Moin Gretchen!
Da haben sich unsere Beiträge gestern ja etwas überschnitten - leider kam ich nicht mehr dazu, nochmal zu antworten.
da bin ich aber baff, da habe ich ja eine richtige Lawine losgetreten ...
Ich gehöre leider zu der Gattung Leser, der es Spaß macht, über die verschiedenen Meinungen zu einem Buch zu diskutieren. Es wäre ja langweilig und einer Leserunde nicht würdig, wären alle einer Meinung.
Gott sei Dank gehörst Du zu der Gattung Leser :smile: - die Möglichkeit zur Diskussion ist ja auch der Grund für meine Teilnahme an diesem Forum.
Denn es hat meiner Meinung nach wenig mit Satire zu tun, wenn man Menschen als dumm bezeichnet, die Wörter wie Freiheit und Demokratie nicht begreifen, da sie deren Bedeutung noch gar nicht kennenlernen durften, da die Entwicklung der Menschheit noch nicht so weit fortgeschritten war.
Wenn es Mark Twain dabei einfach beließe, hättest Du sicher recht. Aber das tut er nicht - vielleicht erschließt sich das aber erst im weiteren Verlauf der Geschichte.
Das allerdings nicht alles in diesem Buch gelungen ist, gebe ich auch gerne zu - ab und an ist es einfach auch mal nur platt, manchmal einfach nur albern.
Nur dadurch, dass die Menschheit sich immer weiterentwickelt hat, konnte der Protagonist Hank Morgan oder auch Mark Twain selbst, die Errungenschaften der Zivilisation des 19. Jahrhunderts genießen.
Es zeigt sich, das eben alleine die Errungenschaften der Zivilisation nicht dazu führen, ein Verständnis für Freiheit und Demokratie zu entwickeln, wenn die Einsichtsfähigkeit des Menschen fehlt - und die fehlt nach Twains Ansicht eben nicht nur dem Menschen des Mittelalters. Insofern findet gar keine Weiterentwicklung statt.
Etwas zweifelhaft finde ich auch die Vorbildfunktion der Vereinigten Staaten, die zwar unzweifelhaft die erste demokratische Verfassung bekommen haben, aber unleugbar ist auch, dass diese Verfassung nur für einen bestimmten Teil der Menschen dort galt und die anderen, nämlich die Sklaven und Indianer, außen vor standen, die Vereinigten Staaten also im Hinblick auf die Menschenrechte auch schon damals kein so wahnsinnig gutes Beispiel war.
Ja, das war ein missglückter Interpretationsversuch.
Und selbst ein Aufleben der Ritterromantik in Europa im 19. Jahrhundert erklärt nicht die Gnadenlosigkeit und Kompromißlosigkeit mit der Mark Twain das Rittertum, die damaligen Traditionen und den Glauben attackiert.
Sein Protagonist Hank Morgan geht zunächst davon aus, dass er aufgrund der (technischen) Errungenschaften der Zivilisation etwas an den Zuständen des Mittelalters ändern kann, dass diese Menschen dort noch "unterentwickelt" sind. Hank Morgan hält sich anfangs für überlegen, kann aber letztlich selbst das feudale System und die Menschen, die in ihm leben, gar nicht verstehen.
Es mag sein, dass bereits dieser Umstand sein Vorhaben scheitern lässt.
Ich weiß, das ein Argument nicht besser wird, je öfter man es wiederholt, aber für mich ist das ein zentraler Punkt nicht nur in diesem Buch Mark Twains, sondern in seinem gesamten Werk, also nochmal:
Ich glaube, dass Mark Twain weitergehender aufzeigen wollte, dass eben die technischen Errungenschaften alleine nicht zur Verbesserung der Zustände beitragen, wenn sie nicht begleitet werden von einer Einsichtsfähigkeit des Menschen.
Und diese Einsichtsfähigkeit, letztlich die Fähigkeit zum Leben in Frieden und Freiheit, spricht Mark Twain nicht nur den scheinbar unterentwickelten Menschen des Mittelalters ab, sondern auch dem Menschen seiner (und unserer?) Zeit.
Aber in diesem Zusammenhang fällt mir noch etwas ein:
Twain gehörte zu jenen Kreisen amerikanischer Schriftsteller, die versuchten, der amerikanischen Literatur ein eigenes Gesicht, eine eigene Identität zu verleihen und sie von der europäischen, vorrangig der englischen Literatur abzugrenzen. Möglicherweise liegt auch darin die Härte begründet, mit der Mark Twain Rittertum und Romantik attackiert. Dann würde es sich auch um eine "Abrechnung" mit der alten europäischen Literatur handeln. Aber da müsste ich noch tiefer graben, ist nur ein Gedanke.
@ hallo Rüdiger, zu Deiner These, dass Hank Morgan nicht die Meinung von Mark Twain wiedergibt, möchte ich nur anmerken, dass meiner Meinung nach jeder Schriftsteller seine eigene Meinung in seinen Werken vertritt und ich denke auch, dass Hank die Meinung von Mark Twain wiedergibt.
Ich stimme mit Dir völlig über ein, dass Mark Twain in dem Buch seine eigene Meinung vertritt.
Aber für mich ist das nicht gleichbedeutend damit, das sein Protagonist Hank Morgan als handelnde Person im Buch Mark Twains Meinung vertritt oder gar immer vertreten muss.
Das ist meiner Ansicht nach nicht der Fall - tatsächlich zeigt Mark Twain ja auch Fehler auf, die sein Protagonist begeht, und die er nicht begehen würde, wäre er Mark Twain.