Spektrum der Wissenschaft

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.886 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von tári.

  • Hallo! :smile:


    Wer von euch liest noch gerne Spektrum der Wissenschaft? Würde mich freuen hier auch ein paar Leute zum diskutieren über dieses Thema zu finden - z.B. über das Hauptthema des Jännerheftes ("Sind Wissenschaft und Religion vereinbar?"). Ein bisschen frage ich mich, ob der Zugang eines Theologen objektiv genug ist (auch wenn er Mathematik und Philosophie ebenfalls studiert hat) oder ob die Skepsis dem gegenüber rein an meiner atheistischen Grundeinstellung liegt...


    EDIT: In dem einem Beispiel meine ich natürlich Jänner 2012, wäre sonst schon etwas lange her um sich noch genau an den Artikel erinnern zu können. ;)


    Liebe Grüße
    die Bücherdiebin

    Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist.<br />- Elias Canetti

    Einmal editiert, zuletzt von Bücherdiebin ()

  • [quote author=Schokomaus' Männe]Hallo!
    Das Thema im Heft finde ich persönlich sehr einseitig; es heißt zwar Religion und Wissenschaft, aber wo bleiben die anderen Religionen? Da wird ja nur mit einem Christen gesprochen. Buddhismus, Zen Buddhismus, Hinduismus, Shinten, alles große Religionen, und deren Standpunkte zur Wissenschaft bleiben unklar.
    Die Skepsis hat also nichts mit der atheistischen Sicht von Dir zu tun, würde ich sagen (P.S.: Für mich ist auch Atheismus eine Art von Glauben ;) ), sondern vielleicht mit dem Bauchgefühl, dass diese Diskussion tatsächlich befangen und nicht objektiv genug geführt wird. Das sehe ich genau so wie Du.[/quote]


    i.A. Schokomaus :zwinker:

    "Verzicht bedeutet für Frauen die kurze Pause zwischen zwei Wünschen."

    ~ Mario Adorf

  • Der Artikel ist schon sehr sachlich gehalten, er lässt aber wesentliche Antworten offen, so dass vieles unklar bleibt. Er geht im Artikel auch sehr vielen unterschiedlichen Fragestellungen nach, keine davon wird zu meiner Zufriedenheit beantwortet. Dass ist wohl in der Kürze auch nicht möglich. Ein Beispiel: Wenn er untersucht, ob Theologie eine Wissenschaft ist, dann müsste er dem unbedarften Leser erst mal deutlich machen, welche Anforderungen an eine wissenschaftliche Disziplin gestellt werden. Das bleibt nebulös. Auch das große Thema Theodizee wird nur angerissen, die Argumente bleiben für mich unscharf.


    All dies mag aber der Kürze des Artikels geschuldet sein. Für einen Laien ist hier vieles jedoch zu ungenau ausgearbeitet.


    Gruß, Thomas


    P.S. Den Artikel kann man sich kostenfrei als Leseprobe herunterladen.

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Danke Klassikfreund für den Hinweis!


    Ich habe den Artikel jetzt gelesen, allerdings stellenweise nur überflogen. Ich muss vorweg sagen: über moderne Theologie habe ich keine Ahnung, ich weiß nicht mit welchen Methoden gearbeitet wird, was Forschungsfragen darstellen etc. Ich kann aber meinen Senf zu Wissenschaftstheorie geben.
    Für mich erläutert der Artikel eigentlich nicht, ob Theologie eine Wissenschaft ist oder nicht.


    Wenn der Autor schreibt, es gäbe keine allgemein akzeptierte Definition von Wissenschaft, dann kann ich dem nicht ganz zustimmen.
    Die Ansprüche an die Naturwissenschaften sind zum Beispiel relativ klar (Theoriengebäude, daraus abgeleitete Hypothesen mit empirischer Überprüfbarkeit, Falsifikation etc.). Den ungemein wichtigen Begriff der Falsifikation nennt der Autor zwar in einem Satz, erklärt ihn aber nicht und lässt ihn völlig unreflektiert stehen. Ich denke nicht, dass man diesen Begriff so selbstverständlich beim Leser voraussetzen kann (wobei ich das Publikum der Zeitschrift nicht kenne).


    Nun ist meiner Meinung nach Theologie aber keine Naturwissenschaft im klassischen Sinne. Aber das sind die Philogien und Literaturwissenschaften beziehungsweise die Geisteswissenschaften auch nicht! Diese Wissenschaften haben ihren eigenen Methodenkatalog, und hier setzt auch die Diskussion an: ist dieser genauso "wissenschaftlich" wie der Katalog der Physik, Biologie und so weiter? Welche Kriterien sind hier anzuwenden? Beispielsweise in der vom Autor erwähnten Hermeneutik oder der Anwendung von Heuristiken.
    Was ich hier nur sehr knapp anspreche - und auch vieles offen lasse - ist nicht gerade ein kurzes Kapitel in der Wissenschaftstheorie. Und lebt auch heute noch weiter, denn ich kenne auch viele Naturwissenschaftler, die auf die Geisteswissenschaftler lächelnd herabblicken und der Meinung sei, dies wäre keine Wissenschaft.
    C.P. Snow hat in seinen Artikeln die These der zwei Kulturen - Natur- und Geisteswissenschaften - aufgestellt, die sich gegenseitig nicht berühren und auch nicht gerade kompatibel sind. Ich denke hier sollte man auch mit der Theologie ansetzen und sich die Methoden genauer ansehen, mit denen gearbeitet wird.
    Der Autor beschreibt das ja ähnlich, geht dann weiter auf die Glaubensbindung ein. Ich denke auch, dass diese ein "Spezifikum" darstellt, ich glaube aber fast nicht, dass sie in der täglichen Arbeit eines Religionswissenschaftlers tatsächlich eine so große Rolle spielt.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.


  • Was ich hier nur sehr knapp anspreche - und auch vieles offen lasse - ist nicht gerade ein kurzes Kapitel in der Wissenschaftstheorie. Und lebt auch heute noch weiter, denn ich kenne auch viele Naturwissenschaftler, die auf die Geisteswissenschaftler lächelnd herabblicken und der Meinung sei, dies wäre keine Wissenschaft.


    Genau zu dem Thema hat sich letzte Woche auch Richard David Precht in einem langen Interview mit dem "Tages-Anzeiger" geäussert. Er gibt dort auch seiner Meinung Ausdruck, dass Geistes- und Naturwissenschaftler zusammenarbeiten sollten und wo er die Trennlinie zwischen den beiden Richtungen sieht, insbesondere in Bezug auf Kompetenzen:


    [quote author=Richard David Precht]Ich habe grundsätzlich nichts gegen eine selbstbewusste Biologie, solange sie nicht gleich noch das Deutungsmonopol über ihre Forschungsresultate beansprucht. Biologen sollen Experimente machen und die Ergebnisse messen. Wenn sie daraus aber schliessen, dass es keinen freien Willen gibt, dann geht dies zu weit. Solche Schlussfolgerungen sollen sie den Geistes- und Sozialwissenschaften überlassen.[/quote]


    Ich habe noch nichts von ihm gelesen, aber das Interview fand ich sehr interessant. Falls es jemand ganz lesen möchte, ist hier der Link: «Wir Menschen sind lieber die Bösen als die Dummen»


    Lieber Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Spektrum liegt bei mir regelmäßig auf dem Tisch. Auch ich habe den Artikel nur quergelesen, weil ich den Eindruck hatte, dass er vom Standpunkt einer Theologie aus geschrieben ist, die sich nicht als kulturwissenschaftliche Spezialdisziplin begreift, sondern als Kultuslehre. Das kann man wohl nicht ändern, so lange Theologie unter der Aufsicht der Kirchen und damit als fortgeschrittene konfessionelle Unterweisung gelehrt wird. Wenn man so schreibt, bleibt als Bodensatz immer ein nicht auflösbarer Antagonismus übrig. Noch alle Versuche, Aussagen der Naturwissenschaften in religiöse Glaubenslehren zu integrieren, sind auf unterschiedliche Weise gescheitert. ID-Theorien liegt ein grundfalsches Verständnis von Evolution zu Grunde, und die katholische Kirche wäre vermutlich ganz froh, wenn sie nicht anno 1950 versucht hätte, den Urknall als Schöpfungsakt zu verstehen (kaum jemand weiß übrigens, dass es eine päpstliche Äußerung in diesem Sinne überhaupt gibt).


    @ Alfa_Romea:


    Auch Richard David Precht stimme ich nicht zu. Ob es einen freien Willen gibt oder nicht, ist nicht notwendig eine Deutungsfrage. In biologischer Hinsicht stellt sich die Frage, ob die physischen Voraussetzungen für einen freien Willen vorhanden sind oder nicht. Die Neurobiologie kann darauf zwei mögliche Antworten geben:


    erstens: nein, die gibt es nicht. Dann gibt es nicht zu deuteln.


    zweitens: ja, die gibt es, oder sie lassen sich zumindest nicht ausschließen. Dann, erst dann, wird das ganze zu einer Frage, wer was deuten darf.

    Einmal editiert, zuletzt von Gronauer ()

  • Gut, also bin ich nicht die Einzige, der der Artikel etwas schwammig erscheint.




    [quote author=Schokomaus' Männe](P.S.: Für mich ist auch Atheismus eine Art von Glauben ;) )


    [/quote]


    Ja, stimmt eigentlich. Ungläubig wäre in dieser Hinsicht nur der Agnostiker. :err: Naja, obwohl der auch eigentlich gern etwas Bestimmtes glauben würde und nicht weiß, was und somit allem eine Chance gibt... *hmm* Da wären wir aber bald wieder bei der unbeantworteten Frage nach einem freien Willen.



    @ Gronauer: Im Großen und Ganzen stimm ich dir zu.
    Zwecks Antagonismus ist mir was Lustiges im Interview mit Precht aufgefallen:


    Zitat

    Ich bin überzeugt, dass sich diese beiden Sichtweisen letztlich ergänzen. Wir haben gegenwärtig viele Naturwissenschafter, die deuten, ohne sich der Spielregeln des Deutens bewusst zu sein. Damit fallen sie weit hinter den Erkenntnisstand der Philosophie zurück. Es gibt kaum Naturwissenschafter, die ihre Sprache reflektieren. Die Philosophen haben aber spätestens im 20. Jahrhundert gelernt, über ihre Sprache nachzudenken. Dabei haben sie viel erfahren über die Abhängigkeit des Denkens von kulturell geprägten Begriffen. Sie haben auch gelernt, dass sie keinen exklusiven Zugang zur Wahrheit haben. Die meisten Naturwissenschafter verstehen heute diese Frage gar nicht. Sie verlangen von uns scharf definierte Begriffe und sind überzeugt, dass die Sprache im Dienste der Wahrheitsfindung steht. Dabei sieht jeder Primatenforscher, dass Sprache im Dienst der Kommunikation entstanden ist und nicht dafür geschaffen ist, objektive Wahrheiten zu definieren. Sprache ist ihrer Natur nach unscharf.


    Precht verteidigt sozusagen sein Fachgebiet, indem er sagt, Naturwissenschaftler kannten die Regeln des Deutens nicht - und Philosophen kennen diese, weil sie gelernt haben ihre Sprache zu reflektieren, die hier in Zusammenhang gebracht ist mit dem Denken durch kulturell geprägte Begriffe. Weiter unten sagt er dann, dass Sprache lediglich der Kommunikation dient und ihrer Art gemäß unscharf ist. Müsste das nicht im Umkehrschluss bedeuten, dass Philosophen sich das Recht zu deuten vorbehalten, weil sie eine Disziplin genau überdacht haben, die so unscharf ist, dass ihre Grenzen sowieso nicht zu fassen sind? Demnach dürfen auch Naturwissenschaftler deuten.
    --> Naja, und sowieso ist Ergebnisdeutung fest in die Naturwissenschaft integriert. Wer definiert, wo die Grenzen liegen, die einen Wert dann als positiv oder negativ kennzeichnen? Jene, die die Versuche durchführen. Außerdem wäre es etwas fies den Naturwissenschaftlern generell den Sinn für Sprache abzusprechen. In einem Buch der höheren Mathematik stehen Sachen, mit denen ich so meine lieben Probleme habe, weil erstens schon die mathematischen Operationen nichts anderes als eine eigene Sprache sind und diese zweitens über eine ("unsere") Sprache definiert werden, die beim ersten Mal durchlesen auch nicht so leicht zu verstehen ist. Da muss man dann zwei Sprachen reflektieren, vor den Mathematikern hab ich tiefsten Respekt. Und einem Umkehrschluss muss jedes mathematische Argument sowieso standhalten können.


    Liebe Grüße

    Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist.<br />- Elias Canetti

    Einmal editiert, zuletzt von Bücherdiebin ()


  • Ja, stimmt eigentlich. Ungläubig wäre in dieser Hinsicht nur der Agnostiker. :err: Naja, obwohl der auch eigentlich gern etwas Bestimmtes glauben würde und nicht weiß, was und somit allem eine Chance gibt... *hmm* Da wären wir aber bald wieder bei der unbeantworteten Frage nach einem freien Willen.


    Ein Agnostiker sagt eigentlich ja nur, dass die Frage nach Gott nicht beweisbar ist. Das heißt, dass ein Agnostiker sehr wohl ein sehr gläubiger Mensch sein kann, zumindest theoretisch.
    Wobei es auch unterschiedliche Abstufungen gibt.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.