Joe Bausch - Knast

Es gibt 1 Antwort in diesem Thema, welches 1.588 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Klappentext
    „Ich bin der Hausarzt von Mördern, Totschlägern, Vergewaltigern, Kinderschändern, Erpressern, Betrügern und Dieben. Ich bin RAF-Terroristen begegnet, Wirtschaftskriminellen, Brandstiftern und Frauen, die ihr Baby umgebracht haben. Aber auch vielen Eierdieben.
    Im Knast ist alles echt. Hier stehst du nicht mehr auf Brettern, die die Welt bedeuten. Hier stehst du knöcheltief in der Scheiße, bist konfrontiert mit einer Realität, die dir alles abverlangt."


    Der Autor
    Joe Bausch, Jahrgang 1953, arbeitet seit 1986 als Regierungsmedizinalrat in der JVA Werl. Er ist bekannt durch seine Rolle als Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth in der Krimiserie „Tatort“.



    In seinem Buch erzählt der Arzt sachlich und sehr ausführlich über das Leben im Gefängnis. Er schildert den Tagesablauf mit diversen Knastritualen, beschreibt die Einrichtungen und Versorgung der Gefangenen und die verschiedenen Typen von Straftätern. Dabei beschränkt er sich zum größten Teil auf seine eigenen Erfahrungen. Die wenigen Fälle, von denen er konkret erzählt, sind so verfälscht, dass keine Insassen erkannt werden können, wie Bausch selbst im Vorwort schon erklärt. Wer reine Knastgeschichten sucht, wird enttäuscht sein, denn Sensationslust wird hier nicht befriedigt. Trotzdem bekommt man einen guten Einblick, wie hart und kompromisslos das Leben dort ist. Nicht nur die Häftlinge, sondern auch das Gefängnispersonal kommen oft an die Grenzen des Erträglichen. Der Arzt ist dabei als Anlaufstelle für die körperlichen und seelischen Probleme der Häftlinge nicht ausgeschlossen.


    Joe Bausch belässt es nicht bei reiner Berichterstattung, sondern übt auch Kritik am Strafvollzugssystem, vor allem der Sicherungsverwahrung. Er nennt Gründe, warum manche Menschen zu Straftätern werden, und gibt Lösungsansätze, die freilich in den meisten Fällen nicht realisierbare Theorie bleiben, weil die Entwicklung zum Kriminellen oft schon im Kindesalter durch das soziale Umfeld beginnt.


    Andere Autoren, z. B. Josef Wilfling oder Ferdinand von Schirach, erzählen aus einem anderen Blickwinkel von denselben Betroffenen, aber letztlich nur, um die Leserschaft zu unterhalten oder vielleicht sogar aus egoistischen Gründen. Bausch hingegen sieht auch den Menschen hinter dem Täter. Ihm liegen die Häftlinge am Herzen und ein Vollzugssystem, das nicht nur bestraft, sondern positiv darauf einwirken sollte, Straftäter zu resozialisieren. Für manche Leser mag seine Art dabei schulmeisternd wirken, aber das hängt auch davon ab, wie gerne sich der Einzelne etwas sagen lässt.


    Als unbescholtener Bürger ist man weit entfernt von Straftaten und allem, was dazugehört. Oft fragt man sich, warum Häftlingen durch Maßnahmen, die der Steuerzahler finanziert, das Leben im Knast erleichtert werden soll. Nach diesem Buch sieht man diese Problematik vielleicht mit anderen Augen. Investiert man an der richtigen Stelle, könnten viele Häftlinge nach dem Absitzen ihrer Strafe leichter wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden und damit auch dem Steuerzahler nicht mehr zur Last fallen, sondern selbst ihren Teil beitragen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Ich habe mittlerweile die Kommentare zu dem Buch auf Amazon gelesen, wobei mich immer die schlechten Bewertungen interessieren. Insgesamt schneidet "Knast" sehr gut ab, unter bislang 28 zumeist sehr guten Bewertungen nur eine 2-Stern-Rezension. Die Argumente des Urhebers kann ich nicht ganz nachvollziehen. Er stößt sich daran, dass Bausch einen Alltag hinter Gefängnismauern schildert, der so nicht stattfindet, und moniert die unflätige Ausdrucksweise, die Bausch wiedergibt. An eigenen Erfahrungen kann der Rezensent mit einem einwöchigen Knastaufenthalt aufwarten sowie schriftliche Korrespondenz, die er über viele Jahre mit zahlreichen Gefangenen führte. Nun stammt sein eigenes Buch aus dem Jahr 1974 und seither hat sich in Vollzugsanstalten einiges geändert, wie Bausch beschreibt. Außerdem dürfte Bausch, der seit 25 Jahren täglich im Knast arbeitet und intensive persönliche Gespräch mit Gefangenen führt, sämtliche Nuancen des Knastjargons und Gefängnisalltags kennen.


    Schade, dass es immer wieder Neider gibt, die die gute Arbeit anderer nicht anerkennen wollen.