Hallo Ihr Lieben!
Ich möchte auch mal meinen Senf dazugeben - puh...das wird jetzt lang Leute! *G*
Wie der ein oder andere weiß, bin ich ja Buchhändlerin und habe bis vor kurzem in einer kleinen Buchhandlung in einem Vorort von Dortmund gearbeitet und ich glaube aus verschiedenen Gründen, kann ich da ganz gut was zu sagen!
Wir in Dortmund haben kaum noch Buchhandlungen, seitdem in der Innenstadt die Mayersche eröffnet hat. Zu allem Übel ist die Mayersche zudem letztes Jahr mit einer Filiale in unseren Vorort gekommen. Das war damals ein Novum, da die großen Ketten wie Thalia und Mayersche eigentlich nur in die Innenstädte gehen, weil sie nur dort auch große Häuser und entsprechend viele Kunden vorfinden.
Als wir das erfahren haben, dass die Mayersche in unseren Vorort kommt, war das wie ein Schlag ins Gesicht. Absoluter Verdrängungsmechanismus. Aufgrund dessen habe ich übrigens im Frühjahr meinen Job verloren (ich hatte eine 3/4 Stelle), weil die Einnahmen einfach so zurückgegangen sind. Unsere Stammkunden sind uns zwar erhalten geblieben, aber wenn einfach 20 % der Kunden wegfallen, kann man es nicht schaffen. Nun hockt meine arme Chefin alleine in dem Laden und arbeitet sich kaputt.
Ich denke, man muss die Sache von zwei Seiten sehen. Als Kunde sehe ich natürlich die große Vielfalt in so großen Läden wie Thalia, allerdings gibt es auch Kunden die aufgrund der Massen überfordert sind. Nicht alle finden das toll. Ich war vor zwei drei Jahren im Thalialaden in Krefeld (zur Gabaldon Signierstunde) und ganz ehrlich - ich fand es furchtbar. Diese riesigen Tische wo Du mit Dan Brown und Nora Roberts totgeschlagen wirst.
Noch etwas zur breiten Masse. Ich kapiere nicht, warum man sich heutzutage immer noch für seinen Lesestoff rechtfertigen muss. Ich lese das, was mir Spaß macht und dabei ist es mir egal, ob dieses Buch ein Bestseller ist oder nicht. Natürlich wird man auf gutgehende Bücher leichter aufmerksam (Werbung, Mundpropaganda, etc.), aber ich lese auch Bücher von Kleinverlagen. Leider finden diese Verlage in wenigen Buchhandlungen Gehör. Allerdings habe ich das Gefühl, dass ich da in kleinen Buchhandlungen eher fündig werde, als in der Mayerschen in der Dortmunder Innenstadt. Vielleicht bin ich aber auch zu blöd die Bücher zu finden! *G*
Für mich ist allerdings Bücherkauf auch etwas anderes, als nur in einen Laden zu gehen, mir ein Buch zu schnappen und zu bezahlen. In unserer kleinen Buchhandlung war es dermaßen schön. Du kennst die Kunden mit Namen, weißt wer gerade krank ist, schwanger ist, was weiß ich. Du kennst die Lesegewohnheiten. Ich hatte Kunden, für die habe ich ohne zu überlegen neu erschienende Bücher zurückgelegt, weil ich wußte, sie würden sie eh kaufen und die haben sich immer wie blöd gefreut, wenn sie kamen und ich ihnen den lang ersehnten neuen Patterson vor die Nase gehalten habe.
Das alles habe ich in einer großen anonymen Buchhandlung absolut nicht. Von der Mayerschen weiß ich, das da fast nur Auszubildende rumrennen oder ganz junge Leute, die faktisch einfach noch nicht so viel gelesen haben können. Die Firmenphilosophie sagt - keinen einstellen über 30. Muss ich so was unterstützen? Ich finde, wenn man in so einem großen Kaufhaus ein Buch kauft, kann man direkt bei amazon bestellen. Die bieten wenigstens noch Kundenrenzensionen.
Sicherlich ist das eine gefärbte Meinung, weil ich wie gesagt lange in einem kleinen Buchladen gearbeitet habe und einfach weiß, wenn man einmal in seinem Leben eine gute Buchhandlung gefunden hat, dann weiß man die Atmosphäre und die Beratung dort einfach zu schätzen.
Man muss es sagen wie es ist, für die Mayersche und Thalia ist das Buch nur eine Ware, aber man muss sich doch mal fragen was ist ein Buch? Wieso haben wir bei Büchern nur 7 % Mehrwertsteuer? Eben - weil es Kulturgut ist.
In den Großstädten haben so große Buchhandlungen sicher ihre Berechtigung, warum sie allerdings die kleinen Buchhandlungen jetzt sogar aus den Vororten verjagen ist mir schleierhaft. Kapitalismus, ahoi! *G*
Was die Verlage angeht. Die meisten Verlage haben eine Mischkalkulation. Sprich, die großen Renner wie Dan Brown sorgen dafür, dass man auch neue Autoren und Nischenprodukte platzieren kann. Allerdings gibt es da auch deutliche Unterschiede. Was mich einfach stört, dass viele Verlage wie z.B. Heyne und Blanvalet die Neuerscheinungen rauswerfen und nach zwei Monaten findet man sie schon auf dem Remi-Tisch. Ist das Sinn der Sache? Fragt Euch doch mal, warum man auf Remitischen nie Diogenes-Bücher findet. Eben, weil sie ihre Backlist pflegen. Dort bekommen man nach Jahren noch ältere Bücher. Wenn man bei Blanvalet eine laufende Serie anfängt, muss man meist die älteren Titel mühsam antiquarisch suchen.
Sicher, die wollen alle Geld verdienen und das ist auch gut so. Ich finde es auch nicht verwerflich Bestseller zu produzieren und ich lese sie auch, wenn sie mich interessieren, aber die Verlage müssten eigentlich ihre Neuerscheinungen ein wenig reduzieren. Die ballenn sich gegenseitig so zu - kein Wunder, dass das Meiste auf dem Remitisch landet.
Apropos Remitische. Die kleinen Buchhandlungen haben leider keine Möglichkeiten solche Remitische anzubieten. Du musst die Bücher in solchen Massen ordern, dass Du sie weder bezahlen, noch lagern kannst. Da gucken wir leider in die Röhre. Im Übrigen, was die großen Buchhandlungen als Remis verkaufen ist eine Schande. Oft teilweise fast nagelneue HCs und TBs. Wer kann da noch von den Kunden erwarten, dass sie bereit sind gutes Geld für ein Buch zu bezahlen. Vor allen Dingen wenn man dann noch die momentanen Billig-Editionen bedenkt (Bild, Stern, FAZ). Versuch mal einem Kunden klar zu machen, warum ein gebundenes Buch der FAZ 4,99 Euro kostet, aber der neue Gabaldon 24,90 Euro. Sicher die Bücher aus den Editionen sind alte Titel, die in Lizenz vertrieben werden, aber die meisten Kunden wissen das nicht.
Ich denke, wir in den Bücherforen dürfen uns sowieso nicht als normale Käufer ansehen. Wir sind ohnehin besser informiert, lesen viel mehr als die meisten Deutschen und haben diese Foren hier zum Austausch.
So - war lang, ich weiß! *G*
Liebe Grüße,
Steffi
P.S. Was mir gerade noch eingefallen ist. Die großen Buchhandelsketten üben extrem großen Druck auf die Verlage auf. Ich könnte Euch sagen von Vertretern erzählen...die verlangen teilweise über 50 % Rabatt. Man sieht ja auch am Beispiel von Diogenes und amazon wozu das führen kann!!!