Zbigniew Mentzel – Alle Sprachen dieser Welt

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    Klappentext: Der Held dieses Buches ist ein rechter Schlemihl. Obwohl sein Vater erst ein tapferer Soldat und später ein pflichtbewußter Angestellter war, der keinen einzigen Tag bei der Arbeit gefehlt hat, und seine Mutter große Hoffnungen für ihren Sohn hegte, sitzt dieser auch mit 46 Jahren noch den lieben langen Tag in seiner winzigen, mit Büchern vollgestopften Wohnung, beobachtet seine Nachbarn, spekuliert an der Börse und denkt ergebnislos über die »Sprache der Zukunft« nach. – Der Roman spielt an einem einzigen Tag, knapp zehn Jahre nach dem Ende des Kommunismus in Polen. Der 17. Januar ist der Jahrestag der »Befreiung« Warschaus durch die Rote Armee und der letzte Arbeitstag seines Vaters, aber warum dieser Tag auch für Zbigniew Hintz der wichtigste Tag seine Lebens sein wird, erfährt der Leser erst am Schluss dieses mit feinem Humor geschriebenen Romans, der die symbolfixierte Befindlichkeit der polnischen Intelligentsija und die unglückliche Vergangenheit dieses Landes in nuce erfasst.



    Meine Meinung: Ich habe für den Inhalt den Klappentext vor allem zitiert, weil sie mir einige Anhaltspunkte für meine Anmerkungen liefert. Abgesehen davon hätte meine eigene Inhaltsangabe gelautet: Am letzten Arbeitstag seines Vaters, den er versprochen hat, zum Arbeitsplatz zu fahren, verbringt der Ich-Erzähler seine Zeit von dieser Unterbrechnung abgesehen wie alle anderen auch: er beobachtet die Baustelle gegenüber und wartet auf den Beginn der Börsennachrichten im Fernsehen. An Handlung ist das auch schon so ziemlich alles, durch äußere Kleinigkeiten angestoßen läßt er sein Leben in seinen Erinnerungen Revue passieren. Das könnte durchaus interessant, wenn ein paar Versprechungen des Klappentextes eingehalten würden.


    Der Humor muß sehr fein gewesen, so fein, daß ich davon keine wesentliche Spur mehr finden konnte. Vielleicht ist er durch die Aufbewahrung im Bücherregal ja herausgerieselt ... Wenn ich den Ich-Erzähler mit dem Kurzporträt des Autors im Buch vergleiche, schätze ich, daß hier autobiographische Bezüge in größerem Umfang vorliegen, was es aber für mich auch nicht interessanter machte. Und das angebliche Nachdenken über die „Sprache der Zukunft“ war dann auch eher ein Randaspekt, aus dem man sicher mehr hätte machen können, was im übrigen auch für die im Klappentext angesprochene „unglückliche Vergangenheit des Landes“ gilt..


    Auf der Buchrückseite wird eine Zeitung mit der Aussage zitiert, hier sei „endlich der polnische Roman, auf den wir alle gewartet haben“. Vielleicht weiß ich einfach zu wenig über polnische Befindlichkeiten, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum man auf diesen Roman hätte warten sollen. Auf mich wirkte das Ganze ziemlich belanglos und einfach nichtssagend.


    2ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Zbigniew Mentzel – Alle Sprachen dieser Welt


    Original: Wszystkie jezyki swiata (Polnisch, Januar 2005)


    ZUM BUCH: Der Ich-Erzähler Zbigniew (alter ego des Autors?!)sitzt auch mit 46 Jahren noch den lieben langen Tag in seiner winzigen, mit Büchern vollgestopften Warschauer Wohnung, beobachtet seine Nachbarn, spekuliert an der Börse und denkt ergebnislos über die »Sprache der Zukunft« nach. Sein Vater war erst ein tapferer Soldat und dann ein pflichtbewusster Angestellter war, der keinen Tag in der pharmazeutischen Abteilung seines Krankenhauses gefehlt hat (aber warum???), und seine Mutter, die eigentlich Konzertpianistin und Dichterin werden wollte, setzte große Hoffnungen auf ihren Sohn (aber warum???) und trauert recht verbittert einer alten Liebe nach.
    Der Roman spielt an einem einzigen Tag, knapp zehn Jahre nach dem Ende des Kommunismus in Polen. Der 17. Januar ist der Jahrestag der „Befreiung“ Warschaus durch die Rote Armee und der letzte Arbeitstag seines Vaters. Während Zbigniew auf ein Rendezvous mit dem Vater wartet, lässt er wichtige Stationen seines Lebens Revue passieren. Aber warum dieser Tag auch für ihn der wichtigste Tag seines Lebens sein wird, erfährt der Leser erst am Schluss dieses mit feinem Humor geschriebenen Romans, der dahinter gerade mal angedeutet allerdings auch Dramen im geschichtlichen Kontext verbirgt als auch in den Leben insbesondere der Eltern.
    (Kurzbeschreibung von Amazon deutsch und französisch, leicht geändert):


    EINIGE GEDANKEN: Man fragt sich verwundert, was das Thema des Turmbaus zu Babel und der Sprachenverwirrung als Eingangsthema wohl bedeuten mag. Nach und nach – ich muss was mich anbetrifft gestehen: sehr spät – sieht man wohl, dass es indirekt hier, und hinter vielleicht oberflächlich lustigen Geschichten oder gar Anekdötchen – auch um Fragen des Sich Verstehens und der Kommunikation geht. Es heißt, dass die Eltern einander nicht verstanden, oder die Mutter auf ihren Sohn ihre Vorstellungen und Träume projiziert, oder die Eltern gleichzeitig wohl nie den Kern der Dinge frei und frank erzählt und geteilt haben. Was wird Menschen einander verstehen lassen? Wird der so oft gescheiterte Zbigniew, der umsonst seit Jahren über seinem Buch sitzt, endlich „reden“ lernen? Ich dachte an ein Lied von Pink Floyd: „Keep talking“.
    Neben oder mitten in diesen persönlichen Befindlichkeiten wird der Einfluss, die Auswirkungen der „Großen Geschichte“ auf das Leben der Einzelnen dargestellt: so sind wir alle stets auch Kinder unserer Zeit.


    Ich hatte ein seltsames Lesegefühl: manchmal wollte ich das Buch gelangweilt beiseite legen, abbrechen, doch etwas sagte dann, dass da doch irgendwas dran ist. In dem Sinne fand ich das Lesen nicht absolut offensichtlich. Es gibt ganz geschickte, schlichte Andeutungen, die es zu entdecken gilt. Dann scheint mir dieses Buch wirklich interessant! Und mit wachsendem Abstand sehe ich dieses Buch immer positiver.


    3ratten


    ZUM AUTOR: Zbigniew Mentzel, geboren am 20. April 1951 in Warschau, studierte polnische Philologie, war bis zum 13. Dezember 1981, als in Polen das Kriegsrecht eingeführt wurde, Assistent an der Warschauer Universität und schrieb für Polityka. Anschließend arbeitete er für den Londoner Exilverlag Puls. Nach dem Ende des Kommunismus in Polen wurde er Repräsentant des Verlagshauses in Polen und Herausgeber der Zweimonatsschrift ‚Puls’. Er ist Verfasser zweier Erzählbände und einer satirischen Chronik des kulturellen Lebens in den letzten Monaten der Volksrepublik Polen. Seine Haupteinnahmequelle sind Börsenspekulationen.


    Taschenbuch: 180 Seiten
    Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. April 2006)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 342324528X
    ISBN-13: 978-3423245289

    Gruß, tom leo<br /><br />Lese gerade: <br />Léonid Andreïev - Le gouffre<br />Franz Kafka - Brief an den Vater<br />Ludmila Ulitzkaja - Sonjetschka