Hartmut Esser - Soziologie. Die Konstruktion der Gesellschaft

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    Voller Titel: Soziologie. Spezielle Grundlagen. Band 2: Die Konstruktion der Gesellschaft


    "Die auf sechs Bände angelegten Speziellen Grundlagen der Soziologie sind eine Weiterführung und Vertiefung des Einführungswerkes Soziologie. Allgemeine Grundlagen von Hartmut Esser. Esser stellt die zentralen Gegenstandsbereiche und theoretischen Herangehensweisen der Soziologie umfassend dar. Sein ansatz verbindet die wichtigsten Konzepte der Soziologie, Sozialpsychologie und Ökonomie zu einem allgemeinen sozialwissenschaftlichen Erklärungsprogramm.


    Seit jeher richtet sich das Interesse der Soziologie auf gleichgewichtige und sich in Form von Prozessen reproduzierende und gegebenenfalls wandelnde soziale Gebilde, die inzwischen die allgemeine Bezeichnung „soziale Systeme“ gefunden haben. Im zweiten Band geht es um die Frage, wie sich diese sozialen Systeme herausbilden, reproduzieren und verändern, insbesondere im Hinblick auf die Strukturen ganzer Gesellschaften.

    Meine Meinung:


    Esser behandelt in seinem Buch unter anderem folgende Themen:


    - Emergenz und Transformation
    - Akteure und soziale Systeme
    - soziale Differenzierung
    - soziale Ungleichheit
    - Inklusion und Exklusion
    - Integration
    - sozialer Wandel
    - Die Gesellschaft der Menschen


    Natürlich habe ich das alles schon im Laufe meines Studiums gehört und gelesen, trotzdem ist es immer wieder interessant, wie ein Autor sozialwissenschaftliche Begrifflichkeiten definiert und erklärt.
    Hartmut Esser schafft es, die einzelnen Phänomene der Soziologie gut zu erklären, bringt schlüssige Beispiele und vieles wird am Ende zu einem großen Konstrukt zusammengefügt.
    Da es sich um spezielle Grundlagen handelt, würde ich das Buch wahrscheinlich nur jemandem empfehlen, der sich schon mit den allgemeinen Grundlagen der Soziologie beschäftigt hat. Ansonsten ist es höchstwahrscheinlich nötig, einiges nachzuschlagen.


    Darüber hinaus gibt es in dem Buch einige Exkurse, z.B. "über die Frage, ob die sogenannte Individualisierung überhaupt eine ist".
    Aufgefallen ist mir zudem, dass auch bedeutende soziologische Theorien (besonders die Systemtheorie von Luhmann), wenn auch nur am Rande, daraufhin untersucht werden, wie realitätsnahe sie sind. Über die Systemtheorie Luhmanns lässt sich viel diskutieren, nur so viel: er ging davon aus, dass die Gesellschaft als ein übergeordnetes Gebilde funktioniert, wo es nur eine Weltgesellschaft gibt, welche sich durch Kommunikation reproduziert.


    Meiner Meinung nach ist das Buch sehr gut geeignet, wenn man sich mehr mit der Soziologie beschäftigen möchte oder Grundbegriffe wieder aufgefrischt werden sollen.

  • Danke für die Rezi. Würde mir wünschen, wenn du ein paar interessante zentrale Thesen explizit herausgreifst, um ein Gefühl dafür zu erhalten womit sich moderne Soziologie heute beschäftigt. Die Rezension eines Fachbuches, welches ich wohl nie lesen werde, ist für mich nur mäßig interessant.
    Gruss Thomas

  • Darüber hatte ich auch nachgedacht, war mir nur unsicher, ob so etwas mit in den Thread gehört.
    Das werde ich nachher/morgen aber noch nachholen!

  • So, ich habe nun noch, wie gewünscht, ein paar zentrale Aussagen des Buches zusammengefasst.


    Aus dem Bereich "Akteure und soziale Systeme":


    1. "Soziale Systeme" sind beispielsweise Familien, Haushalte, Betriebe oder aber auch Dörfer oder Städte. Sie reproduzieren sich über soziales Handeln. Esser schreibt hierzu: "Diese Ketten des materiell und symbolisch wirksamen und einander anschließenden sozialen Handelns nehmen mit ihrer jeweils typischen materiellen Leistung und ihrem jeweils typischen Sinn dann oft eine ganz bestimmte Gestalt an und reproduzieren sich darin." (Esser 2000: 33). Menschen sind so gesehen die Akteure, die die Kommunikation ausführen, die sozialen Systeme die Orte, wo die Kommunikation stattfinden kann.


    2. Soziale Systeme können somit als Prozesse angesehen werden, welche sich immer wieder selbst reproduzieren und somit stabilisieren. Man kann es so verstehen, dass Kommunikation nie aufhört, selbst keine Antwort ist so gesehen eine Reaktion, worauf man antworten muss - und wenn dies beinhaltet, dass Akteuer X weggeht.
    Soziale Systeme sind unabhängig von individuellen Akteuren, es geht nich darum, wer die Handlungen ausführt, sondern dass irgendjemand diese Handlung ausführt. Ein Beispiel wäre ein Fußballverein, das Spiel ist nicht an bestimmte Akteure gebunden, es muss nur irgendjemand da sein, der die Rolle des Trainers oder jemand der die Rolle des Spielers übernimmt.
    Soziale Systeme und Akteure sind jedoch wechselseitig voneinander abhängig: Das soziale System braucht Akteure, die das System am Leben erhalten und die Akteure brauchen das System, welches bestimmte Handlungsinhalte vorgibt (beim Fußballverein sind andere Handlungsinhalte wichtig als beispielsweise in der Familie).


    "Soziale Ungleichheit":


    1. Es werden verschiedene Arten sozialer Ungleichheit definiert:
    - demographische Ungleichheit, hierzu zählen das Geschlecht, das Alter, regionale Herkunft, ethnische/nationale Herkunft
    - funktionale Ungleichheit, hierbei ist die Inklusion eines Individuums gemeint, welche sich auf funktionale Bereiche der Gesellschaft bezieht. Ein Beispiel wäre, dass der Fußballtrainer bestimmt, auf welcher Position der Spieler spielen soll. Sport, genauer gesagt, Fußball wäre ein funktionaler Bereich der Gesellschaft und die einzelne Position des Spielers wäre ein genau definierter Platz in dieser Sphäre. Positionierungen lassen sich auch anhand des Jobs festmachen, wenn der Chef entscheidet, wer die Beförderung bekommen soll.
    Hieraus ergibt sich im Laufe eines Lebens die "funktionale Biografie" (Esser 2000: 124), in der ersichtlich wird, wer welche Positionen eingenommen hat und wie viele.
    - kulturelle Ungleichheit, hierbei ist die Teilhabe an bestimmten Lebensweisen gemeint, die zumeist durch die Sozialisation vorgegeben sind.
    - normative Ungleichheit, hierbei ist die Zugehörigeit zu bestimmten Subkulturen oder die Beteiligung an sozialen Bewegungen gemeint.



    Vorerst werde ich nur diese Punkte darstellen, vielleicht kommen noch mehr.
    Und ich möchte darauf verweisen, dass es sich hierbei um Grundlagen handelt, es werden spannendere und komplexere Thesen folgen, wenn ich beispielsweise Elias oder Beck lese und kommentiere.

  • Danke für deine Ausführungen, kleinerHase. Ein wirklich interessantes Thema! :winken:

    //Grösser ist doof//

  • Ich denke, es werden noch spannendere Bücher folgen, von denen ich berichten kann. :winken: