Halldór Laxness - Das Fischkonzert

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    Kurzbeschreibung
    Alfgrimurs Leben hätte trauriger kaum beginnen können. Ein Vater steht nicht zur Verfügung, und die Mutter läßt den Säugling auf der Durchreise nach Amerika an seinem Geburtsort zurück: auf dem armseligen Hof des Seehasenfischers Björn. Dort wächst Alfgrimur in einer vollkommenen Welt auf, zwischen mittellosen Durchreisenden und kauzigen Dauermietern, zwischen den Versen und Chorälen der Ersatzgroßmutter und dem ewigen Gesang der alten Standuhr.


    Meine Eindrücke
    Alfgrimur wächst in der Nähe Reykjaviks in ärmlichen Verhätnissen auf. Auf seine Kindheit rückblickend erzählt er von seinen Ersatzeltern und seinem Zuhause. Obwohl sicher einige Eindrücke durch die kindliche Sicht beeinflusst waren, scheint es ein ganz und gar ulkiges Haus mit merkwürdigen Bewohnern gewesen zu sein. Opa Björn und die namenlose Großmutter hatten stets Untermieter oder Gäste im Haus, deren religiöse, politische oder wirtschaftliche Überzeugungen immer wieder diskutiert wurden und die zum Teil sehr außergewöhnlich waren. Doch aufgenommen wurden alle, die kamen und ein Bett benötigten. Selbst eine alte Frau, die nicht im eigenen Heim sterben möchte, sondern nur dort begraben sein will: Sie findet bei Björn Unterschlupf ebenso wie ein skurriles Paar mit einem Ehemann, der seine Frau für die Inkarnation einer alten Göttin hält.


    Während man Alfgrimur gegenüber sehr freizügig mit all den Lehren und Erzählungen ist, so erfährt er über einen jungen Mann so gut wie nichts: Gardar Holm. Alfgrimur ist angeblich mit ihm verwandt, aber außer, dass Gardar im Ausland eine Berühmtheit sei, er vom Kaufmann Gudmundsen gesponsert wird und dass er selbst mit seinem Talent auf Gardars Spuren wandle, erfährt er kaum etwas über den Mann auf dem Bild, das bei Tante Kristin und Großmutter in der Stube hängt.


    Alfgrimur wird, obwohl er Fischer werden will, von Björn auf die Schule geschickt und irgendwann eröffnen sich ihm zwei Möglichkeiten: Will er seinem Talent nachgeben und eine so großartige Künstlerkarriere wie Gardar einschlagen oder lieber Björns Rat folgen und im Ausland weiter lernen? Erst kurz bevor sich Alfgrimur entscheiden muss, erkennt er, wer Gardar Holm wirklich ist und wer in seinem Leben eine entscheidende Rolle gespielt hat.


    Laxness Geschichte von reeller und gefühlter Heimatlosigkeit, von Lug und Trug, von Schein und Sein hat mich diesmal nicht so sehr begeistern können wie andere Romane von ihm zuvor. Lange führt das Buch an der Nase herum und so recht konnte ich den Sinn nicht finden. Ganz am Ende erst finden Komponenten zueinander, aber da wäre eine Wiederholungslektüre nötig, damit die Fundstücke von Beginn an besser eingeordnet werden können. Das Umherirren machte die Lektüre mühsam, auch wenn sich darin vielleicht das Irren von Alfgriumur und einigen seiner Weggefährten spiegelt. Ahnungen zwischendurch zu entwickeln fand ich schwer. Eher punktete die Geschichte mit den so komischen Einschüben, die sich zum Beispiel um ein heiß diskutiertes Gesetz für Barbiere drehen. Dazu komische Kommentare wie der über Fuchsien in Blumentöpfen, die "irgendwelches Unkraut aus dem Ausland" sind oder die Erzählungen über Herrn Draummann mit angeblich prophetischen und sonstigen übernatürlichen Talenten und seiner Frau, die schmerzgeplagt auf Brekkukot einzieht und dort ganz ohne Zutun ihres Mannes wieder geheilt wird.


    Bei all der Schwerfälligkeit nutzte es sehr, dass ich auch diesen Laxness-Roman in einer Leserunde gelesen habe und zwischendurch frische Schubser bekommen habe. Dennoch würde ich andere Bücher lieber ein zweites Mal lesen als dieses.


    2ratten


    [size=1]EDIT: Halldór mit einem ´versehen. LG, Saltanah[/size]

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    - übersetzt von Hubert Seelow


    Inhalt (Zusammenfassung aus dem Buch)


    Alfgrimurs Leben hätte trauriger kaum beginnen können. Einen Vater gibt es nicht, und die Mutter läßt den Säugling auf der Durchreise nach Amerika an seinem Geburtsort zurück: auf dem Hof des Seehasenfischers Björn. Dort wächst Alfgrimur in einer armseligen, aber vollkommenen Welt auf, zwischen mittellosen Durchreisenden und kauzigen Dauermietern, zwischen den Versen und Chorälen der Ersatzgroßmutter und dem ewigen Ticken der alten Standuhr.
    Der Junge, der seine Gesangskunst auf dem Friedhof zum besten gibt, fühlt sich von dem Sänger Gardar Holm angezogen. Im Ausland gefeiert, ist Holm, der "singende Fisch", der ganze Stolz Islands. Den Bewunderern im eigenen Land aber verweigert er eine Probe seiner Kunst. Als das Konzert schließlich doch stattfindet, nimmt es einen überraschenden Verlauf.



    Meine Meinung


    Dieses Buch heißt im Original wörtlich übersetzt "Die Annalen von Brekkukot". Brekkukot ist der Names des Hofes des alten Björn. Hier, außerhalb von Reykjavik, betreibt Björn eine kostenlose Herberge, die jeden aufnimmt, der eine Unterkunft nötig hat, zum Beispiel die mittellosen Auswanderer, die während der Auswanderungswelle Ende des 19. Jahrhunderts in Richtung Amerika unterwegs sind. So kommt auch Alfgrimurs Mutter auf den Hof und läßt den Jungen nach seiner Geburt dort zurück.


    Alfgrimur wächst in der abgeschiedenen, eigenen Welt von Brekkukot auf, die durch ein Drehkreuz aus Holz, aber auch durch die teilweise kauzigen Ansichten des Großvaters von der Außenwelt abgetrennt ist. Björn und die Großmutter (deren Name im ganzen Buch nicht genannt wird, und deren Geschichte der Leser erst spät erfährt) geben Alfgrimur Geborgenheit.


    Brekkukot ist eine Art Anziehungspunkt für allerlei Außenseiter der Gesellschaft. Seltsame Hausgäste wie der alte Kapitän Hogensen und der "Aufseher" Jon, Besucher wie die Frau aus dem "Landbrot", aber auch der Pfarrer und die alte Kristin, die im Küsterhaus lebt, tragen zu Alfgrimurs Erziehung bei. Über allen aber steht phantomhaft der berühmte Opernsänger Gardar Holm, der im Ausland für den Ruhm Islands sorgt, und dessen Leben merkwürdig viele Parallelen zu Alfgrimurs Leben aufweist. Allerdings will niemand in Brekkukot über Gardar Holm sprechen. Nicht einmal die alte Kristin, seine Mutter, antwortet auf Alfgrimurs Fragen. Alle reden ständig um den heißen Brei oder geben gleich rundheraus zu, daß Worte manchmal eher die Wahrheit verbergen, als sie zu benennen. Und warum werden die Konzerte, die Gardar Holm auf seinen Heimatbesuchen in Island geben will, immer im letzten Moment abgesagt?


    Dieses Rätsel begleitet den Leser durch das ganze Buch, immer wieder taucht Gardar Holm in den Gedanken Alfgrimurs oder gar persönlich auf, bis sich in den letzten paar Kapiteln alles aufklärt.


    Während der Leser darauf wartet, daß dieses "Fischkonzert" endlich stattfindet, beschleichen ihn gewisse Vermutungen über die Zusammenhänge. Unterdessen wird er bestens unterhalten durch allerlei kuriose Geschichten über Hausgäste und Durchreisende, die humorvoll und witzig sind, aber auch eine tiefere Bedeutung haben, die dem Leser erst am Ende klar wird.


    Die Auflösung am Ende wirkte auf mich wie eine Erleuchtung: alle Puzzleteile sprangen an ihren Platz und das ganze Buch ergab im Nachhinein einen Sinn. "Selige Stunde, wenn die Nebel weichen." (Zitat aus dem Buch, S. 258)


    Das Buch ist nicht nur eine Sammlung kurioser Anekdoten aus dem isländischen Leben, und es ist nicht nur die Lebensgeschichte eines elternlosen Jungen. Es hat einen philosophischen und politischen Hintergrund. Alfgrimur, Björn, und auch Gardar Holm, stehen exemplarisch für das isländische Volk, die einfachen Menschen, die sich ins Island des 20. Jahrhunderts (das eben nicht mehr weltabgeschieden ist, und in dem es auch solch üble Menschen wie den Kaufmann Gudmunsen gibt) hineinfinden müssen, und die ihr eigenes Schicksal aktiv in die Hand nehmen müssen, wenn sie nicht zum Spielball der Mächtigen werden wollen.


    Viele Einzelheiten gibt es im Buch, die nicht zufällig sind, über die man im Nachhinein noch endlos sinnieren kann. Diese Vielschichtigkeit gefällt mir. Außerdem trifft Laxness offenbar genau meine Auffassung von Humor, denn ich habe mich beim Lesen des öfteren köstlich amüsiert, auch wenn ich eine ganze Weile im Dunkeln tappte und die Fäden nicht entwirren konnte.


    Deshalb ist das Buch von meiner Seite aus ein absoluter: :tipp:


    und verdient


    5ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße
    kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()