[Argentinien] Tomás Eloy Martínez – Santa Evita

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    Inhalt: Am 26. Juli 1952 stirbt Eva Perón, genannt Evita. Und was folgt ist so abenteuerlich wie ihr Leben. Dr. Ara, ein spanischer Spezialist, wird beauftragt, sie einzubalsamieren, um ihren Körper für die Ewigkeit zu bewahren, obwohl die Mutter lieber eine normale Beisetzung gehabt hätte. Aber nach Peróns Sturz stört die neuen Machthaber selbst diese Leiche, die nun verschwinden soll, und das möglichst unauffällig. Eine ganze Reihe von Offizieren bemühen sich darum, mehr oder weniger erfolglos, denn Evitas Anhänger scheinen immer zu wissen, wo sie sich befindet, trotz der drei Wachskopien, die Ara zur Verwirrung etwaiger Leichenräuber angefertigen ließ. Und auch der Leichnam selbst scheint Einfluß darauf zu nehmen, was mit ihm geschieht. Die verrückte Reise des Körpers führt nicht nur durch Argentinien, sondern bis nach Europa und kostet manchen Beteiligten die (geistige) Gesundheit oder gar das Leben.



    Meine Meinung: Martínez beschränkt sich nicht auf die Zeit nach Evitas Tod, sondern flicht immer wieder Rückblicke ein, aus denen sich Evitas Leben rekonstruiert. Er selbst tritt als recherchierender Journalist auf, der von Menschen, die mit den Peróns in Berührung gekommen sind, seine Informationen erhält, seien es Anekdoten oder Aufzeichnungen. Manches scheint sich auch eher zufällig zu ergeben und manches bleibt einfach lückenhaft, was den realen Eindruck unterstreicht. Es sind nicht nur viele Personen, sondern fast ebenso viele Interessen im Spiel, so daß man als Leser schon ein paar Bälle im Auge behalten muß, zumal die ganze Erzählung alles andere als linear ist. Obwohl ich mit recht wenig Ablenkung gelesen habe, hatte ich doch manchmal ein wenig Mühe, alle Figuren wieder an ihren richtigen Platz zu schieben. Letztlich ist das aber vielleicht gar nicht das entscheidende, denn vieles rund um den einbalsamierten Leichnam ist derart absurd, daß ich nicht wußte, ob ich darüber schmunzeln oder irritiert sein sollte.


    Der Roman wirkt wie eine Mischung aus Fiktion und journalistischer Reportage, ist es bis zu einem gewissen Grade wohl auch, und ich finde es im Einzelfall schwer zu entscheiden, wo die Grenze zwischen beiden verläuft, das ging mir bei seinem Der General findet keine Ruhe über Juan Domingo Perón auch schon so, vielleicht sollte ich es einfach als Martínez' „Markenzeichen“ betrachten. Tatsächlich sind etliche der Namen echt, man kann sie leicht bei entsprechenden Recherchen wiederfinden, inwieweit das auch für einzelne Aktionen gilt, ist eine andere Frage. Speziell das obsessive Verhalten des Obersten Moori Koenig im Hinblick auf den Leichnam müßte bedenklich stimmen, wenn es dieses Ausmaß tatsächlich angenommen hatte. Als Darstellung dessen, was Totenkult bzw. die Angst vor einem solchen auslösen kann sowie als eine Art Psychogramm der nahen Beteiligten war es jedenfalls interessant zu lesen, auch wenn ich mehr als einmal voll Unverständnis über die Handlungen und Motive den Kopf geschüttelt habe.


    4ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen