Beiträge von DerFuchs

    Ich habe gerade ein Hörbuch aus der Librivox-Sammlung gehört. Hier zum nachhören


    Es handelt sich um das Werk „Menschenhasser“ von Dietrich Theden. Gelesen wird das Ganze von Ramona Deininger-Schnabel.


    Inhaltlich geht es um den knorrig-verbitterten Deutsch-Australier William Hunter, der nach Jahren des australischen Exils als steinreicher Mann nach Berlin in die alte Heimat zurückkehrt. Er holt sich gewisse Informationen ein und trifft sich mit „zwielichtigen Agenten“ in einer Kneipe. Er erfährt, dass seine EX-Frau wieder geheiratet hat. Seine Kinder aus der Ehe sind beide gestorben. Es gibt Gerüchte, dass die EX-Frau die Kinder vergiftet hat. In seinem ehemaligen Haus sieht er dann Wachsbüsten, die die Töchter darstellen, eine kleine Erinnerung an ein Verbrechen der Vergangenheit. Der neue Ehemann ist ein geiziger und skurriler Kautz. Die EX-Ehefrau ist eine skrupellose und durchtriebene Person ist, die unberechenbar ist und durch eine extreme Gier und Habsucht geprägt ist. Hunter mietet sich als Untermieter in das Haus ein und beginnt seinen ganz persönlichen Rachefeldzug. Es gibt noch eine weitere Tochter aus der neuen Ehe, die mit einem Arzt verlobt ist, die Eltern wollen aber diese Verbindung nicht und unterdrücken die Tochter in einem Leben, das nah an der Sklaverei ist. Hunter möchte als Rachefeldzug den Verliebten zur Flucht helfen und es entwickelt sich ein spannendes Katz- und Mausspiel. Erst wird die Tochter durch die Mutter aus den Haus gebracht. Aber Hunter hat die nötigen Mittel um den Aufenthaltsort zu ermitteln und schafft es mit List und dem Einsatz von Geld seinerseits die Tochter aufzufinden und behilft ihr bei der Flucht nach England. Doch dies setzt eine neue Spirale in Gang und die Ehefrau setzt zum Gegenschlag an. Die Situation schaukelt sich hoch und es entwickelt sich ein psychologischer Schlagabtausch in mehreren Eben, der am Ende für einen der beiden Ehepartner tödlich endet...


    Der Autor schafft es wunderbar einen Spannungsbogen herzustellen. Die Sprecherin transportiert das ganze sehr gut und es entsteht ein atmosphärisches Panorama von Berlin um 1900, in dem sich Abgründe von Gier, Habsucht und einen ganz persönlichen Rachefeldzug auftun. Dafür vergebe ich 5 Ratten und eine klare Hör- bzw. Leserempfehlung.


    5ratten:tipp:


    Ich habe dann auch mal wieder ein Buch vom SUB gelesen, diesmal fiel meine Wahl auf den Onkel Wolodja von Boris Panteleimonow.


    Kurz zum Plot, es geht um einen Neffen, der über seine Abenteuer mit dem Onkel Wolodja berichtet. Dieser wird fast schon ikonisch verehrt. Ihr fragt euch jetzt sicher, wer ist dieser Onkel Wolodja. Onkel Wolodja ist ein Kerl wie ein Bär, der sich das Gemüt und die Phantasie eines Kindes bewahrt und zu einem guten Tropfen nicht nein sagen kann und auch mal unter den Einfluss gewisse Getränke ein lustiges Wesen annimmt. Zu Beginn ist er noch Dampferkapitän, auch wenn das Aufkommen an Passagieren und zu transportieren Gütern überschaubar ist. Sein Neffe darf als Hilfskapitän mitfahren. Die Crew ist einem guten Tropfen ebenfalls nicht abgeneigt und schon sehr dilettantisch organisiert. Es gibt zahlreiche humorvolle Szenen. Auf der Rückfahrt erleidet der „heilige Wladimir“ (so heißt das Schiff) Schiffbruch und das Kapitel Dampfschifffahrt hat sich erstmal erledigt. Aber dank seiner Phantasie heckt sich Onkel Wolodja zusammen mit dem Neffen und einem befreundeten Kaufmann schon wieder neue Geschäftsideen aus, die dann auch umgesetzt werden, aber natürlich in der Praxis nach kurzer Zeit auch grandios scheitern, sei es als Müller, Gestütsbesitzer, Goldsucher u.v.m. Alle diese Episoden werden humorvoll geschildert.


    Wie ich kürzlich in einer Literatursendung aufgeschnappt habe, soll Reich-Ranicki mal über ein Buch gesagt hat, wenn man bei der Lektüre eines Buches lachen kann, dann ist es nicht so ganz schlecht. Panteleimonow schafft es auch mit der Situationskomik den Leser zum Lachen zu bringen, deshalb gibt es 4,5 Ratten für diese Perle der russischen Literatur.


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Menschenhasser von Dietrich Theden (bei Librivox kostenfrei verfügbar)


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    Dann möchte ich euch kurz „Der Tod eines Bienenzüchters“ von Lars Gustafsson vorstellen. Ist Gustafssson sowas wie der schwedische Faulkner? Ich weiß nicht, ob es vom Autor gewollt oder zufällig ist, aber ein klein wenig erinnert es mich an den Roman „Als ich im Sterben lag“ von William Faulkner. Es geht ebenfalls ums Sterben und die Kapitel sind ähnlich kurz ;)


    Gustafsson arbeite mit einer Art Rekonstruktionstechnik. Aus den Aufzeichnung aus drei Notizbüchern, die beim verstorbenen Protagonisten im Nachlass gefunden wurden, bildet er seine Lebensgeschichte und Gedanken ab. Jeder Notiz bzw. Tagebucheintrag oder wie man es auch immer beschreiben mag, ist ein Kapitel. Die Kapitel sind teilweise nur 2-3 Sätze lang, manche 3-4 Seiten.


    Der Protagonist war früher mal Lehrer. Seine Schule würde irgendwann geschlossen aufgrund einer Gebietsreform und er wird Frührentner und steigt aus der Gesellschaft aus. Von seiner Frau ist er geschieden. Er wohnt relativ einsam in der tiefsten schwedischen Provinz und widmet sich der Bienenzucht. Er hat kaum Ausgaben und dümpelt auf einem sehr niedrigen Lebensstandard so dahin. Ob es eine Einstellung zum Leben ist oder er mit Anfang 40 schon aufgeben hat, liegt in der Interpretation des Lesers. Eines Tages hat er starke Schmerzen in der Nierengegend und begibt sich ins Krankenhaus. Ein paar Tage später hat er Post vom Krankenhaus. Er überlegt ob es clever ist, den Brief zu öffnen. Man erfährt, dass er im Fall einer Krebserkrankung keine Lust hätte im Krankenhaus auf dem Tod zu warten. Er entschließt sich den Brief ungeöffnet zu verbrennen und abzuwarten. Er dümpelt dann zwischen Bangen und Hoffen bzgl. des Inhalts des Briefes so dahin. Er macht viele Sparziergänge in der Natur und denkt über sein Leben nach und es gibt Rückblenden in die Kindheit und die Studienzeit. Der Protagonist scheint resigniert zu haben. Dann gibt es noch ein paar philosophische Exkurse und z.B. wird der Begriff des „Ichs“ wird kritisch beleuchtet vom Protagonisten. Die Schmerzen gehen auf und ab. Mittelfristig verschlechtert sich der Zustand aber. Schlussendlich muss er den Hund einen Nachbarn übergeben und wird dann vom Krankenwagen abgeholt, damit endet das Buch, es war dann wohl zu spät. Insgesamt ein ruhig und nachdenkliches Buch mit nordischen Charme, das sich nicht so leicht einordnen lässt.


    Die Gesamtbewertung fällt mir etwas schwer. Einerseits hat es mich emotional nicht ganz gepackt. Andererseits ist das Buch technisch klasse geschrieben und Gustafsson zeigt schon, dass er zu den guten Romanciers gehört. Ich könnte mir durchaus vorstellen, weitere Werke von Ihn mir irgendwann mal zu besorgen und könnte mir vorstellen, dass diese mich dann auch eher ansprechen.


    Ich gebe dem Werk dann mal 3,5 Ratten, würde es aber trotzdem empfehlen zu lesen.

    3ratten

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    So, dann möchte ich an dieser Stelle mal das Buch "Die Stadtbienen" von Erika Mayr (deren Spitzname übrigens Biene Mayr ist, wie man im Buch erfährt) vorstellen. Die Autorin nimmt uns mit zu einer autobiographisch gefärbten Reise zu den Bienen. Das Buch ist recht kurzweilig und nachdem man einiges zum biographischen Hintergrund der Autorin erfahren hat, geht es vor allem um Bienen in Städten, die dort häufig auf Dächern gehalten werden. Man erfährt einiges über die Vorgänge im Bienenstock und den Lebensrhythmus unserer kleinen Freunde und einige Probleme, die sich in einem Imkerleben so ergeben können. Das Ganze ist nicht technisch formuliert und kommt in einem

    liebevollen und leichten Stil daher, der auch für den Laien ohne Vorkenntnisse gut verständlich ist. Man erfährt auch einige Einblicke ins Vereinsleben von Imkereivereinen. Anscheinend vollzieht sich in den Vereinen gerade ein Wechsel, die Vereine werden weiblicher und jünger. Aber diese Vereine ticken etwas anders, als die Gesellschaft, die gerade in vielen Teilen auseinanderfliegt. Hier lernen Jung und Alt voneinander, man tauscht sich aus, hilft sich gegenseitig aus, teilt Erfahrungen und arbeitet zusammen - das Ganze hat fast schon einen genossenschaftlichen Grundgedanken. Die Imkerei scheint eine Wissenschaft für sich zu sein, bei der neben einer guten Beobachtung der Natur auch ein Austausch mit anderen Kollegen recht wichtig zu sein scheint.


    Interessant bzw. überraschend fand ich noch, dass es in der Stadt (zumindest in Berlin) teilweise eine größere Pflanzenvielfalt gibt als in machen ländlichen Regionen, dass ich so gar nicht erwartet hätte. Dann scheint Honig auch sehr vielschichtig zu sein, je nach Erntezeit und Umgebung gibt es diverse Unterschiede im Aussehen, Geschmack und Konsistenz des Honigs. Es wird angerissen, dass nicht immer aus städtebaulicher Sicht das Richtige getan wird und wir auch die Bienen nicht außer Acht lassen sollte. Mit dem Treffen der Konsumentscheidung und kleinen Gesten (z.B. Auswahl der Balkonpflanzen) kann jeder Einzelne, auch wenn er nicht aktiv in die Imkerei einsteigt, etwas für die Bienen tun.


    Insgesamt ein leidenschaftliches und authentisches Statement für die Bienen und die Stärkung der Regionalisierung, man merkt, dass der Autorin Bienen etwas bedeuten. Man kann nach der Lektüre direkt Lust auf ein Glas Honig bekommen. Diesem kurzweiligen Buch gebe ich, gerade weil es so authentisch und sympathisch ist, 5 :biene::biene::biene::biene::biene:

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    Neuer Monat, erste Abschluss einer Lektüre. Ich habe dem Roman "Der Himmel kennt keine Günstlinge" von Erich Maria Remarque gelesen.


    Zur Handlung zitiere ich kurz eine Zusammenfassung von Wikipedia



    Mein Eindruck

    Ein einfühlsames Werk voller Melancholie, das insgesamt sehr gelungen ist. Die Protagonistin nutzt die Flucht aus dem Sanatorium um alles nachzuholen, was Sie verpasst hat im Leben. Sie blüht nochmal richtig auf, als Sie ein Tapetenwechsel durchgeführt hat. das Sanatorium war immer eine Art Gefängnis für Lillian. Gleichzeitig erfährt der Leser, dass es ihr gesundheitlich eigentlich nicht besonders gut geht und das vermeintliche Glück von kurzer Dauer sein wird und da noch etwas passieren wird. So bittet Sie Clerfayt, Sie morgens allein zu lassen. Er hält es für ein Ritual und befolgt diesen Rat. In Wirklichkeit bekommt Lillian morgens immer Hustenanfälle und möchte diese verbergen. Als Sie allein ein Ausflug nach Venedig macht, erleidet Sie dort Blutungen in einer Oper und muss unfreiwillig ihr Aufenthalt verlängern um zu genesen. In Paris verwaltet übrigens ihr Onkel ihr Vermögen und Sie gibt es für Kleider aus, als wenn es kein Morgen mehr gibt - was für Sie ja auch zustimmt. Die Streitgespräche mit Ihren Onkel über Auszahlungen und Abschläge von Ihren Vermögen sind mitunter auch eine heitere Abwechslung.

    Clerfayt möchte Sie irgendwann zum Arzt schicken, da er ahnt, dass etwas nicht stimmt, dass genaue Ausmaß kann er aber nicht abschätzen. Er geht von einem kleineren Rückschlag und einer positiven Entwicklung der Gesundheit Lillians langfristig aus. Er schmiedet Zukunftspläne, will nochmal etwas Geld durch die letzten Rennen anhäufen um dann mit ein lauen Job im Verkauf bis zum Ruhestand durchzukommen. Die Beziehung zu Lillian lenkt ihn aber durchaus ab und zu auch im Renngeschehen ab und er wird nachlässig und fahrlässig in den Rennen. In einen der Rennen hat er ein kleiner Unfall, der aber glimpflich ausgeht. In ein 1000 Meilen-Rennen schlägt er sich sehr gut und kann finanziell wieder Licht am Horizont sehen.


    In einen der Dialoge in einem anderen Kontext lässt die Protagonisten diesen Satz fallen, der sich später noch im Roman erfüllen wird:


    Zitat


    In einem vermeintlich leichten Stadtrennen, eigentlich den letzten das Clerfayt fahren möchte um sich und seiner Geliebten eine Zukunft finanziell bieten zu können und ein kleines Häuschen umzubauen (er scheint den genauen Gesundheitszustand nicht zu kennen), erleidet er einen Unfall im Rennen, bei dem ausgerechnet er, der eigentlich "gesunde Partner" in der Beziehung mit dem Leben bezahlt und noch vor Lillian gehen muss. 6 Wochen später erliegt dann auch die Protagonistin Ihrer Krankheit.


    Der Roman hat mir besser gefallen als im Westen nichts neues, an den schwarzen Obelisken kommt er nicht ganz ran, deshalb nur 4 von 5 Ratten4ratten

    Die Melancholie, das Setting, das Rennfahrermilieu, die nächtlichen Szenen in Paris usw. sind schon alle sehr eindrucksvoll beschrieben und eine Lektüre wert.

    Sind folgende Paare in Ordnung?



    - Tante und Onkel


    Tante Lisbeth, Honore de Balzac


    Onkel Wolodja, Boris Panteleimonow



    - Reisegesellschaft und Ferien


    Die Reisegesellschaft, Elizabeth von Arnim


    Ferien vom Ich, Paul Keller


    - Stadtbienen und Bienenzüchter


    Die Stadtbienen, Erika Mayr


    Der Tod eines Bienenzüchters, Lars Gustafsson






    Ich mag die App von Librivox. Da ich Hörbücher in der Regel nur höre, wenn ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin, ist eine App ganz praktisch. Da man die Daten runterladen kann (wenn man z.B. Wlan-Empfang hat), kann man die Hörbücher unterwegs hören ohne Datenvolumen zu verbrauchen. Als weiteren Pluspunkt ist noch zu erwähnen, dass die App kostenfrei ist. Die Werke sind wg. den Urheberrechten eher etwas älter bzw. aus dem Bereich Klassiker, was mich aber nicht stört. Bei Librivox vertretende Autoren wie Fontane, von Keyserling Wassermann, Meyrink, Gogol, Dostojewski, Stevenssson, Theden, Flaubert, Collins,Zweig und Co. sind durchaus auch in gedruckten Form in meinen Regalen zu finden.

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    Ich habe kürzlich "Fuchs 8" von George Saunders gelesen. Eine faszinierendes Buch mit ganz eigen Stil. Ein Fuchs schreibt einen Brief an die Menschen um seine Erlebnisse mit den Menschen zu teilen und der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Die Rechtschreibung ist an den Fuchs (Fuks) angepasst - quasi schreiben nach Gehör,was sich der Protagonist so abgeschaut hat, indem er längere Zeit ein Familie besucht und sich die Gutenachtgeschichte für die Kinder vom Garten aus anhört. Gleichzeitig ist noch ein spezieller Dialekt drin. Anfangs denkt man als Leser an ein modernes Märchen, es gibt auch Zeichnungen im Buch. Das Buch ist aber nicht nur für die ganz Kleinen. Spielerisch und mit sehr viel Raffinesse versteckt der Autor ein Konsum- bzw. Gesellschaftskritik. Schon bald wird auch der Fuchs 8 desillussioniert, der Anfangs ein positives Bild von Menschen hatte und fast schon ein naives Weltbild hatte. Für eine so schön und sprachlich brilliant verpackte Konsumkritik gebe ich den Buch die Bestwertung. 5ratten