Colm Tóibín - Der Zauberer

  • Kaufen* bei

    Amazon
    * Werbe/Affiliate-Link


    Das Leben eines Schriftstellers als Roman, kann das gutgehen? Und wenn es sich bei dem Schriftsteller um jemand wie Thomas Mann handelt, stellt sich die Frage, ob der Autor dieses Romans dem Werk der Person, über die er schreibt, gerecht werden kann.


    Um die Frage gleich zu Anfang zu beantworten: es kann durchaus gutgehen. Mehr noch: Colm Tóibín schafft es, nicht nur das Leben Thomas Manns zu erzählen, sondern auch das seines Bruders Heinrich. Der konnte nach dem Tod des Vaters gleich seinen Traum erfüllen und mit dem Schreiben beginnen, während der jüngere Bruder in die Schule gehen und später einen Beruf ergreifen musste, der ihm zutiefst zuwider war. Aber er schaffte es schnell, sich aus dem Schatten des großen Bruders zu lösen und sich in seiner Familie zu emanzipieren.


    Auch wenn sie zuerst gemeinsam nach Italien gingen, trennten sich die Wege der Brüder bald auf persönlicher und beruflicher Ebene. Tóibín beschreibt, wie aus einem zweifelnden jungen Mann ein Schriftsteller mit internationaler Anerkennung wurde. Aber er legt den Fokus mehr auf den Menschen als auf den Schriftsteller. Er erzählt von der Unsicherheit des jungen Mannes über seine sexuelle Orientierung, der ersten Begegnung mit seiner großen Liebe und seinen Kindern. Für die war er der Zauberer, der sie immer wieder mit kleinen Kunststücken überraschen konnte.


    Aber die Zeiten änderten sich auf dramatische Weise und irgendwann muss Mann sich entscheiden, auf welcher Seite er stehen will. Allerdings überschätzte er den Einfluss, den sein Name hatte und musste erkennen. Vielleicht fühlte er sich auch zu sicher. Aber irgendwann musste er erkennen, dass es die Heimat, die er gekannt und geliebt hatte, nicht mehr gab. Trotzdem fiel der Abschied schwer und er und seine Frau haben sie zeitlebens vermisst. In Amerika kreuzen sich die Wege der Brüder wieder, aber die räumliche Nähe verbirgt nicht, wie unterschiedlich ihr Leben aussieht.


    Ich kannte schon den Schriftsteller, aber Colm Tóibín hat es geschafft, mir den Menschen näher zu bringen. Auch wenn es sich hier um einen Roman handelt, hatte ich doch den Eindruck, als ob er sich vorher mit Thomas Mann über seine Erinnerungen unterhalten hätte, so persönlich wirkt die Erzählung. Ein wunderbarer Roman über einen Mann, der auch ein Schriftsteller war.

    5ratten


    Liebe Grüße

    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.