gleichzeitig gelingt noch weitere Gegenüberstellungen: zwischen traditionellen, eher dörflichen Vorstellungen und modernem, von europäischen Wertmaßstäben geprägtem Leben in der Stadt, zwischen Männer und Frauen, zwischen verschiedenen Ethnien und ihren seit Jahrhunderten miteinander verflochtenen Geschichten von gegenseitiger Freund- oder Feindschaft, die unter den neuen Bedingungen eines „National“staates gleichfalls auf eine Grundlage gehoben werden, ohne daß alte Vorurteile sich deswegen in Luft auflösen. Das könnte den Roman überladen, aber Mphahlele gelingt eine gute Mischung, auch weil er nicht jedes dieser Themen erschöpfend behandelt, sondern manches auch in Andeutungen stehenläßt. Aber alle diese Bruchlinien sammeln sich hier in einer Familie mit Chirundu als Fluchtpunkt, so daß man durchaus ein Gespür dafür bekommt, wie die Stimmung in jener Zeit gewesen muß.


    Ärgerlich ist allenfalls die Vielzahl an Druckfehlern in diesem Buch. Die kann man natürlich dem Autor nicht anlasten, aber es war streckenweise schon arg: fehlende Buchstaben, falsche Genera, falsche Pronomen usw. usf. Fehler können passieren, aber hier habe ich mich wirklich gefragt, ob vor dem Druck jemand Korrektur gelesen hat. Das hat mein Lesevergnügen doch deutlich getrübt, wer sich vor dem Lesen auf Englisch nicht scheut, sollte vielleicht lieber zum Original greifen, das ich mir wohl noch zulegen werde. Da der Roman selbst aber nichts dafür kann, berücksichtige ich dies bei der Bewertung nicht.


    4ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen