Lars Mytting - Die Birken wissen's noch

Es gibt 1 Antwort in diesem Thema, welches 584 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Lars Mytting - Die Birken wissen's noch


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt (Amazon):


    Auf einem entlegenen Bergbauernhof im norwegischen Gudbrandstal wächst Edvard mit seinem wortkargen Großvater Sverre auf. An seine Mutter hat er nur eine vage Erinnerung – an einen Duft, ein Gefühl von Wärme, einen blauen Rock. Lars Mytting erzählt die Geschichte einer verzweifelten Suche nach der Mutter, dem Vater, den eigenen Wurzeln – und einer Reise, die Edvard durch fremde Länder führt und dessen Familiengeschichte ein ganzes Jahrhundert umfasst: das Jahrhundert der großen Tragödien.
    Edvards Eltern sind ums Leben gekommen, als er drei Jahre alt war. Um ihren Tod wird ein Geheimnis gemacht, und auch um den Ort, an dem sie starben. Zu diesem Geheimnis gehört auch das Schicksal Einars, des Bruders des Großvaters. Edvard weiß nur, dass er ein Meistertischler war und als junger Mann zur Ausbildung nach Paris ging. Dass er seine Werkstatt mitsamt dem Wald von Flammenbirken zurückließ. Dass für den Großvater ein Sarg geliefert wurde, lange vor dessen Tod – ein Stück Kunsttischlerei, wie es noch nie jemand gesehen hat –, und dass Einar womöglich gar nicht tot ist, wie es der Großvater behauptete…

    Meine Meinung:

    Das Ungewöhnliche an diesem Buch ist es, dass Edvards Familiengeschichte mit der Geschichte von Holz und Bäumen sehr, sehr eng verknüpft ist. Nicht nur, dass der Bruder seines Großvaters ein begnadeter Möbeltischler war, auch die Geschichte der Birken, der Walnussbäume und ihres Holzes zieht sich durch die Generationen.


    In Edvards Familie wird sehr viel Gewese um das Familiengeheimnis gemacht, die Aufklärung zieht sich länglich hin und was am Ende herauskommt, ist zwar traurig, aber irgendwie auch simpler, als ich erwartet hatte. Nötig wäre diese Geheimnistuerei nicht unbedingt gewesen, meiner Meinung nach wird da ein bißchen übertrieben, aber egal - es bereitet viel Lesevergnügen, Edvard auf seiner Suche nach der Aufklärung seiner Geheimnisse, die mit der europäischen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts eng verknüpft sind, und auf seinen Reisen zwischen Norwegen, den Shetland-Inseln und Frankreich zu begleiten, und die Personen kennenzulernen, die im Schicksal seiner Familie eine Rolle spielen.


    Besonders genossen habe ich die verschiedenen Schauplätze, vor allem Shetland, aber auch Norwegen. Einiges erschien mir kaum glaublich, ich weiß zuwenig über Holz, um die Plausibilität einiger Fakten einschätzen zu können. Aber wenn es nicht wahr ist, so ist es gut ausgedacht und fügt sich gut in den Roman. Und obwohl es viel Tod und Unglück in der Geschichte gibt, habe ich sie keineswegs als deprimierend empfunden.

    Fazit:
    empfehlenswert


    4ratten

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Nach dem Unfalltod seiner Eltern ist Edvard bei seinem schweigsamen Großvater Sverre aufgewachsen, der etwas abseits von einem norwegischen Dorf auf einem Bauernhof lebt und im Ort auch Jahrzehnte nach dem Krieg mit Argwohn betrachtet wird, weil er seinerzeit auf deutscher Seite gekämpft hat. Großvater und Enkel verstehen sich ohne viele Worte, und so stellt Edvard auch nie groß Fragen nach den Todesumständen seiner Eltern, nur manchmal steigen blasse Erinnerungen in ihm hoch, an die Eltern, an eine Reise nach Frankreich, an Auseinandersetzungen des Großvaters mit einer anderen Person, während der Junge schon im Bett war.


    Doch als der Großvater stirbt, stößt Edvard auf einiges, das ihn zum Nachdenken bringt, angefangen mit dem wunderschön gearbeiteten Sarg, den sein Großonkel Einar, der schon lange tot ist, offenbar schon vor Jahrzehnten für seinen Bruder angefertigt hat. Einar, der begnadete Tischler, der seinerzeit den Flammbirkenwald hinter dem Bauernhof gepflanzt hat - und über den nie wirklich gesprochen wurde.


    Edvard beschließt, nun endlich seiner Familiengeschichte nachzuspüren, und bricht ziemlich spontan auf, um die vagen Spuren zu verfolgen, die er hat: die Telefonnummer eines Friseursalons auf den Shetland-Inseln, ein paar Namen und die Dinge, die ihm der alte Gemeindepfarrer über Einar und Sverre erzählt hat.


    Das Buch hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen mit seiner ruhig fließenden Erzählweise, die geographische Landschaften ebenso schön darzustellen vermag wie emotionale. Es ist kein actionreicher Roman und über dem Ganzen liegt stets eine leise Melancholie. Die meisten Figuren sind zunächst ein wenig spröde und unzugänglich, aber auch faszinierend, ganz ähnlich wie die Gegenden, in denen das Buch spielt. Bäume und die Verarbeitung von Holz zu schönen Gebrauchsgegenständen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und die prägenden Ereignisse zwischen dem 1. Weltkrieg und den 90er Jahren, die Edvard nach und nach aufdeckt.


    Wenn man an diesem wunderschönen Roman unbedingt etwas bemängeln möchte, könnte man manche Geschehnisse als ein bisschen zu gut konstruiert betrachten - mich hat das allerdings nicht sonderlich gestört, weil das Buch so großartig erzählt ist und mich auf seine ruhige Weise ganz enorm gefesselt hat. Ich hätte am Ende nur noch gerne gewusst, ob alles komplett erfunden ist oder das eine oder andere womöglich von wahren Begebenheiten inspiriert war.


    Auf jeden Fall eines meiner Jahreshighlights.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen