Maja Haderlap - Engel des Vergessens

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    ... Leiter des Gauhauptamts für Volkstumsfragen, unterstrich in einem Vortrag am 10. Juli 1942: »Die Ereignisse auf dem Balkan im Vorjahre geben uns die Handhabe, in dem Gebiet nördlich der Karawanken mit der sogenannten slowenischen Minderheit Schluss zu machen [...] In dem Gebiet nördlich der Karawanken muss deutsch gesprochen werden.«

    (Quelle : DOW / Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes)



    Dieses Archivzitat beschreibt ziemlich deutlich den Hintergrund dessen, wie mit der slowenischen Minderheit in Kärnten im 2. Weltkrieg verfahren wurde. Zahlreiche von deren Angehörigen schlossen sich dem "Widerstand" als Partisanen an.


    Maja Haderlaps Buch beschreibt die Wunden und Narben, die in der Seele der damals betroffenen Menschen zurückgeblieben sind und deren Auswirkungen auch noch auf die nachfolgende, ihre eigene, Generation.

    In den ersten zwei Dritteln des Buches wird der relativ enge Umkreis ihrer Kindheit beschrieben, in dessen Zentrum die Großmutter, die ihre eigene sie zutiefst prägende Deportation überlebte, und der Vater, den die Ereignisse in einem Alter überrollten, in dem er sie kaum verarbeiten konnte, stehen. Speziell unter Alkoholeinfluss wird der Vater immer wieder von suizidalen Gedanken gequält, die quasi schon zum Familienalltag gehören. Maja Haderlaps Kindheit wird in einer Art von der Vergangenheit ihrer Familie überschattet, die sie sehr plastisch beschreibt - deren Details sie aber großteils erst später einordnen kann.


    Majas Affinität zur Sprache zeigt sich schon sehr früh; speziell ihre Mutter ermöglicht ihr den Weg zu Matura und einem (selbstgewählten) Studium der Theaterwissenschaften und der Germanistik, das sie von ihrer Familie etwas absetzt. Mit diesem kleinen Abstand beginnt sie sich mit der Geschichte der 40er Jahre in ihrer Heimat zu befassen und diesen Einfluss auch auf sich selbst aufzuarbeiten.


    Eine Lektüre, die nicht unbedingt "Spaß macht", die aber in meinen Augen ein wichtiges Zeitdokument auch ganz allgemeiner Art darstellt: Selten wurden auch verschleppte Traumata der Geschichte so sprachlich eindrücklich und "von innen" beschrieben, denke ich.

    3 Mal editiert, zuletzt von Alice ()