Mark Twain, Die schönsten Erzählungen

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    Wer bei dem Namen Mark Twain an einen humorigen Jugendbuchautor und Possenreißer denkt, der irrt. Schon in dem bekanntesten seiner Bücher, Tom Sawyer, sind die Brüche im Idyll, die Konfrontation mit Verbrechen, Todesangst und pubertärer Romantik, unübersehbar. Der hier vorliegende Band umfasst 21 kürzere Schriften, die die ganze Spannweite eines großen Erzählers offenbart. Er ist erschienen im Aufbau-Verlag anlässlich des 100. Todestages des Autors. Der Aufbau-Verlag gibt eine Gesamt-Werkausgabe heraus, kann also aus dem Vollen schöpfen. Ein anderer Sammelband "Meistererzählungen" ist bei Diogenes erschienen, unterscheidet sich inhaltlich aber nicht wesentlich.


    Es gibt in dem hier vorgestellten Band einige kurze Humoresken von erlesener Albernheit, vor allem der köstliche "Springfrosch von Calaveras", der allerdings in Schriftform darunter leidet, dass er nicht die offenbar dazugehörende Sprachmelodie erkennen lässt. Es gibt die ironische "Burleske Autobiografie", die das Geschlecht der „Twains“ (Mark Twain hieß mit bürgerlichem Namen Clemens) aus einer Abfolge von Halunken ableitet. Am anderen Ende der Skala finden sich zutiefst pessimistische Studien über menschliche Unzulänglichkeiten, bei denen der Humor wie der letzte Rettungsanker gegen die schiere Verzweiflung wirkt. Die längste der Erzählungen „Der Mann, der Hadleyburg korrumpierte“ ist eine minutiöse Studie eines Rachefeldzuges eines Mannes, der die tugendhafte Fassade einer Kleinstadt zum Einsturz bringt, indem er die Bewohner in Versuchung führt – in die Versuchung des unverdienten Reichtums. Der „Private Bericht eines Feldzugs“ lässt einen obskuren Trupp von Freischärlern während des amerikanischen Bürgerkrieges aufmarschieren, der inmitten einer Mischung aus Kriegsromantik und langweiligen Wartens plötzlich den blutigen Ernst erlebt, einen Patrouillenreiter erschießt und dabei erschrocken erkennen muss, dass auch der „Feind“ ein Gesicht hat. Das fulminante „Kriegsgebet“ gehört ebenso in diesen Zusammenhang.


    Zu den stärksten Stücken gehört ohne weiteres auch „Ein merkwürdiges Stück Geschichte“, in der es um eine Gruppe junger Sektierer geht, die sich inmitten der von Sklaverei bestimmten Südstaatengesellschaft aus purer Geltungssucht dem Abolitionismus verschrieb und dabei vor einem heimtückischen Mord nicht zurückschreckt. Der Täter bekennt sich trotzig zu seiner Tat. Er folgende Satz ist in seiner beängstigenden Bedeutung heute aktueller denn je:


    „Wenn die Menschen nunmehr töteten, um bekannt zu werden, im Mittelpunkt der Presse zu stehen, sich einen sensationellen Prozess und eine groß aufgezogene Hinrichtung zu sichern, welche erdenkliche menschliche Maßnahme könnte sie davon abhalten oder abschrecken?“


    Mark Twain zeigt sich hier in seinen Erzählungen als Vertreter aller Eigenschaften, für die die amerikanische Nation und Kultur rückhaltlos bewundert werden könnte: Aufgeklärtheit, Handfestigkeit, Urteilskraft, Menschlichkeit – wenn man nicht an den Schattenseiten, die er aufs Korn nahm, manches Mal verzweifeln könnte.


    Ganz klar:


    :tipp:

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