Halldór Laxness - Am Gletscher

Es gibt 41 Antworten in diesem Thema, welches 15.330 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bettina.


  • "[...] Dann nahm er ein bisschen Schnupftabak, ging aus dem Haus und kaufte den Visir. Und so weiter. Mir aber gehörte der Schrubber."


    In den Augen von Fina muss die Arbeit eines Mannes ja gnadenlos minderwertig sein - oder doch nur die ihres Mannes?
    Jedenfalls war das wieder eine der Szenen, in denen ich grinsen musste.


    Ich denke, sie meint ihren Mann, weil der "nicht der größte Angler der Welt" ist, und noch nicht mal einen Zwölftonner fährt. Der Schrubber ist wenigstens was Handfestes. :breitgrins:



    Laxness nimmt wieder Bezug auf Jules Verne. Ich habe "Otto Lidenbrock" gegoogelt und er muss einer der Protagonisten sein. Kennt jemand Reise nach dem Mittelpunkt der Erde etwas genauer und findet vielleicht noch mehr Anspielungen?


    Ich habe die "Reise zum Mittelpunkt der Erde" als Kind/Jugendliche gelesen (oder den Film gesehen?), kann mich fast nicht mehr daran erinnern. Auf jeden Fall beginnt der Weg zum Mittelpunkt der Erde im Krater des Snæfellsjökull (was diesen gewissermaßen zum Nabel der Welt macht. :zwinker:)



    Im Kapitel drauf nimmt Laxness das Geschehen aus dem Buch von Verne für bare Münze. Soll das eventuell andeuten, dass auch dieses Buch nicht so ernst genommen werden sollte?


    Aber nein, natürlich sollst du das Buch vollkommen ernst nehmen. :breitgrins:



    Ja, beim Lesen stellen sich tatsächlich immer mehr Fragen. Ich denke, Laxness spielt auch ein wenig mit dem Leser.



    Tja, nur: Welche Spielfigur bin ich? :breitgrins:


    Das darfst du dir aussuchen. Welche wärest du denn gern? :smile:


    Du darfst dir sogar das Spiel aussuchen, das du mitspielen möchtest:
    - ein Puzzle (Zusammenfügen der im Text verstreuten Einzelteile),
    - eine Schnitzeljagd (Hinweise suchen, die auf ein Ziel hinführen),
    - ein Ratespiel (Interpretieren der verschiedensten Anspielungen),
    - ein Witze-Erzählspiel (lachen über die kuriosen Absurditäten)
    - oder man empört sich einfach über all den Blödsinn (Variante "Spielverderber" :breitgrins: :breitgrins:)


    Viele Grüße,
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Kennt jemand Reise nach dem Mittelpunkt der Erde etwas genauer und findet vielleicht noch mehr Anspielungen? Ich erinnere mich, dass auch der Bischof diesen Roman erwähnte.


    Ich habe das Buch als Kind gelesen und mir gestern zwecks Re-Read aus der Bib ausgeliehen. An vieles kann ich mich leider nach gut 30 Jahren nicht mehr erinnern.
    Laxness erwähnt in seinem Buch mehrmals den Namen Saknussemm, einer Romanfigur von Verne. Einer der 3 Hirten/Könige hat auch diesen Namen abbekommen.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Ich hinke etwas hinterher und wundere mich noch über den Schlussatz von Kapitel 9, als Frau Fina Jonsen ihren verstorbenen Mann beschreibt:
    "[...] Dann nahm er ein bisschen Schnupftabak, ging aus dem Haus und kaufte den Visir. Und so weiter. Mir aber gehörte der Schrubber."


    Inzwischen war auch der Mann stolz auf den Besitz des Schrubbers, der die seltsamen Hirten abgeliefert hat. Schrubber müssen etwas magisches haben. Kann ich nachvollziehen, denn auch meine Tochter macht damit immer die Bude nass, wenn ich nicht aufpasse. Und Fina wurde ja auch wieder zum Putzen am Gletscher gesichtet.


    So, jetzt wieder im Ernst: Diese Hirten sind ulkige Gesellen. Die toppen den isländischen Aberglauben heftig. Hat Laxness Mitleid mit Californien gehabt und die wildesten Hippies nach Island kommen lassen?
    Interessant ist ja, ob ich irgendwann noch das Gefühl verspüren könnte, dass Laxness die drei Weisen aus dem Morgenland hier karrikiert, als Motiv aufgreift oder was auch immer. Da, wo ich jetzt stecke, ergibt sich jetzt der erste Sinn aus dem merkwürdigen Sarg auf dem Gletscher. Mit der Kirche hat er offensichtlich nichts zu tun, sondern mit dem Hippie-Glauben.


    Ich werde übrigens weiterhin etwas hinter Euch herhinken. Meine Tochter weigert sich, Mittagsschlaf zu machen und klaut mir doch tatsächlich eine Stunde Mittagspause.


    Ich habe das Buch als Kind gelesen und mir gestern zwecks Re-Read aus der Bib ausgeliehen. An vieles kann ich mich leider nach gut 30 Jahren nicht mehr erinnern.
    Laxness erwähnt in seinem Buch mehrmals den Namen Saknussemm, einer Romanfigur von Verne. Einer der 3 Hirten/Könige hat auch diesen Namen abbekommen.


    Ich habe diesen Roman nie gelesen - vielleicht sollte ich ihn mal auf die Liste SBB setzen (Stapel der Bibliotheksausleihe-Bücher).

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Ich komme im Moment auch nur langsam vorwärts, kann das aber noch nicht mal auf die (nicht vorhandene) Tochter schieben. Nur ist mir zur Zeit aus unbekanntem Grunde nur nach reiner Unterhaltungslektüre zumute und so schaffe ich nicht mehr als ein paar Kapitel Laxness pro Tag.


    Laxness wirft hier ja wirklcih alls Religionen durcheinander. Christentum, heidnischer Aberglaube, New Age-Mystik, Hinduismus... alles ist vorhanden.


    Eine Zeitlang habe ich Mundi Mundason, alias Gudmundur Sigmundsson, alias Professor Syngman, alias Angler als eine verdrehte Jesusfigur gelesen. Der Menschenfischer wird zum Angler, der einen Menschen in einen Fisch verwandelt und dann fängt, als Professor will er Menschen wieder zum Leben erwecken und - könnte man sagen - eine neue Religion beginnen. "Mundi Mundason" ist zwar eigentlich (glaube ich) eine Koseform von Gudmundur Sigmundsson, erinnert mich aber an das lateinische "mundus", das Erde, Weltall, Menschheit bedeutet. Als Sohn der Erde oder Menschensohn könnte man den Namen also lesen. Das "Gud" in Gudmundur bedeutet übrigens auch Gott.
    Nun ja, ich glaube, man könnte hier ewig weiter assoziieren. Allerdings ließen mich die Ereignisse im 29. Kap. erst mal abstand von meiner Gudmundur/Jesus-Idee nehmen. Andererseits ... mmh, je nachdem, wie es sich weiter entwickelt ... ;al schauen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Mir geht es wie euch. Ich bin zwar schon weiter, aber zunehmend verwirrt, habe den Faden etwas verloren. Im Prinzip habe ich alles ähnlich wie du gedeutet Saltanah: ein Mischmasch aus allen möglichen Religionen, Godmann Syngmann als Jesusfigur oder Religionsstifter - warum nicht? Auch wenn sich dieser Schlüssel nicht das ganze Buch hindurch durchhalten läßt. Jedenfalls ist nicht Godman Syngman derjenige, der aufersteht. (Wer ist Sira Jon? Ein Prophet? Jon=Johannes - der Täufer oder der Evangelist?)



    Allerdings ließen mich die Ereignisse im 29. Kap. erst mal abstand von meiner Gudmundur/Jesus-Idee nehmen.


    Ich denke, Laxness führt seine Leser auch bewußt in die Irre, er läßt uns etwas assoziieren, etwas zuordnen, was er dann später in Frage stellt oder auflöst.


    Ich habe mich inzwischen ziemlich in der Fülle der Anspielungen und Details verloren, die erwähnt werden, in späteren Kapiteln wieder auftauchen, wobei ich mich dann später zwar noch daran erinnere, daß ich über ein bestimmtes Detail schonmal gelesen habe, aber nicht mehr genau an den Zusammenhang, in dem es auftauchte. Trotzdem möchte ich jetzt erstmal mit dem Buch durchkommen, um zu sehen worauf es im Ganzen hinausläuft. Danach kann ich die zweite Hälfte des Buches ja nochmal genauer lesen.


    Trotz meiner Verwirrung habe ich beim Lesen noch meine Freude. Laxness entwickelt Gedankengänge und Folgerungen, die absolut logisch und folgerichtig klingen, aber nur haarbreit vom völlig Absurden entfernt sind und manchmal plötzlich in diese Absurdität umschlagen. Sira Jon tut wundervolle Aussprüche (die ich mir leider nicht angestrichen habe, da Bibliotheksbuch) und in der Nähe des Gletschers erscheint vieles Seltsame normal... :breitgrins:


    Jetzt bin ich bei Kapitel 41 und es läuft darauf hinaus, daß Sira Jon jetzt Schnellgefrierhäuser reparieren soll, was mich wieder einmal verwirrt... :gruebel:


    Gerne können wir nochmal über Details reden, wenn ihr auch weiter seid. Ich will nicht zuviel vorwegnehmen und muß auch noch ordnen.


    Saltanah und Bettina, ihr sprecht beide von "heidnischem Aberglauben". Aberglaube ist für mich ein negativ besetzter Begriff, Heidentum eigentlich nicht. Das bringt mich dazu, noch einmal zu überlegen, was eigentlich "Aberglauben" ganz genau bedeutet und wann dieser Begriff polemisch eingesetzt wird... Die Grenzen zwischen heidnischer Religion, Aberglauben und christlicher Religion sind ja fließend. Per definitionem ist Aberglaube unter anderem "das, was nicht der wahre Glaube ist". Aber was genau ist der wahre Glaube? Und wodurch legitimiert er sich? Die christliche Religion, insbesondere die katholische steckt ja voller abergläubischer Rituale. Teils liegt das daran, daß Elemente heidnischer Religion bei der Christianisierung Europas einfach übernommen wurden. Teils könnte man es auch so sehen, daß eine Religion, die sich nicht weiterentwickelt und sich nicht hinterfragen läßt (und dazu tendiert ja die katholische Kirche) irgendwann zum Aberglauben wird - das ist meine persönliche Meinung. Und da sind wir auch wieder bei dem, was ich immer noch für das durchgehende Thema des Buches halte, nämlich die Entfremdung der Menschen von der christlichen Kirche.
    Die Isländer sind ja nun Lutheraner, aber Laxness war ja eine Zeitlang katholisch, soviel ich weiß.


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Saltanah und Bettina, ihr sprecht beide von "heidnischem Aberglauben". Aberglaube ist für mich ein negativ besetzter Begriff, Heidentum eigentlich nicht. Das bringt mich dazu, noch einmal zu überlegen, was eigentlich "Aberglauben" ganz genau bedeutet und wann dieser Begriff polemisch eingesetzt wird... Die Grenzen zwischen heidnischer Religion, Aberglauben und christlicher Religion sind ja fließend. Per definitionem ist Aberglaube unter anderem "das, was nicht der wahre Glaube ist". Aber was genau ist der wahre Glaube? Und wodurch legitimiert er sich? Die christliche Religion, insbesondere die katholische steckt ja voller abergläubischer Rituale. Teils liegt das daran, daß Elemente heidnischer Religion bei der Christianisierung Europas einfach übernommen wurden. Teils könnte man es auch so sehen, daß eine Religion, die sich nicht weiterentwickelt und sich nicht hinterfragen läßt (und dazu tendiert ja die katholische Kirche) irgendwann zum Aberglauben wird - das ist meine persönliche Meinung. Und da sind wir auch wieder bei dem, was ich immer noch für das durchgehende Thema des Buches halte, nämlich die Entfremdung der Menschen von der christlichen Kirche.


    Ich hangle mich mal an diesem Abschnitt entlang:
    Mit Aberglaube meine ich persönlich nicht "heidnisch". Für mich ist Aberglaube ein Glaube an etwas, was man eigentlich besser wissen könnte oder müsste. Aberglaube ist für mich kein Begriff für einen falschen religiösen Glauben. Das ist allerdings, wie Du sagst, etwas Fließendes, weil man nicht immer festlegen kann, wo religiöser Glaube anfängt und wo er aufhört. Da mussten taktische Kniffe dem Machterhalt zuliebe ergriffen werden (meine persönliche Meinung).


    Bei den Vögeln, die sich erst ab einem bestimmten Tag in Island zeigen und auch dann nur, wenn der Gottesdienst des Tages vorüber ist, ist für mich die Sache klar: Aberglaube. Schwieriger wird es mit dem Snaefellsjökull: Ein Vulkan hat nun mal so einen dramatischen Einfluss auf die Leute in der Umgebung, dass daraus überall auf der Welt ungewöhnliche Mächte des Bergs abgeleitet wurden. Da denke ich mir allerdings, hätte man die Sache zur Zeit des Romans schon besser wissen können. Vielleicht denke ich da auch zu sehr von der Warte der Naturwissenschaftlerin aus.


    Die christliche Religion musste viele Dinge aus dem so genannten Heidentum übernehmen, seien es Termine oder Bräuche - sonst hätte sie sich nicht gegen die Leute behaupten können, die seit langen Zeiten ganz andere Dinge glaubten und andere Götter anbeteten.
    Dass der Mensch grundsätzlich glaubt, ist für mich nichts Negatives, sondern etwas ganz Natürliches.


    Mir gefällt Deine Idee, dass ein zentrales Thema die Distanz zwischen Kirche und Realität ist. Darauf passen in der Tat die Ideen, die hier schon angeklungen sind. Ein anderes Thema scheint mir die Frage, ob Religionen sich qualitativ unterscheiden. Ist die eine besser als die andere? Die jeweiligen Verreter sind natürlich davon überzeugt ;)



    Laxness entwickelt Gedankengänge und Folgerungen, die absolut logisch und folgerichtig klingen, aber nur haarbreit vom völlig Absurden entfernt sind und manchmal plötzlich in diese Absurdität umschlagen. Sira Jon tut wundervolle Aussprüche (die ich mir leider nicht angestrichen habe, da Bibliotheksbuch) und in der Nähe des Gletschers erscheint vieles Seltsame normal... :breitgrins:


    Das Absurde: Diese Grenze habe ich gerade erst bei dem Gespräch zwischen Vebi und den drei Hirten erlebt: Der Anführer der drei argumentiert haarscharf auf der absurden Kante über die Liebe als Ursache von Krieg und Tod. Die Liebe, die er beschreibt, hat völlig andere Folgen, als die Liebe, die von der Kirche gepredigt wird. Und dennoch bleibt er innerhalb seiner Überzeugung absolut folgerichtig und konsequent.


    Sira ist auch klasse, das stimmt. Du kannst ihn einfach nicht widerlegen :breitgrins:


    Wobei ich Dora merkwürdig finde. Fisch muss zu diesem Zeitpunkt vielerorts bereits als Arme-Leute-Essen gegolten haben (hatte das hier nicht schon jemand geschrieben?). Kuchen und Kekse repräsentieren für sie den wahren Wohlstand und Fisch darf dem Vebi folglich auf keinen Fall angeboten werden. Da wäre ich auch traurig, wenn ich den Bus zurück nach Reykjavik verpasst hätte. Umgekehrt schrieb sich Vebi ins Buch, dass das Land doch recht bescheiden ist, wenn sich Reichtum nur an Keksen statt an dicken Autos, Wein und besonderem Fleisch festmacht.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Hallo Bettina,



    Mit Aberglaube meine ich persönlich nicht "heidnisch". Für mich ist Aberglaube ein Glaube an etwas, was man eigentlich besser wissen könnte oder müsste.


    Stimmt, es war Saltanah die von "heidnisch" sprach.
    Mit deiner Definition stimme ich überein. Allerdings hat so mancher Aberglaube tatsächlich seinen Ursprung in der heidnischen Religion, das war es was ich im Hinterkopf hatte.



    Bei den Vögeln, die sich erst ab einem bestimmten Tag in Island zeigen und auch dann nur, wenn der Gottesdienst des Tages vorüber ist, ist für mich die Sache klar: Aberglaube.


    Gerade habe ich diese Stelle nochmal nachgeschlagen. Ich hatte das nämlich als reine Zeitbestimmung aufgefaßt: Die Kreuzmesse findet zweimal im Jahr statt, im Mai und im September, und markiert sozusagen den Tag des Frühlingsbeginns und den des Herbstbeginns. Die Aussage, daß gewisse Vögel erst nach Frühlingsbeginn kommen, in dem Fall nach einem bestimmten Tag (14. Mai) ist für mich kein Aberglaube sondern ein reiner Erfahrungswert, auf den man sich verlassen kann, solange das Klima gleichbleibt.
    Jetzt sehe ich aber, daß dort steht: die Vögel kommen genau an diesem Tag (14. Mai) - das hatte ich beim erstenmal überlesen. Und vor allem, die Begründung, die die Frau angibt: "So steht es in den Zeitungen." :breitgrins:


    Ich verstehe dich jetzt besser. Trotzdem ist diese Stelle für mich kein Zeichen typischen Aberglaubens. Eher wohl eine der typisch laxnesschen Absurditäten. Vor allem das mit den Zeitungen. :breitgrins::breitgrins:



    Da denke ich mir allerdings, hätte man die Sache zur Zeit des Romans schon besser wissen können. Vielleicht denke ich da auch zu sehr von der Warte der Naturwissenschaftlerin aus.


    Ich bin übrigens auch Naturwissenschaftlerin. :winken:
    Vielleicht will Laxness hier auch deutlich machen, wie fest Aberglaube, gewisse Traditionen und Bräuche im Volk immer noch sitzen, obwohl man eigentlich längst weiter ist.
    Auch heute gibt es ja noch jede Menge Leute, die manche Dinge wirklich glauben, die man eigentlich längst besser weiß, bis hin zum Aberglauben. Ich denke nur an Astrologie. Und es fängt schon bei den allereinfachsten Dingen an - Entstehung der Jahreszeiten beispielsweise, was meinst du, wie viele Erwachsene das nicht wissen. Und wer sich nicht informiert, oder das Gehirn nicht gern einschaltet, glaubt auch schnell mal irgendwelchen Blödsinn, den die Zeitungen :zwinker: schreiben.



    Dass der Mensch grundsätzlich glaubt, ist für mich nichts Negatives, sondern etwas ganz Natürliches.


    Auch hier stimme ich mit dir überein.



    Ein anderes Thema scheint mir die Frage, ob Religionen sich qualitativ unterscheiden. Ist die eine besser als die andere? Die jeweiligen Verreter sind natürlich davon überzeugt ;)


    und sollten vermutlich lieber etwas toleranter sein. :smile:
    Für mich ist die heidnische Religion (die ja die Religion unserer Vorfahren ist und für die Lebensverhältnisse im vorchristlichen Europa sicherlich passender war als das Christentum) nicht schlechter als die christliche, die ja alles Heidnische gern abwertet. Ebenso gleichberechtigt sind (für mich!) die anderen Weltreligionen.


    Es stellt sich aber schon die Frage, wie muß eine Religion sich weiterentwickeln, um aktuell für die Menschen zu bleiben. Hätte das Heidentum sich neben dem Christentum gehalten: ob die Heiden wohl ihren Donnergott abgeschafft hätten, nachdem die Wissenschaft herausfand, wie Gewitter entstehen? :breitgrins:



    Ich bin übrigens fertig mit dem Buch. Das Ende gefällt mir richtig gut: sehr seltsam, sehr mystisch, man wähnt sich fast wie in einem isländischen Märchen. Und das Bild ganz am Schluß ist sehr metaphorisch (ich bleibe mal etwas ungenau, solange ihr nicht fertig gelesen habt.)


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Übrigens frage ich mich noch eine Sache:


    - Wie kommt es, daß mein Buch "Seelsorge am Gletscher" heißt, eure Ausgaben aber nur noch "Am Gletscher"? Meine Ausgabe ist von 1982. Sind eure jünger? Ist das Wort "Seelsorge" im Titel heutzutage nicht mehr cool genug?


    - lest ihr wenigstens dieselbe Übersetzung wie ich (Bruno Kress)?


    Weil ich von dem Buch so begeistert bin, habe ich mir übrigens neulich "Atomstation" aus der Bibliothek mitgebracht. Sehe aber gerade, daß es dazu früher schonmal eine Leserunde gab, schade. Dann werde ich es allein lesen müssen. Und die Islandglocke habt ihr auch schon gelesen...


    Grüße,
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • - Wie kommt es, daß mein Buch "Seelsorge am Gletscher" heißt, eure Ausgaben aber nur noch "Am Gletscher"? Meine Ausgabe ist von 1982. Sind eure jünger? Ist das Wort "Seelsorge" im Titel heutzutage nicht mehr cool genug?
    - lest ihr wenigstens dieselbe Übersetzung wie ich (Bruno Kress)?


    Der Originaltitel ist Kristnihald undir jökuli (auch bei mir die Übersetzung von Bruno Kress). Ganz spontan, ohne Kenntnisse in Isländisch und unter vollem Risiko, auf "false friends" reinzufallen, klingt das nach Christenheit unter dem Gletscher. Vielleicht kann Saltanah den Tipp etwas einengen oder präzisieren? Der Begriff Selsorge im Titel oder der Verzicht auf irgendeine religiöse Anspielung im Titel kann viele Gründe haben. Keine Ahnung, warum man den Titel zweimal anders genommen hat als im Original (sofern mein Tipp stimmt!). Es wäre ja auch nicht das erste Buch, das einen anderen Titel bekommt.



    Weil ich von dem Buch so begeistert bin, habe ich mir übrigens neulich "Atomstation" aus der Bibliothek mitgebracht. Sehe aber gerade, daß es dazu früher schonmal eine Leserunde gab, schade. Dann werde ich es allein lesen müssen. Und die Islandglocke habt ihr auch schon gelesen...


    Das Gletscher-Buch ist inzwischen das fünfte: In Leserunden gelesen wurden bereits Atomstation, Die glücklichen Krieger, Islandglocke und Sein eigener Herr. Irgendwie hat sich hier ein Nest Verwegener gebildet :zwinker: Allerdings sind die Bücher alle anders (finde ich jedenfalls) und dementsprechend unterschiedlich auch angekommen. Saltanah hat z.B. noch Fischkonzert subben und sobald ich nächstes Jahr wieder Land sehe, wird sicher wieder das Thema Laxness-Leserunde auf den Tisch kommen. Man kann drauf wetten!


    Ich komme nach wie vor langsam weiter; jetzt bin ich auch noch schick erkältet (Göttergatte auch) und würde am liebsten den ganzen Tag schlafen. Töchterchen ist auch nicht ganz fit, aber wie die Kleinen so sind, rast sie durch die Bude und macht Mama und Papa noch platter. Ich will aber heute Abend wieder ein Stück lesen.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Zum Titel:
    Ich bin eigentlich ganz froh, dass die "Seelsorge" im neuen Titel weggefallen ist. Dieses Wort hätte mich doch ziemlich abgeschreckt, da es mich religiöses Gewäsch hätte erwarten lassen. (Und das bietet das Buch ja nun wirklich nicht :zwinker: .)
    Nach längerer Internetsuche (ich besitze leider kein isländisches Wörterbuch) habe ich dieses gefunden:

    Zitat

    Kristni-hald, n. keeping Christianity

    (Quelle)


    Ich bin heute mit dem Buch fertig geworden und immer noch begeistert, obwohl ich nicht genau sagen könnte, worauf das Buch eigentlich hinaus will. Ich muss es unbedingt noch einmal lesen.


    Im 37. Kap. erfahren wir endlich, was sich in dem Sarg/Behältnis verbirgt, das vor Jahren auf den Gletscher geschafft worden war und einer der Gründe für den Besuch des Vebi war. Als ich es las, war ich einerseits sehr überrascht, aber andererseits dachte ich "Selbstverständlich - da musste es sein!" Über die Bedeutung des Fundes lässt sich lange spekulieren.


    Das Gespräch des Vebi mit Sira Jon im 41. Kap. ist zentral für dieses Buch. Was macht den Sinn des Lebens aus? Woran müssen wir glauben? Was ist wichtig im Leben? Sira Jon hat für sich einige Antworten gefunden, für die der Vebi aber (glaube ich) noch zu jung ist. Jedenfalls bietet es viel Material zum Nachdenken.


    42. Kap.:
    Leben und Dichtung als Possenspiel - "Es ist wie deutsche unregelmäßige Verben konjugieren - immer gleich schön!" :breitgrins:


    Das Ende ist genau so wie der Rest des Buches; sehr sonderbar, rätselhaft ohne offensichtliche Erklärung und schön offen für Interpretationen. Toll!


    Ich werde jetzt noch Susan Sontags Nachwort lesen. Mal schauen, was sie zu dem Buch zu sagen hat.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Uiui, das Buch ist für mich derzeit gar nicht so leicht zu kommentieren. Es hat nach wie vor etwas Absurdes, es gibt greifbare Elemente und Dinge, die man (wie Saltanah schon schrieb) wohl noch mindestens einmal nach einer gewissen Zeit lesen muss, um einen neuen Aspekt zu entdecken oder eine andere Sichtweise zu gewinnen. Das Buch ist ganz gewiss eines der Sorte, die man zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich liest.



    Eine Zeitlang habe ich Mundi Mundason, alias Gudmundur Sigmundsson, alias Professor Syngman, alias Angler als eine verdrehte Jesusfigur gelesen. Der Menschenfischer wird zum Angler, der einen Menschen in einen Fisch verwandelt und dann fängt, als Professor will er Menschen wieder zum Leben erwecken und - könnte man sagen - eine neue Religion beginnen.


    Diesen Kommentar hatte ich im Hinterkopf, als ich dann auch an die Stelle kam, wo diese Theorie platzt

    An dieser Stelle habe ich Mundi übrigens nicht verstanden. Das kapiere ich derzeit nicht, warum er seine Prütteln hinwirft, nachdem er eigentlich ein konkretes Ziel hatte und nun ohne dessen weitere Verfolgung den Abgang macht. Vielleicht erklärt es sich noch? Die Erklärung, es hätte zuviel geregnet, ist entweder eine der vielen absurden Ideen oder aber es ist einfach nur eine Überbrückung, bis was Besseres zur Begründung kommt. Also: Weiterlesen.


    Kleine Anekdote am Rande:
    Gerade habe ich eine Pause vom Lesen gemacht und mein Mann wunderte sich, dass ich "seinen" Film mitgucke: "Du liest doch sonst immer, ohne Dich vom Fernsehen stören zu lassen; lies doch einfach weiter." - "Mm, das Buch ist nicht so einfach zu lesen." - "Ach so, ist es wieder ein Laxness?"

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa


  • Diesen Kommentar hatte ich im Hinterkopf, als ich dann auch an die Stelle kam, wo diese Theorie platzt


    Was? Das muss ich glatt überlesen haben. Muss ich gleich noch einmal nachgucken.


    Apropos Film - Wusstet ihr, dass dieses Buch verfilmt wurde? Leider schreibt IMDB sehr wenig dazu. Gewundert habe ich mich nur über die Genreeinordnung "Fantasy/Comedy". Allerdings ist das Buch ja wirklich witzig und ein paar phantastische Anteile hat es auch.
    Bei der Inhaltsangabe frage ich mich allerdings, ob sie sich wirklich auf das Buch bezieht, oder ob eventuell einiges geändert wurde. denn an Seehunde kann ich mich wirklich nicht erinnern.

    Zitat

    A hapless guy from the city visits an isolated Icelandic seaside settlement. He gradually realizes that the seals are not what they seem, and that two of the inhabitants are magicians, vieing for the favour of a mysterious woman. Liberated from a spell, she proves to be a magician too. Then he falls in love....


    Ich habe ein wenig in meiner neu angeschafften Laxness-Biographie von Halldór Guðmundsson gelesen. Der zufolge hatte Laxness erst vor, aus dem Stoff ein Theaterstück zu machen, was bei dem starken Dialoganteil ja auch gut vorstellbar ist.
    (Mein Langzeitplan sieht übrigens eine Biographie-Leserunde vor, wenn wir uns in einigen Jahren durch Laxness Gesamtwerk geackert haben. Dann gibt es sie vielleicht auch als erschwinglicheres TB; die deutsche Ausgabe ist ja wirklich ziemlich teuer. Ich habe die schwedische Übersetzung um einiges billiger erstanden.)

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Was?!? :confused: Also diese Stelle habe ich wieder mal ganz anders gelesen als du.


    Und der Grund für seine "Abberufung": Er hat seine Mission auf Erden erfüllt, was er ja im Kapitel zuvor Sira Jon gegenüber ausführlich darlegt....


    Weiteres morgen.
    Eine gute Nacht euch und dir Bettina gute Besserung von deiner Erkältung!


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Was?!? :confused: Also diese Stelle habe ich wieder mal ganz anders gelesen als du.


    War auch ganz gut so! :redface: Ich hatte die Stelle in dem Fall nicht genau genug gelesen und beim Schreiben später nur an eine Sorte Tabletten gedacht. Die Tabletten sind in der Tat nicht näher beschrieben; über den Grund für die Einnahme steht nur "wahrscheinlich Schmerzen bekommen".



    Und der Grund für seine "Abberufung": Er hat seine Mission auf Erden erfüllt, was er ja im Kapitel zuvor Sira Jon gegenüber ausführlich darlegt....


    Dann wäre er "von höherer Instanz" aus abberufen worden, oder? Mundi selber sagt ja am Ende des Gesprächs mit Sira Jon noch, er wolle aufstehen, auf den Gletscher gehen und bietet von sich aus an, Sira Jon etwas zu besorgen, wenn er Wünsche habe. Wobei ich die Stelle bei Tageslicht noch einmal lesen muss, weil ich jetzt in der Nachtaktion nicht sofort erkennen konnte, wo und wie er die Beendigung seiner Mission beschreibt.
    Dass die Mission aus dem Schreiben des Sechsbänders besteht, kam doch erst später :grübel: oder? Jedenfalls lese ich Kapitel 26 noch einmal.



    Eine gute Nacht euch und dir Bettina gute Besserung von deiner Erkältung!


    Danke für die guten Wünsche. Die Hälfte davon hat sich vor einer Stunde zerschlagen :rollen: als Töchterchen anfing, sich ständig die Bettdecke sonstwie ins Bett zu legen - nur nicht über sich drüber. Bis sie jetzt schläft, wird es eine Weile dauern und bis ich wieder schlafe, noch viel länger.


    ... Gerade hat sie schon wieder nach mir gerufen ... der vierte Einsatz in 60 min.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Hallo Saltanah!



    Ich bin eigentlich ganz froh, dass die "Seelsorge" im neuen Titel weggefallen ist. Dieses Wort hätte mich doch ziemlich abgeschreckt, da es mich religiöses Gewäsch hätte erwarten lassen. (Und das bietet das Buch ja nun wirklich nicht :zwinker: .)
    Nach längerer Internetsuche (ich besitze leider kein isländisches Wörterbuch) habe ich dieses gefunden:

    (Quelle)


    Vielen Dank für deine Mühe! Dann finde ich "Seelsorge" eigentlich einigermaßen passend übersetzt...
    Und genau darum (wenngleich ich es aber nicht Gewäsch nennen würde) geht es doch durchaus im Buch. Mich schreckt dieses Wort im Titel jedenfalls nicht ab.



    Das Gespräch des Vebi mit Sira Jon im 41. Kap. ist zentral für dieses Buch. Was macht den Sinn des Lebens aus? Woran müssen wir glauben? Was ist wichtig im Leben? Sira Jon hat für sich einige Antworten gefunden, für die der Vebi aber (glaube ich) noch zu jung ist. Jedenfalls bietet es viel Material zum Nachdenken.


    Ja, ich meine auch, daß es dem Vebi noch ein wenig an Reife fehlt. Aber immerhin bleibt er nicht unbeeinflußt, wie das Endes des Buches zeigt:


    Ich grüble immer noch ein wenig über diese Frau Ua (die nicht schläft :breitgrins:) und über mehrere Details nach. Werde das Buch wohl auch noch einmal lesen.



    Ich werde jetzt noch Susan Sontags Nachwort lesen. Mal schauen, was sie zu dem Buch zu sagen hat.


    In meinem Buch gibt es kein Nachwort, schade.


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Hallo Bettina,


    danke für die Verlinkung der bisherigen Leserunden! :sonne:
    Sehr praktisch, dann muß ich nicht suchen und kann sie zu gegebener Zeit alle nachlesen. :klatschen:


    Dann werde ich mal so nach und nach die Laxness-Bücher lesen, die in unserer Bibliothek vorhanden sind, und mir für nächstes Jahr das "Fischkonzert" beschaffen... Vielleicht kommt ja tatsächlich wieder eine Leserunde zustande, würde mich sehr freuen.



    Dann wäre er "von höherer Instanz" aus abberufen worden, oder?


    Ja, so interpretiere ich das.



    Mundi selber sagt ja am Ende des Gesprächs mit Sira Jon noch, er wolle aufstehen, auf den Gletscher gehen und bietet von sich aus an, Sira Jon etwas zu besorgen, wenn er Wünsche habe.


    Ja, und zwar aus dem Ausland. Wer weiß was er mit "Ausland" meint, wo doch alles kosmisch miteinander verbunden ist... :zwinker: :breitgrins:



    Wobei ich die Stelle bei Tageslicht noch einmal lesen muss, weil ich jetzt in der Nachtaktion nicht sofort erkennen konnte, wo und wie er die Beendigung seiner Mission beschreibt.
    Dass die Mission aus dem Schreiben des Sechsbänders besteht, kam doch erst später :grübel: oder?


    Hm, wo das nun genau stand, weiß ich auch nicht mehr, aber genau das meinte ich eigentlich, die Veröffentlichung seiner Werke.



    ... Gerade hat sie schon wieder nach mir gerufen ... der vierte Einsatz in 60 min.


    Oh je! Letzte Nacht muß wohl irgendwas in der Luft gelegen haben, denn auch bei uns ging es unruhig zu (um drei Uhr weckte meine Tochter mich, weil sie das halbe Gesicht voll Mückenstiche hatte... :entsetzt:)


    Für heute eine bessere Nacht wünscht :schnarch:
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Ich habe das Buch gerade beendet und bin am Ende unklüger als mittendrin :redface:
    Das Werk muss erst einmal sacken - und ich habe nicht das Gefühl, dass das heute Abend noch klappt, sozusagen. Es ist verwirrend und am Ende muss man mehr zwischen den Zeilen lesen als zuvor. Oder kommt mir das nur so vor?


    Es ist und bleibt ein Buch, das man nach einer gewissen Zeit noch einmal lesen muss.


    Interessant fand ich das letzte Gespräch zwischen Sira Jon und Vebi. In den Augen von Jon gibt es keine guten oder schlechten Aufgaben, sondern nur schlechte oder gute Wege, Aufgaben zu erfüllen. Jetzt frage ich mich nur: Kam dieser Gedanke in diesem Buch bereits vor oder erinnert mich das an die Maxime eines Ordens (aber welchen?)?


    Aus Ua werde ich am allerwenigsten schlau. Während alle andern Personen vielleicht skurril sind, so sind sie in sich eins. Jeder steht für irgend etwas bzw. hat ein Leben oder bleibt wie er ist. Ua aber ist zuviel, wenn ich das mal so sagen darf. Sie scheint mir eine weitaus stärkere Symbolfigur zu sein als die anderen. Kann da mal jemand für mich nachdenken :breitgrins:



    Vielen Dank für deine Mühe! Dann finde ich "Seelsorge" eigentlich einigermaßen passend übersetzt...


    Im Nachwort von Susan Sontag findet sich die Bestätigung von dieser Übersetzung mit "Seelsorge". Wobei ich am Ende denke, Seelsorge ist hier nicht nur im christlichen Sinne zu verstehen, obwohl der Roman sich zunächst damit zu befassen scheint: Mit der (nicht vorhandenen) Seelsorge eines Pfarrers in seinem Sprengel. Eigentlich geht es ganz allgemein um die Sorge um bzw. das Sich befassen mit Seele, Lebensweg, Lebenszweck etc und da gibt es nicht nur eine Antwort.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Wieder einmal haben sich ein paar Details gesetzt.



    Im 37. Kap. erfahren wir endlich, was sich in dem Sarg/Behältnis verbirgt, das vor Jahren auf den Gletscher geschafft worden war und einer der Gründe für den Besuch des Vebi war. Als ich es las, war ich einerseits sehr überrascht, aber andererseits dachte ich "Selbstverständlich - da musste es sein!" Über die Bedeutung des Fundes lässt sich lange spekulieren.


    Ja, dabei bin ich auch, beim Spekulieren :zwinker: Das eine ist der Fisch an sich. Ein christliches Symbol, das für eine New Age-Geschichte benutzt wird, eher achtlos aufgetaut und am Ende von Vögeln weggeknabbert wird. Das andere sind die Schnellgefrierhäuser. Haben die damit ebenfalls zu tun? In diesen Häusern wird der Fischfang gefroren - nur: Die Häuser rentieren sich nicht und werden irgendwie am Leben erhalten.


    Bei dem Gedanken schließt sich für mich dann ein Kreis, nämlich der hier:


    Mir gefällt Deine Idee, dass ein zentrales Thema die Distanz zwischen Kirche und Realität ist.


    Ich bin aber der Meinung, dass Laxness da keine konkreten Angaben macht.
    Ich sehe derzeit eine Metapher, aber keine Erläuterung dazu.



    Ich wundere mich z. B. über das Kleidungsstück "Broncho" (ich dachte das heißt Poncho?) und über Dinge wie Protomorie und Heteromorie, Dysexelixis und Diexelixis. Kann jemand von euch genug Latein, um mir das zu übersetzen? (hat das einen Sinn, oder ist es nur herumgealbert?)


    Ich habe bisher keine Erklärung für diese Begriffe gefunden. Nur für Heterophorie (statt Heteromorie) - was laut Wikipedia ein latentes (verstecktes) Schielen, das nur unter Aufhebung des beidäugigen Sehens auftritt, ist. Ich sehe keinen Sinn in den Wörtern an sich, sondern in der Verwendung von möglichst komplizierten und intelligent wirkenden Begriffen, um zu beeindrucken. Damit kann man eine bestimmte Klientel "einfangen", weil sie ab einem bestimmten Niveau nicht mehr hinterfragt, sondern einfach jemand anderen als intelligent, weise, "allwissend" akzeptiert.


    Broncho habe ich nur gefunden als:
    Bronchobroncho - an unbroken or imperfectly broken mustang
    bronc, bronco mustang - small hardy range horse of the western plains descended from horses brought by the Spanish
    bucking bronco - a wild horse that is vicious and difficult or impossible to break in


    Das ergibt für mich keinen Sinn. Daher vermute ich eher, dass jemand mit dem Wissen um den Poncho punkten will, aber das Wort falsch ausspricht oder sich falsch gemerkt hat. So, wie ungefähr die Witze laufen, in denen jemand gute Konservation machen will (statt guter Konversation). Bei einigen läuft das große Posen im Buch also schief, bei anderen funktioniert es.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Ich habe mir in den letzten Tagen Gedanken um eine Rezension gemacht - hier habe ich sie ins Forum gestellt.


    Ich glaube, ich habe einige Passagen mehrfach durchgelesen und dann doch wieder verändert ;)

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Hallo Bettina,



    Ich habe das Buch gerade beendet und bin am Ende unklüger als mittendrin :redface:
    ...
    Es ist und bleibt ein Buch, das man nach einer gewissen Zeit noch einmal lesen muss.


    Geht mir ähnlich!



    Interessant fand ich das letzte Gespräch zwischen Sira Jon und Vebi.


    Das liest sich für mich fast so wie ein Glaubensbekenntnis Sira Jons (wenn man an den entsprechenden Stellen "Ua" durch "Gott" ersetzen würde).



    Aus Ua werde ich am allerwenigsten schlau. Während alle andern Personen vielleicht skurril sind, so sind sie in sich eins. Jeder steht für irgend etwas bzw. hat ein Leben oder bleibt wie er ist. Ua aber ist zuviel, wenn ich das mal so sagen darf. Sie scheint mir eine weitaus stärkere Symbolfigur zu sein als die anderen. Kann da mal jemand für mich nachdenken :breitgrins:


    Ich hoffte eigentlich, du machst das für mich. :breitgrins:
    Ua ist ungreifbar. Das Ewig-Weibliche, Unfassbare? Die Seele des Landes oder der Mythologie? Schlauere Gedanken als diese habe ich leider auch nicht.
    Ich meine ja immer noch, daß man vielleicht in Mythen oder Sagas eine Erklärung findet. Ich kenne mich da aber nicht aus und habe auch nirgends etwas gefunden über "Frauen, die nicht schlafen und bis zur Hochzeit gestillt werden".
    Aufgefallen ist mir noch, daß in "Atomstation" der Name der weiblichen Hauptperson auch mit U beginnt und mit a endet.



    Das ergibt für mich keinen Sinn. Daher vermute ich eher, dass jemand mit dem Wissen um den Poncho punkten will, aber das Wort falsch ausspricht oder sich falsch gemerkt hat. So, wie ungefähr die Witze laufen, in denen jemand gute Konservation machen will (statt guter Konversation).


    Ah, sowas wie die "Koniferen der Wissenschaft"! :zwinker: :breitgrins:



    Bei einigen läuft das große Posen im Buch also schief, bei anderen funktioniert es.


    Diese Deutung finde ich sehr plausibel! :klatschen:


    Da mich das Weitergrübeln jetzt nicht schlauer macht und mir momentan Zeit und Konzentration fehlt, denke ich, ich werde das Buch erstmal ad acta legen und irgendwann später wieder lesen.
    Jetzt werde ich deine Rezension lesen. Vielleicht schaffe ich es in den nächsten Tagen auch noch, eine zu schreiben. Auf jeden Fall war das Buch eins meiner Lesehighlights des Jahres.


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()