Karen Maitland - The Gallows Curse

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  • Karen Maitland - The Gallows Curse


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    Inhalt:
    Der Roman spielt zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Der englische König John zerstritt sich mit dem Papst, weshalb die katholische Kirche ein Interdikt über England verhängte und somit alle gottesdienstlichen Handlungen untersagte. Die Kirchen wurden geschlossen, die Priester, die noch nicht geflüchtet sind, verfolgt und eingesperrt. Die Menschen lebten in der Angst zu sterben, ohne die Sterbesakramente erhalten zu haben. Die Toten konnten nicht in geweihter Erde bestattet werden, es wurden auch keine Taufen und keine Trauungen durchgeführt.
    Im kleinen englischen Dorf Gastmere lebt Elena, eine Feldarbeiterin. Unwissentlich wird sie Teil eines makabren Planes, um ihren verstorbenen Dienstherrn von seinen Sünden zu erlösen. Sie beginnt fürchterliche Träume zu haben, in denen sie unschuldigen Menschen das Leben nimmt. Als sie angeklagt wird, ihren eigenen neugeborenen Sohn umgebracht zu haben, weiss sie nicht mehr weiter.


    Meine Meinung:
    Wie in allen ihren Büchern, die ich bisher gelesen habe, steigert sich auch in diesem die Spannung zu Beginn des Buches sehr langsam, gegen Ende der Geschichte jedoch rasant. Die Handlung wird aus der Sicht einer Alraune erzählt. Vor den Kapiteln ist stets ein Eintrag aus dem Herbarium der Alraune eingefügt. Sie geben einen interessanten Einblick in die Heilkunde und Bräuche des Mittelalters. Auch widerspiegeln sie den tief verankerten Aberglauben.
    Meiner Meinung nach wird der Mangel an mitreissender Spannung durch die kunstvoll geschaffene düstere Atmosphäre des mittelalterlichen Lebens wett gemacht. Die Ängste und Wünsche der verschiedenen Charaktere werden sehr lebendig geschildert. Während dem Lesen hatte ich das Gefühl ein wenig miterleben zu können, wie sich die Menschen damals gefühlt haben, und mich besser in ihre Art zu Leben und zu Denken hinein versetzen zu können. Insbesondere die Abhängigkeit von der Kirche und ihren Ritualen als auch die Konsequenzen eines Interdikts auf die einzelnen Menschenleben werden dem Leser sehr gut nachvollziehbar vermittelt.
    Auch in diesem Buch spielen die Magie und der Glaube an sie eine wichtige Rolle. Besonders gefallen hat mir, dass man als Leser selber entscheiden muss, ob man an die Magie oder an Zufälle glaubt.


    Einziger Minuspunkt für mich ist, dass mir der Aufbau der Geschichten in Karen Maitlands Romanen etwas zu ähnlich ist. Wer aber gerne düstere und soweit ich das beurteilen kann gut recherchierte historische Romane mag ohne jeglichen Kitsch und absehbarem, zuckersüssem Happy-End, dem kann ich dieses Buch auf jeden Fall empfehlen.


    3ratten

    :leserin: <br />Joyce Carol Oates - Du fehlst

  • Meli: Das hört sich ja interessant an! Danke für die Rezension! :smile:
    Das Buch kommt gleich mal auf meine Wunschliste...

  • England um 1210: König John hat das Interdikt über das Land gebracht, es gibt keine Gottesdienste, keine Taufen, keine Hochzeiten, keine Begräbnisse, keine Beichte. Ein katastrophaler Zustand für die Menschen, die in großer Angst vor der Hölle leben, die ihnen droht, sollten sie ohne Sterbesakramente von der Erde scheiden. Die fünfzehnjährige Elena, ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen, wird unfreiwillig in ein Ritual verwickelt, das den jungen Erben des Herrensitzes von Gastmere vor der ewigen Verdammnis retten soll. Daraufhin wird sie von furchtbaren Träumen heimgesucht und bittet eine Kräuterfrau um Hilfe, doch das macht alles nur noch schlimmer, und Elena droht schließlich sogar eine Hinrichtung am Galgen für ein Verbrechen, das sie gar nicht begangen hat.


    Mit Hilfe von Raffaele, dem Verwalter des Herrenhauses, der selbst ein düsteres Geheimnis hat, gelingt ihr die Flucht in letzter Sekunde und sie kann untertauchen, aber sie lebt in ständiger Angst, doch noch aufgespürt zu werden, sie muss unaussprechliche Dinge tun, um zu überleben, und nachts wird sie immer noch von den grässlichen Träumen gequält. Raffaele seinerseits versucht, finstere Machenschaften des neuen Lords von Gastmere aufzudecken und gleichzeitig weiterhin Elena irgendwie zu beschützen, aber beides ist kein leichtes Unterfangen und scheint zum Scheitern verurteilt.


    Karen Maitland versteht sich ausgezeichnet darauf, das Mittelalter von seiner brutalen, düsteren, unheimlichen und abergläubischen Seite zu zeigen und dabei auch die eine oder andere Prise Mystery einzustreuen. Das gelingt ihr auch in diesem Buch, allerdings bedient sie diesmal doch ziemlich viele Mittelalterklischees vom eindimensional bösen Usurpator des Herrensitzes über zwielichtige Priester bis zum Eunuchen. Und auch die kleinwüchsige Puffmutter, die ihre geringe Körpergröße durch eine überlebensgroße Persönlichkeit und ebensolche Klappe wettmacht, wirkt etwas überzeichnet.


    Spannend ist der Roman dennoch, keine Frage. Raffaele ist ein wunderbar ambivalenter Protagonist, dessen Motivation sich nicht auf den ersten Blick erschließt, und die etwas naive Elena, die mit der Zeit lernt, im Rahmen der Möglichkeiten für sich einzustehen, mochte ich auch. Das offene Ende hingegen hat mich etwas sprachlos zurückgelassen, da blieben ein paar Dinge zu viel in der Luft hängen für meinen Geschmack.


    Ziemlich originell auch eine der Erzählperspektiven aus Sicht einer Alraune, die im Buch eine zentrale Rolle spielt. Eine Wurzel, die aussieht wie ein Gnom und der man magische Fähigkeiten zuschreibt, beobachtet die Menschen, das ist definitiv mal was anderes. Und was ich auch sehr mochte, waren die Auszüge aus einem (fiktiven) mittelalterlichen Buch der Heilkünste, die jeweils zum Kapitelanfang ein Heilmittel beschreiben. Da finden sich neben den einschlägigen heute noch anerkannten Heilkräutern auch ungewöhnlichere "Medikamente" wie ein Beutel Mäuse gegen Husten.


    Wer handfeste Geschichten aus dem dreckig-finsteren Mittelalter mit einem Schuss Übersinnlichem mag, ist hiermit gut bedient, aber andere Bücher von Maitland haben mir insgesamt besser gefallen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen