Oliver Sacks - Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte

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    Autor: Oliver Sacks
    Original: The Man who mistook his Wife for a Hat (1985)
    Übersetzung: Dirk van Gunsteren
    meine Bewertung: 4 von 5



    In „Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte“ erzählt der bekannte New Yorker Neuropsychologe Oliver Sacks aus seiner Praxis, in der ihm immer wieder Menschen begegnen, deren Realität bzw. Normalität sich etwas anders definiert als die der durchschnittlichen Menschen.


    In zwanzig Geschichten beschreibt er durchwegs sympathische Menschen, die aufgrund eines Defekts im Gehirn (meist in den Schläfenlappen) mit besonderen Problemen zu kämpfen haben. Da ist beispielsweise der Musiker Dr. P. Er hat Prosopagnosie, dh. er hat Schwierigkeiten damit, Gesichter zu erkennen. Sein Gehirn schafft es, verschiedene Details des Gesichts wahrzunehmen, aber nicht, diese Details zu einem Ganzen zusammen zu setzen.


    Sacks schafft es, die Geschichten zwar neutral, aber nicht in klinischem Ton zu schildern. Dennoch ist das Buch eher wissenschaftlich, es kommen teilweise Sachverhalte bzw. Worte vor, die man aus dem Alltagsgebrauch der Sprache vielleicht nicht unbedingt kennt, dazu gibt es aber ein recht gutes Glossar, den Rest findet man in den Weiten des Internets.


    Mir persönlich hat das Buch sehr gefallen, einiges kam mir aus dem Psychologie-Studium bekannt vor, wieder anderes ist so seltsam, dass ich noch nie davon gehört habe. Das Buch hat mir auch zu einem Stück Selbsterkenntnis verholfen: Ich leide, sobald ich in einem Buchladen stehe, an akuter Abulie. Abulie bezeichnet Willenlosigkeit bzw. Entschlussschwäche…
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    Taschenbuch: 352 Seiten
    Verlag: rororo; Auflage: 31 (18. Februar 2009)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3499187809
    ISBN-13: 978-3499187803


    4ratten

  • Hallo chil,


    vielen Dank für die Rezi. Das Buch steht schon seit Jahren auf meiner Wunschliste bei Amazon. Ich lese sehr fiel über Gedächtnisforschung und Neurobiologie. Dabei wird Sacks immer wieder erwähnt. Ich werde mir auch dieses Buch baldmöglichst zulegen und berichten.


    Grüße,


    Marypipe

  • In „Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte“ erzählt der bekannte New Yorker Neuropsychologe Oliver Sacks aus seiner Praxis, in der ihm immer wieder Menschen begegnen, deren Realität bzw. Normalität sich etwas anders definiert als die der durchschnittlichen Menschen.


    In zwanzig Geschichten beschreibt er durchwegs sympathische Menschen,


    Sacks schafft es, die Geschichten zwar neutral, aber nicht in klinischem Ton zu schildern. Dennoch ist das Buch eher wissenschaftlich, es kommen teilweise Sachverhalte bzw. Worte vor, die man aus dem Alltagsgebrauch der Sprache vielleicht nicht unbedingt kennt, dazu gibt es aber ein recht gutes Glossar, den Rest findet man in den Weiten des Internets.


    Hallo Chil,
    so neutral finde ich Sacks (glücklicherweise :zwinker:) nicht.
    im Gegenteil, seine Stärke ist es aus meiner Sicht, gerade diese Menschen mit einem "Defizit" dem Leser besonders nahe zu bringen, indem er sehr viel Sympathie für sie vermittelt.
    Er stellt, glaube ich, meist erst eine Außensicht - die, die auch der Durchschnittsleser zuerst hätte - einer mMn sehr sensible (nach-) empfundenen Innensicht des Betroffenen gegenüber, gewürzt mit neurologischen Erklärungen und weiteren Überlegungen zu anderen Themengebieten.
    ich wollte mir immer mal, nachdem ich das Buch gelesen hatte, das Buch mit den Zeichnungen von Stephen Wiltshire kaufen. :zwinker:
    Habe es bis heute aber noch nicht geschafft, es stand immer so vieles an, was auch interessant war...


    LG von
    Susan

  • Oliver Sacks: Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte


    Inhalt:


    Der in New York praktizierende Neuropsychologe Oliver Sacks erzählt zwanzig Geschichten von Menschen, die aus der "Normalität" gefallen sind.
    "Diese Schilderungen sind ergreifend. Sie zeichnen nicht nur ein gespenstisches Bild vom Zustand der Medizin, sondern auch von der heutigen Situation des Menschen." ("New York Magazine")


    Meine Meinung:


    Ich wurde auf Oliver Sacks aufmerksam, als damals der Film "Zeit des Erwachens" im Kino lief. Danach beschaffte ich mir sein Buch "Zeit des Erwachens", las es und war fasziniert, und griff nun auch interessiert zu "Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte".


    Oliver Sacks schreibt über die hochinteressante Welt der menschlichen Hirnfunktionen und zwar so, daß auch ein Laie es versteht. Durch seine Fallgeschichten bekommt man definierte Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Gehirns, und erfährt, welche dramatischen Auswirkungen neurologische Fehlfunktionen oder Hirnverletzungen haben können.


    Anhand bestimmter, ganz besonders beispielhafter Patienten führt Sacks dem Leser diese Auswirkungen vor. So gibt es z.B. den Musiker, dessen Gehirn visuelle Eindrücke nicht mehr verarbeiten kann, so daß er keine Gesichter mehr erkennt und am Ende sogar die Begriffe "Kopf" und "Hut" verwechselt, der aber seine Mitmenschen stattdessen anhand ihrer "Körpermusik" (Bewegungen und Stimme) identifizieren kann. Es gibt die junge Frau, die unfähig zu den einfachsten Alltagshandlungen ist, aber begnadet Theater spielen kann. Es gibt die Zwillinge mit niedrigem IQ, die als autistisch und retardiert gelten, die sich aber die Zeit damit vertreiben, sich gegenseitig Primzahlen bis in den zwölfstelligen Bereich zuzurufen.


    Ich finde das alles sehr sehr spannend und möchte am liebsten viel mehr über Neurologie lernen, wenn ich diese Fallgeschichten lese. Was mir aber ganz besonders an Sacks´ Fallgeschichten gefällt, ist seine Einstellung gegenüber den Patienten. Sie sind für ihn nicht einfach Beispiele für neurologische Ausfälle, für Fehlfunktionen. Immer sieht und akzeptiert er sie als Menschen und als Persönlichkeiten und bedenkt stets die Auswirkungen der jeweiligen neurologischen Störung auf das Leben der Patienten. Sein Ziel sieht er darin, ihnen ein würdiges Leben zu ermöglichen, in das ihre jeweilige neurologische Störung integriert ist. Er hebt sogar die Vorteile dieser Störungen hervor und stellt in Frage, ob ein Defizit wirklich immer ein Defizit/ein Mangel ist. Ich wünschte, alle Ärzte wären so wie Dr. Sacks.


    Dieser menschliche Aspekt macht das Buch ganz besonders lesenswert, neben der Erkenntnis, was für ein Wunder es doch ist, daß unser Gehirn so perfekt funktioniert, wie es normalerweise der Fall ist.



    so neutral finde ich Sacks (glücklicherweise :zwinker:) nicht.
    im Gegenteil, seine Stärke ist es aus meiner Sicht, gerade diese Menschen mit einem "Defizit" dem Leser besonders nahe zu bringen, indem er sehr viel Sympathie für sie vermittelt.
    Er stellt, glaube ich, meist erst eine Außensicht - die, die auch der Durchschnittsleser zuerst hätte - einer mMn sehr sensible (nach-) empfundenen Innensicht des Betroffenen gegenüber, gewürzt mit neurologischen Erklärungen und weiteren Überlegungen zu anderen Themengebieten.


    Dem kann ich mich nur anschließen.


    Bewertung:
    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()