Marcel Proust ~ Im Schatten junger Mädchenblüte

  • Marcel Proust ~ Im Schatten junger Mädchenblüte



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    Seiten: 760
    Verlag: Suhrkamp
    Erscheinungsjahr: 1918 (2011)



    [hr]



    Der vorliegende zweite Band des großen Romanzyklus' Auf der Suche nach der verlorenen Zeit knüpft an die Jugenderinnerungen des Erzählers aus dem ersten Band an. Im ersten Teil von Im Schatten junger Mädchenblüte erfahren wir, was aus dem Ehepaar Swann geworden ist. Der Erzähler ist nun einige Jahre gereift und hat sich in die Tochter der Swanns, Gilberte, verliebt. Er beschreibt hier seine Erfahrungen mit der ersten großen Verliebtheit, doch ebenso schnell, wie die Leidenschaft für Gilberte entfacht wurde, erlischt sie auch und Marcel, der Erzähler, wendet sich anderen Dingen zu, die ihn in seiner naiven Jugendlichkeit beschäftigen.


    Im zweiten Teil fährt Marcel mit seiner Großmutter in den Kurort Balbec in der Bretagne, um sich von seiner schweren, chronischen Krankheit zu erholen. Detailreich beschreibt er jede Einzelheit der Hotelgesellschaft, vom Kellner über Diener bis hin zu den feinen Herrschaften der Adelsklasse. Marcel unternimmt nicht viel, aber was er tut, das ist beobachten und reflektieren.


    Hat dieser Roman doch seine Längen, die den Leser von Zeit zu Zeit ermüden können, denn handlungsreich ist dieser Roman nicht, so hat er aber auch eine ganz große Stärke: die feinsinnige Beobachtungsgabe des Erzählers. Minutiös beschreibt er nicht nur innere und äußere Eigenschaften der Menschen um ihn herum auf eine meisterhafte Weise, sondern er analysiert in einem fort deren Verhalten in der Gesellschaft. Die feinen Damen und Herren der oberen Gesellschaftsschicht sind geradezu süchtig danach, anderen zu gefallen, zu beeindrucken, aufzutrumpfen - und dabei wird nicht immer bei der Wahrheit geblieben. Es wird den Mitmenschen ohne Scham ins Gesicht heuchelt. Sie haben den ganzen Tag nichts gescheiteres zu tun als ihren Gegenüber permanent für sein Benehmen, seine Worte oder für die Wahl des heutigen Hutes zu beurteilen. Entweder wird übertrieben bewundert, oder es wird wegen Nichtigkeiten verachtet. Angenehm ist hierbei, dass der Erzähler die menschlichen Schwächen seziert, ohne den Finger zu erheben, er präsentiert dem Leser seine Erkenntnisse äußerst unaufdringlich.


    Als ein weiteres zentrales Motiv kristallisiert sich die Suche nach jungen schönen Mädchen heraus. Der Erzähler Marcel ist noch sehr jung an Jahren und sehnt sich in seinen Tagträumen immerzu nach einem schönen Mädchen, das seine leidenschaftliche Liebe entfachen könnte. Interessant sind hierbei seine Beobachtungsperspektiven aus der Ferne und aus der Nähe, die mich stark an einen impressionistischen Maler erinnert haben. Doch durch seine romantischen Träume und seine Schüchternheit bringt er sich oft genug um die Gelegenheit, ein Mädchen kennenzulernen. Schließlich taucht Albertine auf und wird zu dem Subjekt, auf das Marcel all seine Empfindungen und Träumereien projezieren kann.



    5ratten