[Iran] Mahmud Doulatabadi – Kelidar

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Autor: Mahmud Doulatabadi
    Titel: Kelidar
    Originaltitel, Jahr: Klidar, 1979–84
    Übersetzung aus dem Persischen: Sigrid Lotfi
    Verlag: Unionsverlag
    ISBN: 3-293-00243-9
    Ausgabe: Hardcover
    Seiten: 681



    Inhalt: Marals Vater und ihr Verlobter befinden sich im Gefängnis und deshalb will Maral nach dem Tod nicht bei der Nomadensippe bleiben, der ihr Vater sich einst anschloß. Sie beschließt, zu ihrer Tante Belgeyss, einer Schwester ihres Vaters zu gehen. Dort wird sie zwar aufgenommen, erkennt aber schnell, daß sie die Probleme der Kalmischis weiter verschärft. Belgeyss ältester Sohn sitzt gleichfalls im Gefängnis, die Familie versucht sich neben ihren Herden inzwischen auch mit ein bißchen Getreideanbau. Aber das Jahr war zu trocken, und so ist nicht nur die Ernte der paar wenigen Ähren eine Qual, auch die Tiere werden krank und verenden. Man muß bei den Händlern überhöhte Preise für die Wintervorräte bezahlen und dadurch wachsen die Schulden an.


    Aber auch innerhalb der Familie gibt es Spannungen. Siwar, die Frau von Belgeyss zweitem Sohn Gol-Mammad, ist inzwischen allen eine Last geworden, klammert sich aber an diesen letzten ihr verbliebenen Anschluß. Belgeyss' Tochter Schiru hingegen brennt mit ihrem Geliebten durch, was eine Suche durch die Brüder und eine Strafaktion durch den jüngsten nach sich zieht. Dazu kommt noch, daß man einen „Zwischenfall“ vertuschen muß, denn auch Belgeyss' Bruder Madyar möchte seine Geliebte entführen, eine Aktion die jedoch fehlschlägt und mit zwei Toten endet, weshalb sich irgendwann die Behörden dafür interessieren werden.



    Meine Meinung: Bei dieser Zusammenfassung handelt es sich nur um einen kleinen Ausschnitt des Inhalts, denn es gibt noch einige Querverbindungen in die Ortschaften und Handlungsstränge, die sich um deren Bewohner ranken. Im Zentrum steht aber die Familie Kalmischi mit ihren Sorgen. Von Freuden kann man nicht reden, denn die kommen nicht vor. Auch wenn etwas zunächst so aussieht, als könnte es glückliche Folgen haben, so verkehrt es sich mehr oder weniger schnell ins Gegenteil. Die Atmosphäre, die hier vermittelt wird, schwankt daher zwischen deprimierend und trostlos. Trotzdem war es aus mehreren Gründen interessant zu lesen.


    Großen Anteil daran hat Doulatabadis Beschreibung der Landschaft sowie der Lebensbedingungen der Nomaden in Chorasan. Die Kargheit und Unwirtlichkeit machen es schwer zu glauben, daß Menschen sich dem freiwillig aussetzen, aber die Faszination und die Schönheit der Steppe nach einem Regen werden gleichfalls deutlich. Und Doulatabadi schafft es auch, die Gefühls- und Gedankenwelt der Nomaden nachvollziehbar zu machen. Zwar bleibt trotzdem vieles fremd, was neben den völlig anderen Bedingungen, unter denen man heutzutage hier aufwächst im Vergleich mit denen der Kalmischis, sicher auch an dem zeitlichen Abstand liegt, der durch die geographischen Sonderheiten verstärkt wird. Es wird zwar keine Jahreszahl genannt, aber ich würde die Geschichte sicher in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts einordnen.


    Zu berücksichtigen ist allerdings, daß die Geschichte am Ende dieses Bandes nicht abgeschlossen ist. Der komplette Zyklus umfaßt zehn Bücher in fünf Bänden, hier liegt nur der erste Band, also die ersten beiden Bücher vor. Der Klappentext behauptet zwar, diese beiden Teile seien in sich abgeschlossen, aber das Ende macht schon deutlich, daß es eigentlich kein solches ist, sondern noch vieles folgt. Die unmittelbaren Handlungsstränge sind ziemlich abgeschlossen, das ist richtig, aber mich würde doch interessieren, wie es mit der Sippe weitergeht, denn die Probleme werden nach den letzten hier erzählten Aktionen sicher noch zunehmen. Die übrigen Teile sind jedoch nicht übersetzt, und ich kann mir auch nicht vorstellen, daß sich ein Verlag dieses Mammutwerkes noch einmal annimmt, was durchaus schade ist.



    4ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen