Luo Lingyuan - Die chinesische Delegation

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    Luo Lingyuan
    [size=11pt]Die chinesische Delegation[/size]

    258 Seiten
    Dtv Verlag
    Taschenbuch


    Klappentext:
    Wenn eine chinesische Delegation nach Berlin kommt, um an einer Konferenz teilzunehmen, und nebenbei in 19 Tagen noch halb Europa kennen lernen möchte, dann sind Konflikte vorprogrammiert. Vor allem, wenn die meisten Teilnehmer noch nie aus ihrer Heimatstadt herausgekommen sind und die Reiseleiterin eine selbstbewusste junge Frau ist, die schon jahrelang in Deutschland lebt. Die junge Song Sanya hat alle Mühe, die Reisegruppe zusammen zuhalten. Besonders der macht bewusste Parteisekretär Wang Jian, der gewohnt ist, dass alle seine Anweisungen augenblicklich befolgt werden, macht ihr das Leben schwer. Und auch die übrigen Delegationsmitglieder denken in Europa nicht nur an Kultur, sondern auch an Romantik und Sex.


    Der erste Satz:
    „Alle Vögel sind schon da, alle Vögel alle“, trällert Song Sanya mit einer Stimme, die an leicht dahin schwebende weiße Wolken erinnert, und steigt als letzte in den wartenden Reisebus.


    Meine Meinung:
    In „Die chinesische Delegation“ geht es um eine Reisegruppe aus China, die zwar hauptsächlich wegen eines großen Bauprojekts in Berlin Informationen sammeln, aber auch ein bisschen Europa kennen lernen möchte. Die Geschichte beginnt in Rom und endet in Paris.
    Die Gruppe besteht ausschließlich aus Managern und anderen wichtigen Parteimitgliedern, Wang Jian ist als Parteisekretär der Ranghöchste und benimmt sich auch so. Er ist mit Abstand der unsympathischste Charakter und macht Sanya das Leben schwer. Auch innerhalb der Gruppe kommt es schnell zu Spannungen, aus welchen Gründen auch immer. Man merkt genau wer an welcher Stelle der Rangordnung steht, so zahlt z.B. Gao, ein eher unbedeutender Geschäftsmann sämtliche Ausgaben von Wang, in der Hoffnung dieser begünstige ihn hinterher bei der Vergabe der Bauaufträge. Der Multimillionär Li geht hingegen sehr entspannt mit Wang um, hat er doch nur wenig zu fürchten. Wer in diesem Roman Macht hat spielt sie aus.
    Im Großen und Ganzen gibt es zwei Ebenen; einerseits die Reisegruppe, ihre Probleme, privaten Schicksale und das Bauprojekt, und auf der anderen Seite Sanyas eigene Situation; sie erwartet ein Baby von ihrem (deutschen) Freund, welcher sich aber eigentlich noch nicht bereit fühlt und sich daher weiter von Sanya zurückzieht.
    Man bekommt auch kleinere Einblicke in die Art wie Chinesen Geschäfte machen oder wie man sich vor dem Abschluss eines Geschäfts „kennenlernt“. Besonders auffällig war für mich auch dieser Patriotismus, alles wurde mit China verglichen und wenn möglich, mit Freuden verrissen. Kritik durfte nicht straflos geübt werden und erstaunlicherweise wurden auch die Ausführungen eines Deutschen zu Kriminalität, Drogenkonsum etc. als Schlechtmachung Deutschlands gewertet und mit Entsetzen aufgenommen (im Sinne von „Wie kann man sein Land in den Dreck ziehen?“).
    Luo Lingyuan schreibt auf deutsch, die Sprache ist einfach, was der Lesbarkeit keinen Abbruch tut, ich finde sogar, ein blumigerer Ausdruck hätte einfach nicht in die Geschichte gepasst. Besonders die Gespräche, die sich um Sex drehen sind relativ explizit.

    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Für die Leseweltreise unterwegs mit Chinesen in Europa:


    Luo Lingyuan: Die chinesische Delegation


    Zur Autorin:
    Luo Lingyuan wurde zu Beginn der 60er in der VR China geboren, emigrierte jedoch und studierte und lebt in Berlin. Sie ist mit zahlreichen Förderstipendien und dem Adelbert von Chamisso-Förderpreis ausgezeichnet worden. Sie schreibt auf Deutsch.
    Zum Inhalt:
    Sanya, eine chinesisch stämmige, aber in Berlin lebende Reiseführerin führt eine chinesische Delegiertengruppe aus der in der Nähe von Shanghai liegenden Millionenstadt Nangbo in 19 Tagen durch europäische Städte. Dabei prallen chinesische und europäische Vorstellungen auf interessante, oft lustige und manchmal nachdenklich machende Art aufeinander. Sanya gerät immer wieder mit dem autokratischen Wang, dem Leiter der Delegation, aneinander, weil er für sie auf nicht akzeptable Weise das ihr verhasste despotische China der Partei verkörpert. Dabei steht sie immer wieder im Widerspruch zwischen den chinesischen Höflichkeitstraditionen und dem europäischen Freiheitsdrang.
    Meine Meinung:
    Der Inhalt des Buches ist interessant, originell und erhellend. Leider ist die Umsetzung nicht so recht gelungen. Luo baut einige triviale Handlungselemente ein, deren es überhaupt nicht bedurft hätte und die das Niveau deutlich senken. Dennoch ist sprachliche Gestaltung oft sehr bemerkenswert, denn die Autorin vermischt unbefangen die europäisch anmutende Erzählhaltung mit der poetischen Sichtweise der Chinesen, was zu hübschen und überraschenden Darstellungen europäischer Landschaften und Gebäudekomplexe führt.


    Trotz der Abstriche durchaus lesenswert!


    HG
    finsbury