Beiträge von RStehn

    Moin moin!



    "Dieses Buch gelesen von Harry Rowolt.......!!!! Ich hab gebrüllt vor lachen!!


    Harry Rowohlt ist schon genial, aber auch wenn man kein Harry Rowohlt ist: richtig Spaß bringt "Schlimmes Ende", wenn man es vorgelesen bekommt oder (falls man des Lachens Herr werden kann) es vorliest.


    Tschüss
    Rüdiger

    Moin moin!



    Du hast dir mit Jugendlichen den Film angesehen, das Urteil war durchwachsen. Ich bin sicher, für die Jugendlichen, mit denen ich den Film hatte ansehen wollen, wäre er aus den oben genannten Gründen nicht geeignet.


    Naja, es haben sich ja auch nicht viele Jugendliche gefunden, die den Film ansehen wollten. Die Nachfrage nach "Ögel Ei" war erheblich größer. :zwinker:
    Immerhin aber sorgt der Film auch nach einer Woche noch für Gesprächsstoff und das ist sehr viel wert.



    Ich würde es anders ausdrücken, auch wenn wir (fast) der gleichen Meinung sind. Für mein Gefühl geht es in dem Buch darum, vom Kind zum Erwachsenen zu werden und zwischen "richtig" und "falsch" unterscheiden zu lernen, und den Mut zu haben, etwas ändern zu wollen. Und das wurde im Film auch deutlich.


    Für mich zeigt sich darin, dass Krabat mehr ist als ein einfaches unterhaltendes (Jugend-)Buch, denn es erlaubt unterschiedliche Interpretationsansätze, die auch plausibel aus dem Buch heraus zu begründen sind - und welche dann ein einzelner Leser als "richtiger" ansieht, hängt von ihm selbst und seiner Geschichte ab.
    Ein Film kann das zwar auch leisten, es ist allerdings seltener, meiner Meinung auch schwieriger und nicht selten leidet dann (oft im Gegensatz zu Büchern) der Unterhaltungswert.


    P.S. Übrigens wollte ich zuerst schreiben, das Krabat ("gute") Literatur" ist, weil Vielschichtigkeit und die sich daraus ergebende Möglichkeit unterschiedlicher Interpretationsanssätze für mich ein Unterscheidungsmerkmal zwischen reiner Belletristik (die ich im übrigen auch gerne lese) und "Literatur" ist, zumindest aber Voraussetzung für ein Buch, zu einem "Klassiker" zu werden in dem Sinne, dass es über Jahre und Generationen hinweg immer wieder gelesen wird.

    Moin moin!



    Dis Schauspieler waren zwar gut, aber es ist ein typisch deutscher Film. Man will ja nicht so ein glattes Epos drehen, wie es vielleicht in Hollywood passiert wäre, also taucht man alles in düstere Farben und lässt die armen Müllersburschen ohne Ende im Dreck wühlen. Im Film bekam man den Eindruck, dass es dort kein Wasser gab, um sich zu waschen, trotz des ganzen Schnees und Regens.


    Stimmt, aber im Gegensatz zu Dir, finsbury, habe ich das nicht als etwas negatives empfunden, sondern als passend zu der Geschichte, wie sie im Film erzählt wurde.
    Ich finde den Film gut, wenn er auch sicherlich nicht zu meinen immerwährenden Lieblingsfilmen zählen wird.


    Außerdem glaube ich nicht, dass dieser Film bei der breiten Masse der Jugendlichen ankommt, ...


    Da stimme ich Dir zu und es entspricht auch meiner Erwartung. Dennoch hatten wir uns entschlossen, bei unserem Herbstferienkinoausflug diesen Film anzubieten. Entsprechend gering war die Resonanz: nur fünf Jungs zwischen 10 und knappen 14 Jahren kamen mit (den zehnjährigen haben ich aufgrund seiner ausgeprägten Medien"erfahrung" mitgenommen, sprich: der hat sich schon ganz andere Filme angesehen, die sicherlich weit weniger für sein Alter geeignet sind). Die beiden ältesten haben sich gelangweilt (zu wenig Action), bei dem zehnjährigen und einem weiteren 13jährigen war das Urteil durchwachsen (wünschten sich auch mehr Action, fanden es aber doch auch gruselig und deshalb ganz okay) und einem gefiel der Film richtig, so das er ihn gerne nochmal sehen würde (nicht zu gruselig, wie er meinte).


    ...da hätte ein wenig mehr Hollywood mehr bewirken können..


    Bewirken soll heissen: Interesse am Lesen des Buches wecken?
    Wenn ja, glaube ich, das eine "hollywoodmäßige Verfilmung" (das heißt für mich: mehr special effects und vor allem: mehr Action entsprechend den Wünschen eines jugendlichen Publikums) falsche Erwartungen an das Buch wecken würde und es bald wieder in der Ecke liegt, weil es eben weniger Action als z.B. ein Harry Potter enthält. Und damit wären Vorurteile wie: Filme sind besser als Bücher bei den nicht- oder weniglesenden Jugendlichen wieder bestätigt worden.


    Eventuell ein Spoiler:

    Moin moin!



    Ich finde es ja irgendwie beruhigend, dass nicht nur ich das Buch NICHT abschreckend fand!


    Komisch eigentlich, dass die Wirkung so unterschiedlich ausfällt. :hm:


    Ich gehöre auch zu der Fraktion, die das Buch nicht abschreckend fand, als ich es als Jugendlicher las.
    Vom Kopf her schon, aber trotzdem: irgendwie fand ich die Scene damals auch unheimlich cool und übte einen gewissen Reiz aus - und ich weiß noch, dass es vielen Gleichaltrigen aus meinem Bekanntenkreis ebenso ging.

    Moin moin!


    Sorry, die letzten Tage habe ich nur immer kurz in das Forum gucken können und kam nicht zum Schreiben.
    Ich glaube, ich schrieb schon einmal, dass auch ich finde, dass der "Yankee" am Ende nachläßt.
    Irgendwo las ich einmal, das Mark Twains Stärke eher in den kurzen pointierten Darstellungen liegt und er Probleme mit der Konsitenz in längeren Werken hat. Das würde ich jetzt zwar so pauschal nicht bestätigen wollen, man kann aber durchaus wie Doris das Ende als einen Bruch empfinden:



    ... mir kam das Ende sehr überzogen vor. Als Hank und Clarence mit ihrem futuristischen Equipment gegen eine Überzahl von Rittern kämpften, hatte ich das Gefühl, ein ganz anderes Buch als zu Anfang in den Händen zu haben. ...
    Im Nachhinein betrachtet könnte man fast vermuten, dass Twain der Ansicht war, das reine Abenteuer sei bis dahin zu kurz abgehandelt worden und rückte es deshalb im Schlussteil mehr in den Vordergrund.


    [color=navy]Das Ende empfinde auch ich als nicht besonders gelungen.


    Wenn man es sich einfach machen möchte, so kann man darauf verweisen, das Werte wie die Würde des Menschen oder die Ablehnung von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von Interessen und politischen und sozialen Ideen keineswegs am Ende des 19. Jahrhunderts so verbreitet waren und einen solchen Stellenwert genossen wie heute (wobei man natürlich jetzt auch eine Disksussion darüber beginnen könnte, welchen Stellenwert solche Werte heute denn tatsächlich u.a. im politischen Handeln besitzen).
    Insofern ist unsere Reaktion auf das Ende des Buches nicht unbedingt vergleichbar mit denen der Zeitgenossen Mark Twains, die vielleicht einen Massenmord an Rittern eher als akzeptabel und ethisch vertretbar angesehen haben als wir es heute tun.
    Aber wie gesagt: das ist ein einfacher Weg.


    Ich möchte aber nochmal zum Anfang dieses Threads gehen, zu dem Punkt, der diese schöne Diskussion überhaupt ausgelöst hat:
    Nämlich dem Umstand, dass Hank nicht identisch mit Mark Twain ist, sondern Mark Twain die Figur des Hanks für seine Kritik nutzt.
    Mark Twain war sicherlich Gegner der Sklaverei, prangerte soziale und politische Mißständnisse wie Heuchelei und Korruption an.
    Soweit läßt er seine Auffassung z.T. ja auch Hank vertreten.
    Auf dieser Interpretationsebene stellen die Ritter wahrscheinlich nicht nur die Baumwollplantagenbesitzer dar, sondern überhaupt die bigotten und geldgierigen Mächtigen in Amerika, gegen die Hank mit Gewalt, Twain mit der Feder zu Felde zieht.
    Zugleich war Twain aber auch ein Gegner des amerikanischen Imperialismus.
    Auch wenn Twain wahrscheinlich der Gewalt nicht so ablehnend gegenüberstand wie wir es heute vielfach tun, so glaube ich doch nicht, dass er die Ansicht vertrat, dass die Wertvorstellungen Amerikas mit Gewalt in der Welt verbreitet werden dürften.
    Genau dies aber läßt er Hank machen und läßt ihn letztlich damit auch scheitern.
    Denn nur mit Gewalt scheint es Hank zu gelingen, sein neuzeitliches Denken und seine neuzeitlichen Werte in eine andere Kultur zu bringen. Gewalt scheint die einzige Lösung - und das kann man durchaus als ein Scheitern des Versuches sehen.

    Die Schilderung selbst läßt allerdings nicht eindeutig erkennen, welche Einstellung Twain zu dieser Handlungsweise hat.


    Da man im Mittelteil des Buches es leichter hat, Hank zumindest sympathischer zu finden als zu Beginn des Buches, ist es zumindest für uns heutige Leser ein um so größerer "Schock", das Hank wieder Handlungen begeht, die ihn uns wieder "unsympathisch" machen.


    BTW: Wenn ich schon wieder an den Anfang des Threads gehe und jetzt den Unterschied in den Reaktionen damaliger und heutiger Leser erwähne: dann muß man sich vielleicht auch fragen, inwieweit die zu beginn angesprochene Arroganz Hanks dem damailigen Leser überhaupt aufgefallen ist - ich kann mir vorstellen, dass viele damalige Leser Hanks Überlegenheitsgefühl durchaus als normal und richtig legitim empfanden.

    Moin moin!


    Die ersten Bände haben mir auch besser gefallen, die letzten weniger.


    Ja, das geht mir ähnlich. Doch auch wenn ich die ersten Bände besser finde lese ich die späteren Bände immer noch gerne.
    Ich bin vor vielen Jahren zu den Inspektor Jury-Büchern gekommen, weil ich mir etwas ähnliches erhoffte wie Dorothy Sayers Lord Peter-Romane, etwas "typisch englisches" mit einem gewissen Humor.
    Ohne einen direkten Vergleich zu Sayers ziehen zu wollen haben die ersten Bände das für mich auch gehalten, wobei für den Humor ja eher Melrose Plant zuständig war.
    Der ist in den späteren Bänden aber weiter in den Hintergrund gerückt, zunehmend läuft der Handlungstsrang um ihn nur mehr parallel und ohne großen Bezug zu dem Handlungsstrang um Jury, was ich schade fand.
    Insgesamt sind die Inspektor Jury-Bücher dabei auch immer melancholischer und düsterer geworden und entsprechen damit auch eher den Büchern, die ich sonst noch von Martha Grimes kenne ("Die Treppe zum Meer", "Das Hotel am See", "Mädchen ohne Namen"). Wie gesagt: das gefällt mir nicht mehr ganz so gut wie die frühen Jury-Romane, aber lesenswert finde ich es immer noch.

    Moin moin!


    gretchen:
    Laß Dir nur Zeit! Ich selbst finde es sehr unangenehm, wenn ich ein Buch gehetzt oder unter Druck lesen muss.



    Hank wollte die Monarchie abschaffen, was bedeutet, dass er auch das Rittertum abschaffen muss. Die Ritter sind die Exekutive des Königs und in einer Republik überflüssig. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob er sie wirklich ausrotten wollte. Teilweise hatte er sie ja für seine Zwecke eingesetzt, z. B. als Handlungsreisende, wo sie sich als recht nützlich erwiesen. Vielleicht konnte er letzten Endes nicht anders, um seinen eigenen Hals zu retten.


    Ich neige dazu, bei Identifikationsfiguren Gründe oder gar "Entschuldigungen" für jene ihrer Verhaltensweisen zu suchen, die mir nicht gefallen oder die ich nicht nachvollziehen kann. Und Hank als "Held" der Geschichte ist ja auch Identifikationsfigur.
    Aber letztlich ist es nicht seine Funktion in der Geschichte, dem Leser sympathisch zu sein.
    Deshalb befürchte ich, dass Hank keine moralische Überlegungen derart anstellt, dass man Menschen nicht umbringen darf, um seine Ziele zu erreichen.
    Ich schätze ihn eher so ein, dass der Zweck durchaus die Mittel heiligen kann - und der Zweck - Einführung einer Republik - ist aus seiner Sicht ja durchaus moralisch.
    (Hm, das Buch wird ja immer aktueller!)

    Moin Kirsten!


    Ein schöne Rezi zu einem schönen Buch von Jack London, in seinem typischen einfachen Stil gehalten, der so gut zu den Geschichten paßt, die er erzählt.
    Gut zu "Wolfsblut" paßt auch sein Roman "Ruf der Wildnis", ebenfalls aus der Sicht des Tieres erzählt, aber gleichsam mit umgekehrten Vorzeichen: ein zahmer Haushund gerät nach Alaska und schließt sich schließlich den Wölfen an. Eine Empfehlung für all jene, denen Wolfsblut gefallen hat.

    Moin moin!


    Wie unterschiedlich Bücher doch auf Menschen wirken können!


    Zoe, tolle Interpretation, die mich direkt reizt, unter den von Dir genannten das Buch nochmals zu lesen!


    Von Beginn an hat mich die Protagonistin so fasziniert, die Atmosphäre des Romans nahm mich so gefangen, die Handlung war für mich so spannend, das ich das Buch immer nur sehr ungern aus der Hand legte - dabei hatte der seltsame Titel und auch die Inhaltsangabe eigentlich kaum Interesse bei mir geweckt (es war ein Geschenk).
    Von dem "Science Fiction-Elementen" bin ich überrascht, verunsichert worden, weil sie sich nirgends ankündigen und auch für meinen Geschmack so gar nicht hineinzupassen scheinen.
    Ich habe lange gegrübelt, ob und welche Absicht dahinter steckt. Da es eigentlich leicht auch eine realistische Möglichkeit geben konnte, bin ich allerdings überzeugt, dass Hoeg eine Absicht verfolgt hat.


    Zu dem "Mechaniker": ich habe in seiner Namenslosigkeit einen (weiteren) Hinweis auf die "Beziehungsunfähigkeit" Smillas gesehen, die letztlich auch in in ihrer "Fremdheit" in beiden - der dänischen und der grönlländischen - Kulturen begründet ist.
    Sie ist auch deshalb so unabhängig, muss so unabhängig sein, weil sie nirgends richtig dazugehört.
    Das beginnt meines Erachtens bereits bei ihrer äußeren Erscheinung - tatsächlich ist für mich auch einer Kritikpunkte des Films, dass die Schauspielerin doch nach unserem ästhetischen Empfinden viel zu schön ist und sie sich dabei zuwenig von dem "Normaldänen" abhebt.
    Frau Smilla hingegen sieht man das Anderssein an. sieht hier an, das sie einer anderen, letzlich (nach Hoeg) in Dänemark meist verachteten Kultur angehört.

    Moin Doris



    Ich vermute eher, dass es etwas mit den Leibeigenen zu tun hatte, denn das Wort fiel, als Hank über die Sklaven sinnierte. Möglicherweise sind das Brandmarken im Gesicht?


    Ja, das würde doch gut passen!


    Ganz ehrlich gesagt gefiel mir die erste Hälfte des Buches besser. Von der Kritik an bestimmten Regierungsformen war im restlichen Teil nicht mehr viel zu spüren, stattdessen beschränkt sich die Handlung auf einige aberwitzige Geschehnisse und rückt das historische England wieder zurecht. Auch der Sarkasmus ließ nach, Hank wurde einfach zu brav.


    Ja, ging mir ähnlich.
    Bin schon auf Deine Rezi gespannt!

    Moin moin!



    In Kapitel 32 bin ich über den Ausdruck "Waffeleisengesicht" gestolpert. Darauf konnte ich mir keinen Reim machen und fand auch sonst nichts darüber. Hat jemand von euch eine Ahnung, was es damit auf sich hat?


    Es ist mir ja sehr peinlich, aber ich habe bisher meine Ausgabe vom Yankee nicht finden können (meine Bücher sind leider seit dem Umzug noch nicht sortiert und da sie stets zweireihig stehen müssen fällt es schwer, ein bestimmtes Buch herauszufinden) und mir selbst ist der Ausdruck nicht mehr in Erinnerung.


    Aber: Waffeleisen heißt englisch einfach waffle iron, wobei waffle aber auch Geschwätz, Geschwafel heißen kann. Vielleicht passt das in den Zusammenhang. Interessant wäre hier mal zu sehen, was im Original steht.
    Ansonsten meinen einige, die ich fragte, den Ausdruck schon mal gehört zu haben, aber bislang konnte mir keiner sagen, was er denn bedeuten soll. Eine Vermutung: damit ist jemand mit einem zerfurchten oder zernarbten Gesicht gemeint (entsprechend dem Muster des Waffeleisens).

    Moin Doris, moin Gretchen!



    Aber auch das Buch finde ich phänomenal, trotz aller Kritik, auch das muß ich mal wieder betonen, der Wortwitz von Mark Twain ist unschlagbar, obwohl auch platte Stellen dabei sind, zum Beispiel, wenn er dem Rittertum den Garaus machen will, indem er die Ritter in lächerlicher Aufmachung rumrennen läßt.
    Trotz allem hat sich mir bisher aber noch nicht erschlossen, dass Mark Twain nicht nur das damalige Rittertum und Feudalsystem an den Pranger stellen will, sondern auch auch die Zustände in seiner Gegenwart, also in den Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts, vielleicht bin ich auch nur etwas begriffsstutzig.


    Ich bin ja über den "Yankee" gestolpert, weil ich leidenschaftlicher Leser aller Geschichten rund um König Artus und Merlin war (bzw. immer noch bin) und weil ich bereits Tom Sawyer und Huckleberry Finn (als Jugendbuchausgabe) kannte. Als ich das Buch das erste Mal las, war ich noch recht jung (so vielleicht zwölf, dreizehn oder vierzehn Jahre).
    Zuerst hat mich das Buch sehr geärgert: wie konnte man nur die hehren Gestalten aus der Artus-Sage so lächerlich machen?
    Dann habe ich das Buch lediglich als eine meist lustige Zeitreisegeschichte weitergelesen. Erst später beim Wiederlesen habe ich es als Satire und Auseinandersetzung mit dem Feudalsystem begriffen. Und als ich dann begann, mit näher mit Twain zu beschäftigen, habe ich begonnen, noch mehr hineinzulesen.
    In meinem ersten Thread habe ich mal geschrieben:



    Inwieweit damit Mark Twains Buch überinterpretiert wird und ob eine solche Kritik an politischen und sozialen Verhältnissen wirklich in Mark Twains Absicht lag oder nur aus unserer heutigen hineininterpretiert werden kann ist wieder eine andere Frage - aber Intention und Funktion unterscheiden sich ja häufig.
    Zieht man jedoch die anderen kritischen Werke Mark Twains in Betracht - u.a. eben auch die "Erwachsenenversionen" von Tom Sawyer und Huckleberry Finn oder auch "Prinz und Bettelknabe" - so ist meiner Meinung nach eine solche Interpretation durchaus zulässig.


    Wenn man den "Yankee" "werkimmanent interpretiert", also nur mit Hilfe dessen, was das Buch Text enthält und ohne Bezug auf Biographie und historischen und sozialem Kontext, dann erschließt sich vielleicht auch nicht diese Gesellschaftskritik.
    Zweifellos tritt sie in dem Yankee auch nicht so unmittelbar zu Tage.
    Eventuell steht das Buch in einer Tradition, bei dem unliebsame Kritik in ein unterhaltsamen Rahmen eingebunden wird wie bspw. auch bei der Fabel (nach Lessings Definition) oder auch bei Swifts "Gulliver".
    Dann kann man an dem "Yankee" durchaus kritisieren, dass der unterhaltsame Teil so sehr in den Vordergrund gerät, dass er den kritischen Teil verdeckt.
    Überhaupt besteht meiner Ansicht nach bei Twain das Problem, dass man ihn vor allem als humoristischen Autor liest bzw. ihn darauf reduziert und damit die stellenweise sehr subtile Kritik kaum bemerkt.
    Zieht man jedoch vor allem die Biographie Mark Twains und seine weiteren Veröffentlichungen heran, dann erscheint mir ein weitergehender Interpretationsansatz plausibel: Mark Twain war ein politisch aktiver Mensch, u.a. Mitglied der anti-imperialistischen Bewegung in den USA (und auch deshalb bin ich ja der Ansicht, das Twain hinsichtlich der Arroganz Hank Morgans im ersten Teil des Yankees mit seinen Protagonisten gleichgesetzt werden darf) und hat für Zeitungen zahlreiche, vor allem sozialkritische Artikel geschrieben, die sich u.a. mit Korruption und Bigotterie beschäftigten.
    Zudem wird er im Laufe seines Lebens auch aufgrund persönlicher Schicksalsschläge hinsichtlich seiner Weltsicht und seines Menschenbildes immer pessimistischer.
    Aber wie gesagt: vielleicht interpretiere ich in den "Yankee" auch zu viel hinein - u.a. deshalb stelle ich diese Auffassung ja auch gerne zur Diskussion.


    Aber damit bin ich bei diesem Punkt:



    Wobei ich aber Deine Ansicht etwas abschwächen möchte, denn ich denke, nicht alle Menschen sind gleich und nicht allen fehlt die Einsichtsfähigkeit. Auch finde ich, dass auf jeden Fall bei den Menschen eine Weiterentwicklung stattgefunden hat. Es wäre ja furchtbar, hätten die Menschen sich nicht weiterentwickelt.
    Jeder Mensch persönlich entwickelt sich im Laufe seines Lebens weiter, schließlich besteht so ein Menschenleben ja aus Erfahrungen, die dazu nötig sind.


    Zunächst ist das nicht meine Ansicht, sondern die, die ich Mark Twain unterstelle.
    Ich glaube, wäre es mein Menschenbild, könnte ich meinen Beruf kaum ausüben (bin Sozialpädagoge in einer Jugendfreizeiteinrichtung), obwohl einen manch eine Erfahrung auch zu einem solchen Menschenbild bringen kann. :zwinker:
    Ich glaube einfach auf Grund dessen, was was ich von Mark Twain weiß (was sicherlich immer noch zu wenig ist), das er die Ansicht vertrat, dass sich die Menschheit - einzelne Menschen vielleicht, aber eben nicht die Menschen insgesamt - nicht weiterentwickelt.
    Aberglaube wird abgelöst durch religiösen Glauben, Obrigkeitsgefolgsam gegenüber Kirche und Adel wird abgelöst durch andere Institutionen und Organisationen. Und auch wenn der einzelne sich weiterentwickelt hat, so kann er bei der großen Masse dennoch nichts bewirken - wie auch Hank Morgan nicht im Mittelalter.



    Was sich für meine Begriffe derzeit etwas langsam entwickelt, ist die Handlung....
    Aber die Geschichte kommt nicht so recht voran.


    Ja, auch ich finde, dass das Buch seine Längen hat, was insgesamt aber meinem guten Urteil keinen Abbruch tut.
    Es wird häufig an dem "Yankee" kritisiert, dass es ist nicht besonders spannend im Sinne eines Abenteuer- oder (modernen) Fantasyromans oder Thrillers ist.
    Wobei ich mich bei solch einer Einschätzung aber auch immer wieder frage, inwieweit sich nicht unsere Lesegewohnheiten durch den Einfluss von Film und Fernsehen gewandelt haben: es gibt immer häufiger Bücher, die Filmen ähneln - kurze Kapitel, Perspektivenwechsel, "schnelle Schnitte" - und ob wir (ich schließe mich da ja nicht aus) es nicht langsam verlernen, andere Bücher zu lesen?

    Moin moin!



    Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass gerade die technischen Errungenschaften dazu beitragen, die Kluft zwischen Freiheit und Unterdrückung noch weiter aufklaffen zu lassen. Die westliche Welt möchte ich davon ausnehmen, aber in anderen Ländern führt die Technik in den Händen einiger weniger Privilegierter letzten Endes auch nur dazu, dass der Großteil der Bevölkerung mit dem Existenzminimum leben muss, während der kleine Rest den Rahm abschöpft. Oder die Technik trägt dazu bei, dass Staaten unter einem Militärregime oder Terrorismus leiden müssen. Das würde ich auf keinen Fall als unterentwickelt bezeichnen, aber von einer Fähigkeit zu Frieden und Freiheit ist nichts zu spüren.


    Da stimme ich Dir zu. Ich traue Twain durchaus zu, dass er das schon im Blick und im "Yankee" ausgedrückt hat. Und zu Twains Zeiten war es in der westlichen Welt ja auch noch nicht so gut bestellt wie heute (womit nicht gesagt sein soll, das heute hier alles gut ist!). Bei Mark Twain fällt mir auch immer Jack London ein: 1903 erschien seine Reportage "In den Slums", die das eindrucksvoll zeigt.


    Ich glaube nicht, dass ich so ohne weiteres im 6. Jahrhundert hätte leben können. Das hat mich auch etwas verwirrt, denn ich finde, dass Hank einfach zu gut mit dem veränderten Lebensumständen zurecht kommt. Mir erscheint es zu einfach.


    Ihr habt natürlich beide recht, aber für mich ist das einfach nicht Thema des Buches.


    Konnte es sich ein König damals leisten, so gutgläubig zu sein, dass er einen völlig Fremden an eine wichtige Position setzt, auch wenn dieser sich mit einer angekündigten Sonnenfinsternis als scheinbar mächtig erweist?


    Zumindest aus Twains Sicht des abergläubischen Mittelalters konnte sich ein König das vielleicht auch nicht leisten, tat es aber dennoch: es zeigt eben die bedeutende Rolle des Aberglaubens, des Irrationalen, dem Twains Protagonist Hank Morgan ja auch das Rationale entgegenzusetzen versucht.
    Man darf dabei wohl auch auch nicht aus dem Blick verlieren, das Twain zwar etwas gegen das romantisch-verklärende Mittelalterbild seiner Zeit hatte, er aber auch keineswegs ein korrektes, ein reales Bild des Mittelalters zeichnet, sondern eines, das für den Transport seiner Ideen tauglich ist.


    Übrigens, ganz nebenbei: mich hat dieser Thread mal wieder dazu veranlasst, ein anderes Buch Twains mit großem Vergnügen zu lesen: den "Bummel durch Deutschland".

    Moin Gretchen!


    Da haben sich unsere Beiträge gestern ja etwas überschnitten - leider kam ich nicht mehr dazu, nochmal zu antworten.



    da bin ich aber baff, da habe ich ja eine richtige Lawine losgetreten :breitgrins: ...
    Ich gehöre leider zu der Gattung Leser, der es Spaß macht, über die verschiedenen Meinungen zu einem Buch zu diskutieren. Es wäre ja langweilig und einer Leserunde nicht würdig, wären alle einer Meinung.


    Gott sei Dank gehörst Du zu der Gattung Leser :smile: - die Möglichkeit zur Diskussion ist ja auch der Grund für meine Teilnahme an diesem Forum.



    Denn es hat meiner Meinung nach wenig mit Satire zu tun, wenn man Menschen als dumm bezeichnet, die Wörter wie Freiheit und Demokratie nicht begreifen, da sie deren Bedeutung noch gar nicht kennenlernen durften, da die Entwicklung der Menschheit noch nicht so weit fortgeschritten war.


    Wenn es Mark Twain dabei einfach beließe, hättest Du sicher recht. Aber das tut er nicht - vielleicht erschließt sich das aber erst im weiteren Verlauf der Geschichte.
    Das allerdings nicht alles in diesem Buch gelungen ist, gebe ich auch gerne zu - ab und an ist es einfach auch mal nur platt, manchmal einfach nur albern.


    Nur dadurch, dass die Menschheit sich immer weiterentwickelt hat, konnte der Protagonist Hank Morgan oder auch Mark Twain selbst, die Errungenschaften der Zivilisation des 19. Jahrhunderts genießen.


    Es zeigt sich, das eben alleine die Errungenschaften der Zivilisation nicht dazu führen, ein Verständnis für Freiheit und Demokratie zu entwickeln, wenn die Einsichtsfähigkeit des Menschen fehlt - und die fehlt nach Twains Ansicht eben nicht nur dem Menschen des Mittelalters. Insofern findet gar keine Weiterentwicklung statt.


    Etwas zweifelhaft finde ich auch die Vorbildfunktion der Vereinigten Staaten, die zwar unzweifelhaft die erste demokratische Verfassung bekommen haben, aber unleugbar ist auch, dass diese Verfassung nur für einen bestimmten Teil der Menschen dort galt und die anderen, nämlich die Sklaven und Indianer, außen vor standen, die Vereinigten Staaten also im Hinblick auf die Menschenrechte auch schon damals kein so wahnsinnig gutes Beispiel war.


    Ja, das war ein missglückter Interpretationsversuch.


    Und selbst ein Aufleben der Ritterromantik in Europa im 19. Jahrhundert erklärt nicht die Gnadenlosigkeit und Kompromißlosigkeit mit der Mark Twain das Rittertum, die damaligen Traditionen und den Glauben attackiert.


    Sein Protagonist Hank Morgan geht zunächst davon aus, dass er aufgrund der (technischen) Errungenschaften der Zivilisation etwas an den Zuständen des Mittelalters ändern kann, dass diese Menschen dort noch "unterentwickelt" sind. Hank Morgan hält sich anfangs für überlegen, kann aber letztlich selbst das feudale System und die Menschen, die in ihm leben, gar nicht verstehen.
    Es mag sein, dass bereits dieser Umstand sein Vorhaben scheitern lässt.
    Ich weiß, das ein Argument nicht besser wird, je öfter man es wiederholt, aber für mich ist das ein zentraler Punkt nicht nur in diesem Buch Mark Twains, sondern in seinem gesamten Werk, also nochmal:
    Ich glaube, dass Mark Twain weitergehender aufzeigen wollte, dass eben die technischen Errungenschaften alleine nicht zur Verbesserung der Zustände beitragen, wenn sie nicht begleitet werden von einer Einsichtsfähigkeit des Menschen.
    Und diese Einsichtsfähigkeit, letztlich die Fähigkeit zum Leben in Frieden und Freiheit, spricht Mark Twain nicht nur den scheinbar unterentwickelten Menschen des Mittelalters ab, sondern auch dem Menschen seiner (und unserer?) Zeit.


    Aber in diesem Zusammenhang fällt mir noch etwas ein:
    Twain gehörte zu jenen Kreisen amerikanischer Schriftsteller, die versuchten, der amerikanischen Literatur ein eigenes Gesicht, eine eigene Identität zu verleihen und sie von der europäischen, vorrangig der englischen Literatur abzugrenzen. Möglicherweise liegt auch darin die Härte begründet, mit der Mark Twain Rittertum und Romantik attackiert. Dann würde es sich auch um eine "Abrechnung" mit der alten europäischen Literatur handeln. Aber da müsste ich noch tiefer graben, ist nur ein Gedanke.



    @ hallo Rüdiger, zu Deiner These, dass Hank Morgan nicht die Meinung von Mark Twain wiedergibt, möchte ich nur anmerken, dass meiner Meinung nach jeder Schriftsteller seine eigene Meinung in seinen Werken vertritt und ich denke auch, dass Hank die Meinung von Mark Twain wiedergibt.


    Ich stimme mit Dir völlig über ein, dass Mark Twain in dem Buch seine eigene Meinung vertritt.
    Aber für mich ist das nicht gleichbedeutend damit, das sein Protagonist Hank Morgan als handelnde Person im Buch Mark Twains Meinung vertritt oder gar immer vertreten muss.
    Das ist meiner Ansicht nach nicht der Fall - tatsächlich zeigt Mark Twain ja auch Fehler auf, die sein Protagonist begeht, und die er nicht begehen würde, wäre er Mark Twain.

    Hallo nochmal!



    Willkommen in unserer Leserunde, Rüdiger.


    Danke. :smile:



    Was soll man da noch hinzufügen? :breitgrins:


    Na, das zum Beispiel: :zwinker:


    Deinem Argument mit dem "Vorbild" USA kann ich nicht so ganz zustimmen. Wenn Hank Rittertum und Feudalsystem anprangert, heißt das noch nicht, dass er deshalb alles nach amerikanischem Muster ummodeln möchte. Als das Buch 1889 im Original erschien, war das Thema Sklaverei in den USA noch sehr präsent. Das macht keinen großen Unterschied zu einem Feudalsystem.


    Du hast recht. Da habe ich mich in dem Bestreben, einen Zusammenhang mit der "Arroganz" Hanks aufzuzeigen und zu zeigen, warum er so arrogant erscheint, ein wenig vergaloppiert.
    Mark Twains Absicht war es ganz sicher nicht, die USA als Vorbild darzustellen, auch wenn sein Protagonist Hank die Errungenschaften der modernen Welt, deren Repräsentant er ist, und damit auch zunächst den modernen Menschen dem Feudalsystem und dem mittelalterlichen Menschen als überlegen ansieht.


    Oft wird ja der "Yankee" bei der Interpretation auf die Kritik am Feudalsystem und am Rittertum reduziert.
    Das mag eine mögliche Interpretationsebene sein, ich habe aber versucht darzustellen, das man und ich noch erheblich weiter gehen würde:
    es geht für mich bei dem "Yankee" letztlich eben nicht um das Feudalsystem bzw. um die Kritik am Feudalsystem geht (auch wenn es nach meiner Kenntnis zweifellos um die Entglorifizierung des Rittertums ging, von dem Mark Twain nicht viel hielt), sondern um die Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen zu seinen Lebzeiten.
    Und dabei geht eben auch nicht (nur) um die Zustände im "alten", noch monarchistischen Europa, sondern eben auch um die in den USA.
    Diese Kritik transportiert zugleich auch sein Menschenbild, nach dem auch der "moderne" Mensch nicht fähig ist, eine wirklich freie (und demokratische) Gesellschaft aufzubauen. Denn letztlich unterscheidet sich für Twain der moderne Mensch nicht groß von dem Menschen im Mittelalter, trotz der technischen Errungenschaften: auch ihm fehlt weiterhin Einsichtsfähigkeit.


    Inzwischen stelle ich immer häufiger eine philantropische Tendenz bei Hank fest. Hängt das mit der zunehmenden Akzeptanz seiner Person zusammen? Der Sarkasmus wird etwas weniger (oder habe ich mich mittlerweile daran gewöhnt?), er versucht, seinen Mitmenschen zu helfen und ihnen die Errungenschaften des 19. Jahrhunderts zu vermitteln. Im Moment kommt er mir fast etwas brav vor.


    Ich möchte nichts vorwegnehmen, aber ja, Hank Morgan erfährt in diesem Roman eine Entwicklung, er lernt auch dazu und damit lässt seine Arroganz nach.

    Moin moin!


    Nachdem mir glaubhaft versicherte wurde, dass mir als Nicht-Leserunden-Teilnehmer nicht der Kopf abgerissen wird, wenn ich auch einen Beitrag schreibe, wage ich es mal: denn den Yankee habe ich mehrmals gelesen - kein Wunder, denn einerseits habe ich stets Mark Twain gerne gelesen, andererseits sind die Geschichten und Bücher um König Artus einer meiner Interessenschwerpunkte.



    Je länger ich jedoch in dem Buch gelesen habe, desto mehr ärgerte ich mich über die arrogannte Art und Weise, in welcher Mark Twain auf die Personen aus der damaligen Zeit herabsieht und über sie urteilt. Anscheinend hat er völlig vergessen, dass die Menschheit und auch er seit der damaligen Zeit 13 Jahrhunderte Weiterentwicklung genossen haben.
    Ich finde es, gelinge gesagt, anmaßend, wie er sich mit seinem Wissen aus dem 19. Jahrhundert über diese Menschen lustig macht und dies vergällt mich auch etwas das Weiterlesen.
    Am liebsten würde ich Mark Twain hinter dem Ofen vorziehen und ihm den Kopf waschen.
    Ich bin etwas - sehr - enttäuscht darüber, wie wenig Gedanken er sich über die Menschen von damals macht und wie wenig feinfühlig er ist.
    Er ist so richtig ein Amerikaner - kann alles und weiß sowieso alles besser wie die anderen


    Dem kann ich aus mehreren Gründen nicht zustimmen.


    Zum einem ein eher "technischer" Grund:
    Man darf meiner Ansicht nach Hank Morgan nicht mit Mark Twain gleichsetzen.
    Bei einer Erzählung in der 1.Person liegt es zwar nahe, den Ich-Erzähler mit dem Autor zu verwechseln und fraglos ist es auch sehr häufig so, dass der Ich-Erzähler Gefühle, Ansichten und Meinungen des Autors wiedergibt.
    Auch beim Yankee ist das zweifellos vielerorts der Fall, aber nicht immer.
    Von der Arroganz des Protagonisten darf nicht auf die Einstellung Mark Twains unmittelbar zurückgeschlossen, Hank Morgan ist nicht einfach ein "alter ego" von Mark Twain.
    Da es sich nach allgemeinen und meinem Verständnis bei dem "Yankee" um eine Satire handelt, sehe ich auch in Einstellung und Verhalten Hank Morgans die satirische Überhöhung.


    Zum anderen sprechen meiner Ansicht nach auch einige inhaltliche Gründe gegen Gretchens These Dabei kann kann ich Tinas Aussage voll unterstützen:



    Er schreibt ja auch, dass dieses Verhalten, welches im 6. Jahrhundert an den Tag gelegt wird, in Bezug auf Obrigkeitshörigkeit und Demut, ja seine Ursache in Erziehung und Moral der Zeit haben. Insofern verurteilt er ja nicht den einzelnen Menschen, sondern eher die Lebensumstände und Ansichten diese Jahrhunderts.


    [color=navy]Mark Twains Roman ist eine Satire - eine Satire nicht nur auf das Feudalsystem, sondern ebenso auch auf seine Zeit und letztlich auch auf die USA.
    Natürlich enthält der Yankee auch eine Kritik an dem Feudalsystem bzw. an der Verherrlichung des Feudalsystems und der der Romantisierung des Rittertums: Mark Twain zeigt satirisch auf, das es so romantisch nicht wahr, das Ritter nicht die edlen Menschen waren als die sie damals und auch heute noch vielen Menschen erscheinen.
    Zwar ist die Epoche der Romantik bei Erscheinen des Buches bereits seit etwa 50 Jahren vergangen, aber zumindest in Europa gab es mit der "Neuromantik" Ende des 19., Anfang des 20.Jahrhunderts wieder eine ähnliche Strömung.
    Meine Kenntnisse reichen leider nicht aus, um zu sagen, inwieweit in den USA die Entwicklung wahr.
    Da Mark Twain aber selbst in Europa war und u.a. auch seinen Deutschlandaufenthalt in seinen Reisebeschreibungen als besonders prägend bezeichnet ist es durchaus möglich, dass er von den neoromantischen Strömungen, wenn es sie denn nicht auch in den USA gab, so doch in Deutschland etwas mitbekommen hat (besonders da er sich in einer Stadt aufhielt, die heute noch als besonders romantisch gilt: Heidelberg).
    Und gegen diese Romantisierung hatte er wohl ebenso etwas wie gegen die Romantiserung des Lebens am Mississippi.


    Aber noch weitergehender wendet sich Mark Twain nicht nur gegen die Verherrlichung des Rittertums, zugleich hat diese Kritik eine politische und gesellschaftliche Ebene:
    Im Erscheinungsjahr des Buches gab es zwar in Europa kaum mehr Staaten mit mittelalterlichen Feudalsystem, doch noch hatten viele Staaten (einschließlich Deutschlands) kein so entwickeltes demokratisches und freies System wie die USA .
    Man kann also dem "Yankee" ebenfalls eine Kritik an solchen Staaten entnehmen bzw. noch etwas etwas allgemeiner: die Kritik an Adel, Monarchie und Kirche (und wie gesagt: Mark Twain kannte Europa und Deutschland).


    Es ist nachvollziehbar, dass dabei zunächst die USA als Vorbild dargestellt werden und als ihr "Repräsentant" Hank Morgan.
    Aber: so einfach macht es einem Mark Twain dann auch nicht und er belässt es nicht bei dem bloßen Vorbild USA.
    Denn auch die Figur Hank Morgans und seines Verhaltens erfährt zunehmend Brüche. (Mehr möchte ich zu diesem Zeitpunkt der Leserunde nicht verraten) und schließlich sind die Verhaltensweisen der Menschen in einer demokratischen, freiheitlichen Gesellschaft oft auch nicht so anders als in dem von Twain geschilderten Feudalsystem.
    Menschen wie Merlin und Artus finden sich ebenso wie Obrigkeitshörigkeit und Willkür ja auch in einer (scheinbar?)demokratischen, freien Gesellschaft wie in den USA.
    Letztlich also ist in dem Yankee auch die allgemeine Kritik am menschlichen Verhalten enthalten mit dem Tenor, dass der Mensch unfähig zu Demokratie und Freiheit ist.


    Inwieweit damit Mark Twains Buch überinterpretiert wird und ob eine solche Kritik an politischen und sozialen Verhältnissen wirklich in Mark Twains Absicht lag oder nur aus unserer heutigen hineininterpretiert werden kann ist wieder eine andere Frage - aber Intention und Funktion unterscheiden sich ja häufig.
    Zieht man jedoch die anderen kritischen Werke Mark Twains in Betracht - u.a. eben auch die "Erwachsenenversionen" von Tom Sawyer und Huckleberry Finn oder auch "Prinz und Bettelknabe" - so ist meiner Meinung nach eine solche Interpretation durchaus zulässig.

    Moin moin!



    Ich hätte ja schwören können, dass das Buch, das ich vor über 30 Jahren gelesen habe, "Caius ist ein Esel" hieß, aber wahrscheinlich täuscht mich da mein Gedächtnis.


    Nur etwas: es gibt die Anekdote, dass Henry Winterfeld die Idee zu seinem Buch kam durch eine Graffiti, die in Pompeji entdeckt wurde: "Caius asinus est".
    Ich wünsche Dir viel Spaß beim Wiederlesen!