T. C. Boyle - Wassermusik

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  • Zitat von "finsbury"


    häufig übertreibt er die Drastik, so dass es schon zum Selbstzweck wird, das denke ich auch.
    Wie gesagt, da das alles in nicht wahrnehmbarem Dienst einer Message steht, wirkt es auch aufgesetzt .


    Ich bin auch der Meinung, dass viele seiner drastischen Beschreibungen aufgesetzt wirken. Es bleibt so das Gefühl, dass er diese bewußt übertreibt und den Leser möglichst schocken möchte, ich verstehe da nicht ganz den Sinn: Es ist doch effizienter solche Absätze spärlich einzusetzen. Ich weiß nicht, was er eigentlich damit erreichen will.


    Alles in allem bleibe ich bei meiner zweispältigen Meinung zu dem Buch, werde aber - da es eh zu Hause steht - noch Worlds End lesen.


    Kennt einer das Mittelchen, dass sich Fanny verabreicht? War es in dieser Zeit üblich? Womit kann man es vergleichen?


    Lg, Carina1606

  • Hallo Mitleser,


    großartig war allerdings wieder die Szene, wo Boyle eine Seite aus dem Original-Tagebuch von Park wiedergibt ... und anschließend Johnson meckert, das sei ja total unglaubwürdig. Hier dreht Boyle Fakten und Fiktion einfach um und macht sich drüber lustig ...


    M. Hoffmann

  • Zitat von "carina1606"

    Kennt einer das Mittelchen, dass sich Fanny verabreicht? War es in dieser Zeit üblich? Womit kann man es vergleichen?


    Lg, Carina1606


    Hallo Carina,


    Laudanum oder ein anderes Opiumderivat, Wirkung wie potenziertes Morphium, beruhigend und halluzinogen: Im England des 19. Jahrhunderts war das eine Modedroge der Begüterten, die es angeblich zum Einschlafen oder zur Beruhigung nahmen, während die Ärmeren direkt in die Opiumhöhlen schlichen (vgl. z.B. Dickens: Das Geheimnis um Edwin Drood).
    Ich bin jetzt fertig, aber nicht so recht überzeugt, weil am Ende ein ziemlich merkwürdiges Bild des Schwarzafrikaners stehen bleibt, ohne durch eine andere Perspektive gebrochen zu werden.
    Wenn ich eine Aussage gefunden habe, dann diese: Es ist kaum möglich, dass Menschen sich längerfristig verstehen und ihre Interessen teilen können, weil eigener Charakter, Rollenbestimmung, biologische Anlagen und kulturelle Determinanten dem entgegenstehen.


    Das Buch wirkt inzwischen gar nicht lustig auf mich, sondern eher zutiefst hoffnungslos.


    Ich werde die Diskussion weiter verfolgen und mich bei Gelegenheit einschalten. Euch noch viele interessante Lesestunden.


    HG
    finsbury

  • Hallo werte Mitleser,


    wer ist denn eigentlich gerade an welcher Stelle? Ich bin inzwischen im zweiten Teil auf S. 322 ...


    SPOILER ...




    ... nachdem Mungo nach Schottland zurückgekehrt ist und seine Ailie geheiratet hat.
    WObei ich sein Verhalten ziemlich seltsam fand, als er in London eintraf und - anstatt sofort zu ihr zu eilen - erstmal mit seinem Buch beginnt, mehrere Monate in der Hauptstadt abhängt und dann noch mit der Baronesse ein Verhältnis beginnt. Boyle schreibt zwar, daß Mungo sich zu der Zeit gar nicht so sicher über seine Gefühle zu Ailie ist, aber dennoch finde sein Verhalten ziemlich übel. Was meint ihr?


    SPOILER ENDE

  • Hallo liebe Mitleser/innen,


    tut mir leid, aber ich werde diese Leserunde wohl leider aufgeben müssen. Während meiner Krankheit diese Woche habe ich höchstens 10 Seiten gelesen und nun kann ich das irgendwie nicht mehr aufholen.


    Ich hoffe, ihr seid mir nicht zu böse und wünsche euch noch viel Spaß mit T.C. Boyle!


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo,


    das Verhalten von Mungo, erst ein Buch zu schreiben, ohne sie überhaupt zu sehen, sehen zu wollen, finde ich auch ziemlich merkwürdig. Aber die Reaktion von Ailie ist klasse - Ailie ist sowieso mein Lieblingscharakter in diesem Buch bzw. war sie! Denn nun geht sie mir mit ziemlich auf den Geist mit ihrer übertriebenen Liebe zu Mungo, sie erdrückt ihn, beschränkt ihn, nimmt ihm jede Hoffnung, sein Leben so zu leben, wie er es gern möchte. Die Konsequenz daraus ist - wie zu Erwarten - dass er das Weite sucht, heimlich natürlich, da sie für kein Gespräch offen ist.
    Es beginnt die zweite Afrikareise und hier lese ich gerade - oder versuche es, aber es ist zur Zeit so langweilig, dass ich nicht weiterkomme.


    Gruss, carina1606

  • Zitat von "Anonymous"

    Ailie ist sowieso mein Lieblingscharakter in diesem Buch bzw. war sie! Denn nun geht sie mir mit ziemlich auf den Geist mit ihrer übertriebenen Liebe zu Mungo, sie erdrückt ihn, beschränkt ihn, nimmt ihm jede Hoffnung, sein Leben so zu leben, wie er es gern möchte. Die Konsequenz daraus ist - wie zu Erwarten - dass er das Weite sucht, heimlich natürlich, da sie für kein Gespräch offen ist.


    Hallo Carina,


    das ging mir ähnlich: Es gibt einen Bruch in Ailies Charakter: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich zuerst derart für das Mikroskopieren begeistert und dieses Hobby später überhaupt keine Rolle mehr spielt. Sie hat dochh auch unterschiedliche Handlungsalternativen, aber am Ende resigniert sie nur.

    Zitat von "Anonymous"

    Es beginnt die zweite Afrikareise und hier lese ich gerade - oder versuche es, aber es ist zur Zeit so langweilig, dass ich nicht weiterkomme.


    Gruss, carina1606


    Ach, direkt langweilig habe ich es nicht gefunden, aber es wiederholt sich eben Vieles und das Ende ist wie gesagt für mich nicht so astrein...


    HG
    finsbury

  • Zitat von "finsbury"

    Es gibt einen Bruch in Ailies Charakter: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich zuerst derart für das Mikroskopieren begeistert und dieses Hobby später überhaupt keine Rolle mehr spielt.


    Ich fand es schön zu lesen, wie Ailie mit den Widrigkeiten ihres Lebens umging, sie resignierte nicht, blieb konsequent, das Mikroskopieren war noch das i-Tüpfelchen: eine Frau (in der damaligen Zeit) mit so einem ungewöhnlichen Hobby, das sie scheinbar auch sehr professionell und ausdauernd betrieben hat.
    Und dann das: die Umkehrung zur Ehefrau und Mutter und das Aufgehen in dieser Rolle und keine weiteren Interessen. Hätte ich kaum für möglich gehalten. Auf diesen Seiten war mir Mungo auch das erste Mal richtig sympathisch und ich konnte sein Handeln gut nachempfinden, ob es moralisch richtig war, das mag dahin gestellt sein...


    Auch Ned Rise gefällt mir langsam, er ist ja nicht tot zu kriegen, auch wenn vieles unwahrscheinlich klingt, macht es doch Spaß seinen Lebensweg zu verfolgen. *grins*


    Also, auf den letzten Seiten... gibt es eigentlich noch andere Mitleser ?????????

  • Hallo,


    ich bin jetzt auch am Beginn der zweiten Afrikareise, gerade haben sich Mungo und Ned zum ersten Mal getroffen ...


    SPOILER




    Ich fand es trotzdem sehr feige von Mungo, Ailie nicht die Wahrheit über seine zweite Afrikareise gesagt zu haben. Er hätte mit ihr die Auseinandersetzung suchen müssen, ihr deutlich machen müssen, wie wichtig diese Reise für ihn ist. Aber sich einfach so heimlich zu verkrümeln... naja!



    SPOILERENDE


    Grüße, M. Hoffmann

  • Hallo liebe MitleserInnen,


    gestern abend war es soweit: Die letzte Seite "Wassermusik" wurde von meinen neugierigen Fingern umgeblättert ...


    Insgesamt hat das Buch am Ende wieder etwas Fahrt aufgenommen, nachdem zu Beginn der zweiten Afrikareise der Spannungsbogen etwas durchhing.
    Abgesehen davon habe ich Wassermusik wirklich gerne gelesen: witzig, böse, satirisch überzeichnet, voller schräger Figuren und Einfälle. Viele Szenen waren brilliant geschrieben, einige etwas zu gewollt, und sicherlich fehlte manchmal etwas Reflektion über den Beginn der Kolonisierung, die mit Mungo Parks Entdeckungsreise einsetzt. Boyles Buch schwebt doch etwas zu sehr an der Oberfläche, um ein Buch mit eventuellem Wiederlesewert zu sein. Dennoch: köstliche Unterhaltung auf hohem stilistischen Niveau.


    Grüße, Euer M. Hoffmann

  • Zitat von "nimue"

    Angemeldet für die Leserunde hatten sich:


    ...
    Buridan (?)
    ...


    Nachdem ich auf mein Versäumnis aufmerksam gemacht wurde, muss ich bekennen, dass ich diese Leserunde vor lauter Arbeit für die FH völlig verschwitzt habe. :rollen: Ich schon froh, dass ich "Gevatter Tod" zu Ende geschafft habe.

    Grüße Buridan

  • Ich habe das Buch jetzt zur Seite gelegt - ich habe die zweite Afrikareise übersprungen und noch die letzten Seiten quer gelesen.


    Worlds End erwartet mich noch - aber das muss warten. Dieses Buch von mir wird mir zwar in Erinnerung bleiben, ich würde es aber nicht weiterempfehlen. Es gabe Passagen, die mir gut gefallen haben, aber insgesamt hat er mich nicht überzeugt.


    Tschüss,

  • Zitat von "finsbury"


    Ich bin jetzt fertig, aber nicht so recht überzeugt, weil am Ende ein ziemlich merkwürdiges Bild des Schwarzafrikaners stehen bleibt, ohne durch eine andere Perspektive gebrochen zu werden.
    Wenn ich eine Aussage gefunden habe, dann diese: Es ist kaum möglich, dass Menschen sich längerfristig verstehen und ihre Interessen teilen können, weil eigener Charakter, Rollenbestimmung, biologische Anlagen und kulturelle Determinanten dem entgegenstehen.


    Hallo,


    ich kann mich finsburys Deutung nur anschließen. Die Kommunikation zwischen Afrikanern und Europäern scheitert in diesem Buch an unüberbrückbaren kulturellen Schranken, die beide Seiten errichtet haben. Wobei die Szenen in London und in Schottland mitunter genauso barbarisch erscheinen wie die in Afrika (wenn ich da an Brooks Perversionen denke oder an den Mediziner, der Leichen ausgraben läßt ...) So ließe sich auch erklären (wenn auch nicht entschuldigen), wie es zu den grausamen Auswüchsen der Kolonisierung kam. Pech für die Afrikaner, daß sie nicht genügend Feuerkraft besaßen ...


    Grüße, M. Hoffmann