David I. Kertzer - Der erste Stellvertreter. Papst Pius XI. und ...

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    David I. Kertzer - Der erste Stellvertreter. Papst Pius XI. und der geheime Pakt mit dem Faschismus


    Klappentext:
    Er galt als der gute Stellvertreter Gottes auf Erden. Er galt als der Papst, der dem Faschismus die Stirn bot: Pius XI. Bis jetzt. In seiner bahnbrechenden Arbeit kommt David Kertzer in den Archiven dem unheilvollen Pakt zwischen Papst Pius XI. und Mussolini auf die Spur - und entdeckt das ganze Ausmaß der faschistischen Verstrickung des Vatikans.


    Meine Meinung:
    Dieses Sachbuch entstand, nachdem die vatikanischen Archive für die Zeit von Papst Pius XI. geöffnet wurden und David Kertzer hat gemeinsam mit Kollegen die umfangreichen Unterlagen gesichtet und verarbeitet. Das Ergebnis hat u.a. den Pulitzer Preis gewonnen, den Oscar des Journalismus.


    Die Darstellung konzentriert sich nicht ausschließlich auf Papst Pius XI., sondern es handelt sich um eine Doppelbiografie des italienischen Papstes und von Mussolini, dem Anführer der Faschisten. Beginnend bei der Kindheit der beiden Personen begleitet man sie als Leser immer abwechselnd auf ihrem weiteren Lebensweg und wie sie jeweils Karriere machen. Der eigentliche Beginn ihrer (heimlichen?) Zusammenarbeit wird durch die Lateranverträge markiert, mit denen der Kirchenstaat in Rom etabliert wird. Der Preis für die Zustimmung Mussolinis war die Auflösung der kirchlichen Partei. Dies hat den Grundstein für die weitere Beziehung zwischen beiden gelegt - frei nach dem Motto "Eine Hand wäscht die andere".


    Obwohl sich die Ausführungen auf die beiden Oberhäupter konzentrieren, spielen auch zahlreiche andere Personen mehr oder weniger einflussreiche Rollen, darunter der Kardinalstaatssekretär Pacelli (der spätere Papst Pius XII.) und Mussolinis Schwiegersohn und Außenminister Ciano. Gerade bei den kirchlichen Würdenträgern war für mich als uneingeweihte nicht immer eindeutig, wer welche Position, welche Verantwortung und welche Macht hatte, jedoch konnte ich die wichtigsten Namen zuordnen und eine Kurzdarstellung der wichtigsten Personen am Ende des sehr umfangreichen Anhangs half dabei, den Überblick zu bewahren.


    Während des späteren Pontifikats des Papstes, als seine Gesundheit nachließ, erkannte er immer deutlicher, welchen Pakt mit dem Teufel er eingegangen war und versuchte, Schadensbegrenzung zu betreiben, vor allem auch mit Blick auf Mussonlinis Verbündeten, Hitler-Deutschland. Das ihm dies nicht gelang, liegt maßgeblich an Kräften im Vatikan, die zwar nicht unbedingt guthießen, was in Deutschland geschah, aber zum Einen in Deutschland einen starken Widersacher des geführchteten Kommunismus sahen und zum Anderen den Juden nicht wohlwollend sondern maximal gleichgültig gegenüberstanden. Beim Lesen ist mir hier des öfteren kalt geworden angesichts der damals vorherrschenden Einstellung den Juden gegenüber und auch, welche Konzessionen die Kirche auf deren Kosten (und auf Kosten anderer!) bereitwillig gemacht hat, um ihre vermeintliche Macht zu erhalten. Mit dem Wissen um die Konsequenzen dessen erscheint es aus heutiger Sicht unverantwortlich. Doch auch damals gab es schon mahnende Stimmen, die leider nur nicht laut genug waren.


    Da die Darstellung Kertzers sich i.W. auf das Pontifikat von Papst Pius XI. beschränken, finden die Konsequenzen dessen Politik, die unter Pius XII. fortgeführt wurde, kaum Erwähnung in diesem Buch. Um hierzu fundiert Stellung nehmen zu können, bedarf es dazu zudem der noch nicht erfolgten Öffnung der vatikanischen Archive für die Zeit von Pius XII.. Ich hoffe, dass wenn dies erfolgt, Kertzer eine ebenso fundierte und gut lesbare Auswertung dieser Dokumente vornimmt, wie er es in diesem Buch getan hat.


    4ratten