[Argentinien] Tomás Eloy Martínez – Der General findet keine Ruhe

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    Autor: Tomás Eloy Martínez
    Titel: Der General findet keine Ruhe
    Originaltitel, Jahr: La novela de Perón, 1985
    Übersetzung aus dem Spanischen: Peter Schwaar
    Verlag: Suhrkamp
    ISBN: 3-518-39678-1
    Ausgabe: Broschiert
    Seiten: 473



    Weil er es wirklich gut zusammenfaßt, gibt es hier den Klappentext: 20. Juni 1973. General Juan Domingo Perón sitzt im Flugzeug, das ihn aus dem Madrider Exil nach Buenos Aires bringen soll; hinter ihm seine dritte, bedeutend jüngere Frau Isabelita, blond auch sie. Zusammen mit ihrem intimen Berater López Rega, einem rasputinartigen Astrologen, redet sie dem greisen General ein, zu Hause werde er als Heilsbringer erneut gebraucht. Und sind nicht die Nachrichten, die ihn gut gefiltert erreichen, dergestalt, daß ein Ruck durch sein morsches Gehirn geht? Eine Millionenschar von Anhängern, heißt es, fiebert ihm entgegen. Das Vaterland harrt seiner straffen Hand. Doch am Flughafen Ezeiza in Buenos Aires werden seine alten Jugendkameraden vom Militär rüde beiseite geschoben; rechte Eingreiftrupps und links Guerilleros sind unter Evitas riesigem Porträt aufmarschiert, beide im Namen des Generals, und belauern einander. Der Flug aus dem europäischen Sommer in den argentinischen Winter wird zur politischen Groteske.



    Meine Meinung: Groteske trifft es eigentlich ganz gut, denn tatsächlich wirkt dieser gealterte, man könnte auch sagen: sterbende, Diktator mit seinem Machtstreben eher lächerlich als gefährlich. Was leider nicht verhindert, daß die jeweils in seinem Namen aufmarschierten Schlägertrupps sich nicht nur belauern, sondern am Ende des Tages auch viel Blut fließt und damit alles andere als lächerlich ist.


    Martínez erzählt Peróns Geschichte auf mehreren Zeitebenen. Den Rahmen bildet jener 20. Juni, bei dem immer wieder zwischen Madrid und Buenos Aires, zwischen verschiedenen Personen und Gruppierungen, die am Abend auf dem Flughafen Ezeiza zusammentreffen werden, wie bei einer Reportage hin- und hergeschaltet wird. Als Leser ist man also recht gut darüber im Bilde, welche Clique was plant, wieviel die jeweils anderen Grüppchen darüber wissen, und man ahnt, wie die Konfrontation ausgehen muß. Daneben blendet Martínez immer wieder in die Tage unmittelbar vor diesem Flug zurück und erlebt dadurch den greisen General in all seiner Beschränktheit und eben Lächerlichkeit. Besonders amüsant fand ich dabei, wie sich Perón und Franco zueinander verhalten, da stellte sich die Frage, wer an größerer Selbstüberschätzung litt. Als dritte Ebene fungieren Peróns Memoiren, die López Rega nach den Erzählungen des Generals verfaßt und dabei nach Gutdünken Anpassungen vornimmt. Der General liest die Aufzeichnungen und gerät dabei in seine Erinnerungen, ohne sich selbst immer darüber im Klaren zu sein, ob seine Erinnerungen echt oder nicht auch schon ein Produkt von López Rega sind. In diesen Memoiren verfolgt Martínez nicht Peróns ganze Lebensgeschichte, er endet Mitte der 1940er Jahre und läßt damit Peróns eigentliche Machtzeit aus. Diese darzustellen ist auch nicht nötig, es reicht zu zeigen, wie Perón zu dem Mann werden konnte, der Argentinien einige Jahre so als Präsident im Griff hatte und auch noch nach seinem Sturz derart Anhänger zu mobilisieren imstande war.


    Schmunzeln mußte ich über die Art und Weise, wie Martínez sich selbst in den Roman hineingeschrieben hat. Er tritt nicht als „Ich“, sondern in der dritten Person auf, und die Darstellung läßt vermuten, daß Martínez sich selbst in seinen Begegnungen mit dem General und aus dem Abstand der Jahre betrachtet nicht mehr ganz geheuer war. Auf jeden Fall war es eine originelle Form der Selbstkritik, die Treffen dürfte es sogar gegeben haben, schließlich hat Martínez auch als Journalist gearbeitet und dieser Funktion sicher Kontakt mit Perón gehabt. Zwar will ich nicht sagen, daß ich nun eine genauere Vorstellung davon habe, was „Peronismus“ ist, vielleicht ist das auch nicht möglich oder gewollt, denn dafür stellt Martinez den Urheber selbst als zu wetterwendisch dar, aber ich verbinde nun immerhin mehr mit dem Namen als Evita.


    4ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()