Natasha Radojčić – Halids Heimkehr

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    Inhalt: Mit Kriegsende kehrt auch der junge muslimische Soldat Halid in sein bosnisches Heimatdorf zurück. Aber die Welt dort ist ihm fremd geworden, nicht nur wegen seiner eigenen Kriegserfahrungen, die er als Last mit sich herumträgt, sondern auch wegen der veränderten Beziehungen zwischen den Menschen. Ressentiments der Bevölkerungsgruppen gegeneinander prägen den Umgang miteinander, auch wenn eine gemischte Kriegsgewinnlerclique aus dem Muslim Shukri, dem Christen Rade, dem Zigeuner Ghurge und dem Polizisten Simo die Dorfangelegenheiten bestimmt und nach ihren Vorstellungen Recht setzt. Halids Auftauchen stört, er bringt Verdrängtes und gern Vergessenes wieder zum Vorschein, vor allem, als er sich seiner Jugendliebe wieder zuwendet, die Halids besten Freund Momir, einen Christen wie sie selbst, der von einer Mine zerrissen wurde, geheiratet hatte. Da Halid zudem zuviel trinkt, es auch sonst auf alle erdenklichen Arten schafft, sich unbeliebt zu machen statt zu seiner Mutter zu gehen, und zudem über eine beträchtliche Geldsumme verfügt, ist die Konfrontation unausweichlich.



    Meine Meinung: Halid hat ein doppeltes Problem: Er kehrt zu einem Zuhause zurück, das keines mehr ist und das er nicht mehr versteht, und er trägt eine persönliche Schuld mit sich herum, die ihn zerbricht. Daß unter diesen Umständen die Heimkehr nichts mit Willkommen zu tun hat, ist verständlich, und aus dieser Konstellation hätte sich ein richtig gutes Buch machen lassen. Dem steht hier aber zweierlei entgegen.


    Zum ersten und für mich am wesentlichsten: Entweder gehe ich wohlwollend davon aus, daß Radojčić sich hinsichtlich ihrer Zielgruppe nicht entscheiden konnte, oder, sehr viel weniger wohlwollend, die Konstruktion ist einfach mißlungen. Wenn ich von ersterem ausgehe, bleibt immer noch ein Problem, denn hier werden zu viele Dinge nicht gesagt, die ich mit meinem kulturellen Hintergrund auch nicht selbstverständlich ausfüllen kann, das gilt vor allem im Verhältnis zwischen Halid und Shukri. Wenn, was ich glaube, da die Autorin seit fast 20 Jahren in den USA lebt und auf Englisch schreibt, vorwiegend eine nicht-ex-jugoslawische, westliche Leserschaft die Zielgruppe ist, dann hätte hier mehr Erklärung mehr als gut getan.


    Zum zweiten sind die Sprachebenen nicht immer glücklich gewählt, gar nicht mal in den Dialogen, aber in den erzählenden Passagen. Dafür ein Beispiel:


    [quote author=Seite 31]Als der Krieg begann, blieb Shukri erst zu Hause, meldete sich aber schließlich als Koch. Da die Prüfungen des Grabenkrieges und Momirs Tod in Halid Demut geweckt hatten, war er bestrebt, mit Shukri eng befreundet zu sein. Shukri war mit seiner Truppe verlegt worden und schließlich sechs Monate vor Halids Entlassung nach Hause gekommen.[/quote]


    Möglicherweise ist das auch ein Problem der Übersetzung, aber eine solche Formulierung wie im mittleren Satz wirkt nicht nur einfach bemüht, sie ist auch ein massiver Fremdkörper im umgebenden Text, und so etwas stört mich. Da spielen dann kleinere Fehler, daß sich z. B. ein Rollkragenpullover wundersamerweise in ein Hemd und wieder zurück verwandelt, dann auch schon keine Rolle mehr.


    2ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen