Beiträge von escroc

    Ein schöner Kommentar bei der ZEIT zu der auch in meinen Augen misslungenen Werbekampagne des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels für das Bücherlesen:


    https://www.zeit.de/kultur/lit…gne-jetzt-ein-buch-kritik


    Schön finde ich auch die Alternativvorschläge des Autors zu den lahmen Werbesprüchen des Börsenvereins:


    "Wieder Hirn zu Brei geglotzt mit Netflix? Sei klüger, nimm ein Buch." "Du hast dich in dieser Woche drei Kilometer durch Facebook gescrollt. Ein Roman hätte dich weitergebracht." Oder "Wieder stundenlang einem Hashtag hinterhergeklickt? Mit einem Sachbuch hättest du wirklich was kapiert."

    ^^


    Zu "Unkenrufen": Das ist für mich eine realistische Einschätzung der Zukunft und des Fortschritts. Glaubt ihr wirklich daran, dass die Buchwelt so wie sie jetzt ist, bestehen bleiben wird? Für mich steht es außer Frage, dass in dreißig, vierzig Jahren überwiegend digital gelesen wird.


    Ja, ich glaube, dass die Buchwelt bestehen bleibt. Denn ein Buch ist mehr als nur sein Text, den es transportiert. Super-8-Film, VHS-, Beta- und andere Videoformate sowie DVD, BluRay und sonstiges Digitalfilmgedöns sind nur verschiedene Wege, bewegte Bilder auf eine Leinwand bzw. einen Bildschirm zu bringen, auf denen der Film angesehen wird. Genauso sind Schellackplatte, Tonband oder CompactDisc nur verschiedene Wege, Musik über einen Lautsprecher oder Kopfhörer in den Gehörgang des Musikkonsumenten zu bringen. Hingegen ist ein Buch mehr als nur die Abbildung eines Textes. Zu einem Buch gehört das Anfassen, eine - gut gemachte - Typographie, ein bestimmter Satzspiegel usw. Nur ein gedrucktes Buch ist ein Buch, das diesen Namen verdient, und das nur auf Papier. Ein E-Book ist kein Buch, daher stört mich die Verwendung des Begriffs "Buch" für einen digitalen Text. Und komme mir ja keiner mit dem Argument, dass das Buch ja nur der Träger eines Textes ist, den man genauso auch digital auf einem seelenlosen Lesegerät konsumieren kann. Denn ein Buch ist ein Gesamtpaket, eben auch das Papier, auch der Geruch, auch das Haptische. Ein Buch kann ich anfassen. Einen digitalen Text nicht.


    Amazon weiß bei Shades of Grey, dass die Abbruchquote nur bei 2,5% lag, was extrem niedrig ist.


    Das hört sich auf SpiegelOnline anders an:


    Ungelesene Bestseller: Nur jeder Vierte schafft "Shades of Grey"


    Ausgerechnet der bestimmt nicht leichte "Distelfink"-Wälzer von Donna Tartt zählt danach zu den am häufigsten bis zum Ende gelesenen E-Books. So ein Ergebnis mag der Erhebungsmethode geschuldet sein. Aber vielleicht wird in "Shades of Grey" auch einfach nur mehr gestöbert als linear gelesen. Um die interessantesten Passagen zu finden. :zwinker:

    Außerdem wäre das kein Vorteil für den Leser, sondern für die Mehrheit der Leser. Das würde dazu führen, dass die Verlage bevorzugt Bücher produzieren, die dem durchschnittlichen Leser gefallen, Middle-of-the-Road-Literatur sozusagen, Literatur, die keinem wehtut. Literatur hingegen, die nur wenigen gefällt, weil sie zu anspruchsvoll, zu speziell oder nur an eine kleine Zielgruppe gerichtet ist, würde entfallen, weil sie vergleichsweise wenig verkauft wird und nur geringen Profit abwirft. Eine schreckliche Vorstellung.


    Ich glaube unverständliche Rezensenten und unverständliche Autoren bedingen sich gegenseitig.


    Das ist alles subjektiv. So ist eben Deine Ansicht.



    Jirgl habe ich nicht gelesen. Nach der oben angeführten Rezension und diesem Amazon Kommentar werde ich es wohl auch bleiben lassen:
    "Nein, da steckt wirklich kein Funke Leben drin. Das ist nicht einmal ein total in die Hose gegangener Roman, das ist einfach nur ein mit der Schneeschaufel zusammengeschobener Riesenhaufen Wörter aus dem Wörterbuch des prätentiösen Gegenwartsliteraten, garniert mit garantiert unwitzigen Zeichensetzungswitzen."


    Und mir geben solche Amazon-Kommentare nichts. :zwinker:

    Niemand wird gezwungen, Feuilletonkritiken zu lesen. Wie Sandhofer schon vor einiger Zeit schrieb, muss nicht jeder zur Zielgruppe dieser Kritiken gehören. Ich selber interessiere mich herzlich wenig für Sportwagen, also halte ich mich von entsprechender Fachliteratur fern, beklage mich aber auch nicht darüber, dass in Autozeitschriften so viel und so speziell über Sportwagen geschrieben wird. :zwinker:


    Sollten sie? Warum? Was ist prinzipiell schlecht daran, dass hier eventuell eine Elite eine Elite (bzw. sich selber) bedient? In jeder Autoshow am TV werden mir Hoch-PS-Sportwagen u.ä. vorgestellt, dazu in einer Sprache, der ich nicht zu folgen vermag. Von Aficionados für Aficionados. Guck ich nicht (mehr), aber es soll Leute geben, die so was toll finden. Ist OK für mich, ich mag da nicht gleich von Überheblichkeit reden. Bin halt nicht die Zielgruppe, so what?


    Wenn ich mir das Meinungsbild hier im Forum so ansehe, stelle ich nur fest - und das meine ich nicht (ab)wertend, das ist nur meine Beobachtung -, dass offenbar nur wenige etwas mit Feuilletonkritiken anfangen können. Das deckt sich mit meiner Beobachtung, dass das durchschnittliche Literaturschock-Mitglied eben auch selten Bücher liest, die im Feuilleton besprochen werden. Umgekehrt: Hier werden hauptsächlich Bücher gelesen, die im Feuilleton keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen. Was ja an sich erst mal völlig wertungsfrei ist. Aber dann braucht sich auch niemand zu beklagen, dass er sich nicht im Feuilleton wiederfindet.

    Zugegeben - "hypertroph" ist im Rahmen einer Buchkritik ein überflüssiges Angeberfremdwort. Aber von der Bedeutung her nicht falsch. Der Duden sagt zu "hypertroph" u.a.: "(bildungssprachlich) ein Übermaß aufweisend; übersteigert, überzogen, übermäßig".


    Aber Saltanah hat recht: "Überschäumende Fabulierlust" wäre eine schönere Formulierung gewesen.

    Exakt getroffen. Es schafft sich selbst ab.


    Besser, aufrecht unterzugehen, als sich dem massenkompatiblen Zeitgeist anzupassen. :breitgrins: Aber warum ist das so? Warum wollen oder können immer weniger Leser heutzutage anspruchsvolle Kritiken lesen? Kritiken und Rezensionen werden offenbar nur noch gelesen, wenn sie nicht zu lang und nicht zu schwierig zu verstehen sind. Irgendwann landen wir bei twitterkonformen Textschnipseln - konsumiert wird, was in 140 Zeichen passt. Und Fremdwörter dürfen schon gar nicht darin vorkommen. :zwinker:


    "Dieses irrwitzige Labyrinth von einem Roman beweist, dass man vor dicken Büchern keine Angst haben muss – nur vor langweiligen. Thomas Pynchon verbindet in diesem Klassiker der Postmoderne die Geschichte vom Beginn des Raktenzeitalters mit hypertropher Fabulierlust und enzyklopädischen Kenntnissen und erweitert sie um psychologische, parapsychologische, politische, pornographische und popkulturelle Dimensionen. " Quelle: Kulturradio (das müsst ihr mir glauben, der Link wurde zwischenzeitlich deaktiviert)


    Und da dachte ich mir im ersten Moment: lieber Gott, was ist denn das? Ich habe vor dicken Büchern keine Angst, ich habe aber Angst vor solchen Formulierungen. Was ich sagen wollte ist, dass ich gerne Literaturkritiken lesen würde, die eben genau so nicht sind wie oben, sondern klar und verständlich formuliert.


    Seltsam - genau das von Dir gebrachte Zitat weckt meine Neugier auf das Buch. Was ist daran unverständlich? Klingt nach Begeisterung über ein Buch, das nicht nur toll erzählt ist, sondern bei dem man auch noch seinen Horizont erweitert. Was will man mehr? :smile:

    Stimme dir zu.
    Der Suhrkamp-Verlag wird vielleicht bleiben, nur sollte dann die Fürstin endlich gehen und der ihr immer so vorauseilend ergebene Hofstab gleich mit.
    Hätte man diese Kaufmannsseele nicht von Anfang an so maßlos unterschätzt, in der intellektuellen Arroganz sich selbst ernannter Eliten, es wäre nicht zu dem gekommen.


    Nur - als Autor dieses angesehenen Verlags wünscht man sich ja vielleicht doch eher die exaltierte Intellektuelle als Chefin, und nicht den profitorientierten Kaufmann ohne größere öffentlich bekannte literarische Kenntnisse. Und als Leser der Erzeugnisse dieses Verlags möglicherweise ebenfalls...