Torsten Schneyer/Adversus - Der Zeit abhanden

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    „Elf Märchen für Entflohene“ verspricht das Buch „Der Zeit abhanden“ von Torsten Schneyer. Wobei die Kategorie Buch nur unzutreffend das „Gesamtkunstwerk“ (Schneyer) erfasst, denn die knapp 160 Seiten starke Erzählsammlung ist zusammen mit einer CD von Schneyers Band „Adversus“ in einem schick aufgemachten Pappschuber erschienen. Buch und CD verweisen aufeinander: Die Texte finden sich im Buch, die Geschichten aus dem Buch auf der CD. Doch das Buch ist mehr als ein zu groß geratenes Booklet, die düsteren Erzählungen sollen deshalb an dieser Stelle für sich besprochen werden. Die Kritik des musikalischen Parts reduziere ich auf den Hinweis, dass zuerst die Lektüre des Buches erfolgen sollte, um anschließend die angelesenen Bilder im Kopf mit der passenden neoklassisch-brachialen Klangkulisse zu unterlegen. Kopfkino at its best. Bilder finden sich übrigens auch im Buch, von Schneyer selbstgemalte, die die einzelnen Geschichten einleitend illustrieren. Die sind stets chromschwarz-dreckigweiß und diese Farbwahl leitet passend zu den elf melancholischen Nachtstücken über, die in bester Tradition eines Hoffmanns stehen. Da rächen sich gequälte Spinnentiere an ihrer Peinigerin, Zeit und Raum verlieren ihre verlässliche Größe und Ängste und Hass der Menschen nähren unterirdisch wuchernde Krebsgeschwüre. Die böse Tat hat böse Folgen; das ist der rote Faden, der sich durch beinahe alle Geschichten spinnt und „Der Zeit abhanden“ zu mehr macht, als eine weitere Gespenstergeschichten-Anthologie. Hier schimmert bei allem Leid auch immer die Sehnsucht nach einer Menschlichkeit durch, die verhindert, dass bloßer Kulturpessimismus in Zynismus und Fatalismus umschlägt. Aber ich will nicht zu dick auftragen, Schneyer ist schlichtweg sehr gute phantastische Literatur gelungen. So wie sie sein muss, als Einbruch des Unheimlichen in eine unheimlich normale Welt. Um zum Abschluss dann doch noch auf das Gesamtwerk einzugehen: Artwork, Musik, Geschichten neigen zum Pathos, und dieses Pathos zu benutzen und dem Kitsch zu entkommen, das ist die große Kunst, die Schneyer/Adversus mit „Der Zeit abhanden“ rundherum gelungen ist. Und wer noch nicht der Tristesse des Alltags entflohen ist, dem helfen die elf schwarzromantischen Märchen zum Entfliehen.


    EDIT: Autorennamen im Betreff ein "n" spendiert sowie Amazonlink eingefügt. LG, Saltanah

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()