Michael Lewis - Boomerang. Europas harte Landung.

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    Über die Finanzkrise gibt es weiß Gott genug zu lesen. Dieses Buch bringt in der Sache keine wirklich ganz neuen Einsichten; auch die Ergebnisse der Interviews, die der Autor wiedergibt, sind nicht wirklich überraschend, das meiste hatte man sich so oder so ähnlich bereits gedacht oder aus anderen Quellen erfahren.


    Weshalb ich das Buch empfehle, ist die interessante Perspektive des amerikanischen Autors. Ausgehend von dem bekannten Umstand, dass zu Beginn des neuen Jahrtausends die Kapitalmärkte mit Unsummen niedrigst verzinsten und damit spottbilligen Geldes geflutet wurden, zeigt Lewis, dass diese Überflutung zwar eine gemeinsame Klammer um die Ereignisse der letzten Jahre bildete, diese Ereignisse selbst aber von Land zu Land höchst unterschiedlich ausgeprägt waren. Es führte nicht ein einzelner Weg in die Finanzkrise, sondern viele von nationalen Eigenheiten geprägte Wege. Das wird an vier Beispielen demonstriert:


    In Island verwandelte man ein Volk von gerade 300.000 Köpfen in einen – absurd schlecht gemanagten – Hedgefonds. In Griechenland trieb eine Bevölkerung die zur Lebensmaxime gewordene Neigung zur Ausplünderung des Staates in unvorstellbare Ausmaße. Irland verpulverte die Geldschwemme in einer als landesweites Schneeballsystem organisierten Immobilienblase. Und viertens: Deutschland, wo das Vertrauen in Spielregeln – oder genauer: die Vertrauensseligkeit gegenüber der eiskalten Missachtung von Spielregeln – den im Anleihegeschäft an der Wallstreet dilettierenden deutschen Banken milliardenschwere Lasten aufhalste.


    Man mag dem Autor unzulässige Generalisierungen vorhalten. Trotzdem ist die Zuordnung bestimmter und voneinander unterschiedener Ausprägungen des Versagens zu einzelnen Ländern nicht schlecht belegt. Interessant, gerade auch für den deutschen Beobachter ist, dass die Analyse gerade der griechischen Verhältnisse belegt, dass es hier nicht um ein rein deutsches Vorurteil geht; aus der Sicht eines amerikanischen Fachautors ist das Urteil ganz ähnlich – vernichtend.


    Das Buch schließt mit einem längeren Kapitel über die unmittelbaren Auswirkungen der Austrocknung kommunaler Haushalte in den USA selbst im Gefolge der Finanzkrise.


    Was mich nach der Lektüre nachdenklich machte, ist, dass die Mittel zur Bewältigung der Krise genau dem entsprechen, was die letzte erst erzeugt hat: die Bereitstellung bizarrer Geldmengen durch die Notenbanken zu billigsten Zinsen. Es müsste schier an ein Wunder grenzen, wenn damit nicht die nächste Blase – diesesmal eine Inflationsblase? – aufgepustet würde.


    Das Buch ist recht leicht zu lesen, verschafft aber trotzdem einen guten Überblick über die Zusammenhänge. Im Rahmen seines Anspruchs ist es eine Empfehlung allemal wert.


    4ratten