[Neuseeland] Patricia Grace – Potiki

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    Inhalt: Roimata und Hemi leben mit ihren Kindern in einem Dorf ihres Maori-Clans. Das jüngste der Kinder, Tokowaru-i-te-Marama, genannt Toko, ist eigentlich der Sohn von Hemis etwas zurückgebliebener Schwester und ist sehr schwächlich, was ihn später auch in den Rollstuhl bringt. In der Schule finden sich nur die beiden ältesten, James und Tangimoana, zurecht, so werden die beiden anderen zu Hause unterrichtet, indem alles in Geschichten verpackt und erzählt wird. Toko wird allgemein geschätzt und respektiert, denn er ist intelliegent und hat seherische Fähigkeiten. Der Clan lebt friedlich von Ackerbau und Fischfang, bis das Gebiet touristisch erschlossen werden soll. Man bietet dem Clan viel Geld dafür, sein Versammlungshaus und den Friedhof zu verlegen und eine Zufahrt längs des Strandes zuzulassen. Aber die Gemeinschaft wehrt sich, dabei bekommt sie einerseits Unterstützung durch ein benachbartes Dorf, eine Gemeinschaft, die schon ähnliche Kämpfe um ihr Land durchgefochten und Erfahrungen gesammelt hat, andererseits von Naturschützern und anderen Weißen, die dem Ansinnen gleichfalls, wenn auch aus anderen Gründen, skeptisch gegenüberstehen. Eine Überflutung während eines langdauernden Regens, der mit künstlichen Mitteln nachgeholfen wurde, droht den Friedhof wegzuschwemmen. Später brennt das alte Versammlungshaus nieder. Die Untersuchungen der Polizei bringen keine Ergebnisse. Nach Tokos Tod greift man erstmals zu drastischeren Gegenmitteln und es passiert fast so etwas wie ein Wunder ...



    Meine Meinung: Inhaltlich hat mir dieser Roman wirklich gut gefallen, dafür gibt es im wesentlichen zwei Gründe. Der erste ist die Darstellung der Maori-Kultur. Diese ist hier nicht (jedenfalls nicht ausschließlich) in einer mehr oder weniger gloreichen Vergangenheit verhaftet, sondern sie stellt sich der Moderne und versucht, sich dieser anzupassen, ohne das Eigene, das kulturelle Selbst, dieser Anpassung völlig zu opfern. Das wirkt gerade auch in den Problemen und Zwiespalten, die es eröffnet, sehr authentisch. Der zweite Grund ist, daß ich etwas für Kämpfe von „Underdogs“ gegen (vermeintlich) übermächtige Gegner übrig habe. Hier ist es die Maori-Gesellschaft, benachteiligt durch so simple Dinge wie mangelnde Literalität insgesamt und Kenntnis des Englischen im Besonderen, von juristischen Winkelzügen ganz abgesehen, gegen das „große Geld“ der Pakehas, die in ihren – mir als Leser zwar sehr vertrauten, aber den Maoris nicht so wichtigen – Kategorien von Fortschritt, Ökonomie, Arbeitsplätzen etc. denken und glauben, daß letztlich alles käuflich ist, es ist nur eine Frage des Preises. Und wenn Geld nicht zieht, dann packt man eben andere Druckmittel aus, weil man sich von einer diskriminierenden Gesellschaft, hier in Form von (einzelnen?) Vertretern staatlicher Organe gedeckt weiß. So etwas macht mich immer unglaublich wütend, und ich muß dann schon aufpassen, nicht selbst zu einseitig in der Bewertung zu werden, zumal ich die tatsächlichen Verhältnisse in Neuseeland weder heute noch in den 1980er Jahren, als das Buch geschrieben wurde, kenne und daher auch nicht beurteilen kann.


    Weitaus größere Probleme hat mir der Roman auf stilistischer Ebene bereitet. Patricia Grace streut zahlreiche Maori-Wörter und -Sätze ein, die allerdings in einem Anhang übersetzt werden. Das war zwar mit etwas Blätterei verbunden, aber etliche Begriffe tauchen immer wieder auf und bleiben dann auch hängen, so daß das Nachschlagen dann letztlich doch mit fortschreitender Lektüre weniger wurde. Das Ende besteht aus einer längeren, unübersetzten Passage auf Maori, was – wie es heißt – Absicht ist, um den Leser die Fremde und Hilflosigkeit spüren zu lassen, wenn man Wörter oder Texte nicht versteht – eine Situation, die des Englischen nicht mächtigen Maori umgekehrt nur allzu vertraut ist. Natürlich würde ich gerne wissen, was da am Ende steht, aber ich kann auch mit dem Nicht-Wissen leben. Das alles trug also durchaus zur Atmosphäre bei, und geht daher völlig in Ordnung. Insgesamt war es mir aber sprachlich doch zu schlicht gestrickt. Die Satzmelodien waren derart eintönig, daß ich mehr als einmal darüber im wahrsten Sinne des Wortes eingeschlafen bin. So bleibt nur eine indifferente mittlere Bewertung übrig.


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen