Gina Mayer - Im Land des Regengottes

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    Worum es geht
    Die 17-jährige Henrietta sieht plötzlich einen Ausweg, ihrem trostlosen Dasein in Deutschland zu entgehen: ein Leben in Deutsch-Südwest, wo ihre Mutter den Missionar Immanuel Freudenreich heiraten wird. Alles soll anders werden, die Zukunft liegt vor ihr! Doch die Hoffnungen verfliegen schnell, die Tage in Afrika sind so karg und hart wie daheim in Elberfeld. Als ihre Mutter stirbt, sieht Henrietta nur noch einen Ausweg: Die Flucht. Ins ferne Kapland, zu Bekannten. Zu Fuß und in Begleitung von Petrus, der auf der Missionsstation arbeitet. Die Strecke, die vor ihnen liegt, ist lang und gefährlich, die Flucht schweißt sie zusammen. Sie lernen einander zu vertrauen - und verlieben sich. Eine junge weiße Frau und ein schwarzer Mann im südlichen Afrika um 1900. Ist die Zukunft, von der Henrietta träumt, tatsächlich möglich?


    Meine Meinung
    Von Anfang an packend erzählt Gina Mayer die Geschichte eines jungen Mädchens, das in ihrer deutschen Heimat nicht als Dienstmädchen arbeiten will, und so ließ ich mich gerne weiter in den Strudel der kommenden Ereignisse ziehen. In der arrangierten Heirat ihrer Mutter mit einem Missionar sieht Henrietta ihre eigenen Träume als Lehrerin in Deutsch- Südwestafrika bereits verwirklicht, noch ehe das Abenteuer beginnt.
    Fasziniert bin ich der Auswanderin auf ihrer Reise gefolgt, um mitzuerleben, wie ihre naiven Pläne und hochgesteckten Ziele nach und nach unter der glühenden Sonne Afrikas zerbrechen. Die Erinnerung an den in der Heimat zurückgelassenen heimlichen Verlobten Bertram wird - trotz aller Bemühungen Henriettas - von den harten Anforderungen der Gegenwart rasch ausgelöscht, und auch sonst fügt sich nichts so, wie es sich die Protagonistin vorgestellt hat. Unüberlegte Handlungsweisen kosten sie fast das Leben, gehegte Hoffnungen zerplatzen eine nach der anderen wie Seifenblasen, und doch hält Henrietta trotz aller Widerstände an ihrem einmal eingeschlagenen Weg fest. Besonders sympathisch wurde sie mir, weil sie dabei nie als strahlende Heldin, sondern eher mit dem Mut der Verzweiflung nach einem Ausweg sucht.
    Gut gefallen haben mir aber auch alle anderen Figuren, Henriettas verbitterte, doch im Ehejoch unterwürfige Mutter, und weitere Auswanderer, wie das exzentrische Fräulein Hülshoff und die Missionarsfamilie Cordes, denen das Schicksal in Afrika ebenfalls sehr übel mitspielen sollte. Auch Petrus, der schwarze Arbeiter auf der Missionsstation in Bethanien ist ein interessanter, sehr glaubwürdig gezeichneter Charakter, zerrissen zwischen alten Traditionen und den Errungenschaften der deutschen Einwanderer. Seine Intelligenz und sein Lernwille zwingen ihn zu ungewöhnlichen Maßnahmen, um in der Welt der Weißen einigermaßen gut zurechtzukommen.
    Allen ihren Protagonisten versteht die Autorin unverwechselbare Eigenschaften und Eigenheiten zuzuordnen, und das Aufeinanderprallen völlig unterschiedlicher Kulturen realistisch darzustellen. Keine verständnisvolle Einheimische nimmt Henrietta unter ihre Fittiche, wobei die Fremdheit der Frauen weniger durch offene Feindseligkeiten, sondern vielmehr durch verletzende Ignoranz betont wird.
    Henriettas Flucht wird durch eindrucksvolle Landschaftsbeschreibungen untermalt, während ihr Überleben in der Wildnis zum Großteil von Petrus' instinktivem Wissen um die Geheimnisse und Gefahren seines Landes abhängt. Die langsam wachsende Liebe der beiden jungen Leute kommt bis zum bitteren Ende ohne romantischen Kitsch aus, die Gefahren und Entbehrungen haben das naive Mädchen sehr schnell reifen lassen.
    Nicht nur inhaltlich, auch stilistisch hat mich das Buch sehr angesprochen. Gina Mayer erzählt flüssig, bedient sich dabei einer gehobenen Sprache, und hat für ihre Arbeit gewiss auch intensiv recherchiert. Im Nachwort verrät die Autorin, dass sie sich durch Tagebücher von Auswanderinnen zu dieser Geschichte hat inspirieren lassen. Ich habe mich bei diesem spannenden, sehr realistisch erzählten Roman auf jeden Fall gut unterhalten.


    4ratten