Bapsi Sidhwa – Ice Candy Man

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt: Im Panjab der 1940er Jahre wächst die kleine Parsin Lenny, mit einem Hinken als Nachwirkung von Kinderlähmung gehandicapt, in einem relativ toleranten Milieu in Lahore auf. Selbst in ihrem eigenen Haushalt finden sich Hindus verschiedener Kasten und Moslems, Sikhs gehören zum Alltagsbild in den Straßen. Besonders das Kindermädchen Aaya zieht die Blicke aller Männer auf sich. Lenny hat da durchaus auch eigene Präferenzen, und daß der gutaussehende Masseur Aaya auch besser gefällt als der freche Ice Candy Man ist nur zu offensichtlich. Der Koch Imam Din nimmt Lenny auch mal mit in das Dorf seiner Verwandten, wo sie die Einmütigkeit zwischen den muslimischen und den Sikh-Bauern erlebt. Aber das Ende der britischen Kolonialherrschaft naht, und damit die Teilung des Pandjab. Religiöse Intoleranz greift mit rasender Schnelligkeit um sich, Andersgläubige werden bestenfalls von Indien nach Pakistan und umgekehrt deportiert, die weniger Glücklichen kurzerhand umgebracht – gleichfalls auf beiden Seiten. Lennys Familienangehörige bleiben als Parsen ziemlich unbehelligt, aber sie sieht viele Freunde und Bekannte leiden und tot. Und inmitten all des Chaos nutzt Ice Candy Man Lennys Verwirrung, um Aaya in seine Gewalt zu bringen.



    Meine Meinung: Zunehmend stelle ich fest, daß mich eine Erzählperspektive aus Kindersicht bei bestimmten Themen einfach stört, das gilt auch hier. Denn entweder wird konsequent aus Kindersicht und altergemäß erzählt, dann leidet die Darstellungstiefe. Oder das Erzählalter (in diesem Falle von ungefähr fünf bis neun, schätze ich) auf der einen Seite und die Sprache, das Situationsverständnis und die Personencharakterisierung auf der anderen Seite klaffen weit auseinander. Letzteres ist hier der Fall, obwohl gerade die Personenzeichnung noch am ehesten das kindliche Alter der Erzählerin glauben ließ.


    Davon abgesehen ist die Schilderung der Ereignisse rund um Teilung – bei aller Brutalität, die es gegeben hat – durchaus gelungen. Der Kontrast zur vorherigen Idylle macht die Schilderungen der Greuel auf beiden Seiten umso stärker spürbar. Nun wird die Vorteilungs-Idylle im Buch den Realitäten jener Zeit auch nicht gerecht, sondern erfüllt vor allem einen erzählerischen Zweck in der Geschichte. Damit kann ich leben, allerdings wäre dann zusätzlich zum umfangreichen Glossar mit den Urdu- und Hindi-Begriffen auch ein Nachwort mit einer kurzen Einordnung nützlich. Im Vergleich zu den Schwarzen Notizen von Saadat Hassan Manto, die ich letztes Jahr gelesen habe, fällt die Darstellung dann schon ab. Das liegt möglicherweise an der sehr viel verdichteteren Form, die Manto gewählt hatte, hier war der Anlauf bis zum dramatischen Höhepunkt doch etwas lang geraten.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen