Maria Leitner - Hotel Amerika

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    Bei der 2024 erschienen Neuausgabe des Romans "Hotel Amerika" von Maria Leitner in der Reihe "Reclams Klassikerinnen" handelt es sich um einen Gesellschaftsroman, der im titelgebenden Hotel Amerika in New York angesiedelt ist und einen Tag des bewegten Hotellebens sowohl aus der Perspektive des Personals wie auch der Gäste beschreibt. Das Besondere dieses Romans erschließt sich mit dem Nachwort von Katharina Prager, die nicht nur Informationen aus dem bewegten Leben der Autorin liefert, sondern dessen Zusammenhang mit dem Roman verdeutlicht: Maria Leitner bereiste als Journalistin drei Jahre lang verschiedene Länder, u.a. die USA, und arbeitete inkognito in den verschiedensten Berufen, um dann darüber zu schreiben - die hier verarbeiteten Informationen zu den Arbeitsbedingungen des Hotelpersonals waren ihr also aus eigener Erfahrung bekannt.


    Wenn man den Klappentext des Romans liest, der einige der ProtagonistInnen, darunter die irische Wäscherin Shirley, das schwedische Zimmermädchen Ingrid und den deutschen Küchenjungen Fritz vorstellt, die als Teil des Personals im Hotel wie alle anderen auch auf eine große Hochzeit als Ereignis des Tages hinarbeiten, klingt dies zunächst harmlos. Erst bei fortschreitender Lektüre werden die sozialkritischen Aspekte deutlich, es wird dargestellt, dass die Angestellten trotz harter Arbeit unter unwürdigen Bedingungen knapp am Existenzminimum leben, während sie gleichzeitig reichen Gästen jeden Wunsch erfüllen sollen. Zwischen den unterschiedlichen Beschäftigtengruppen wird nochmal deutlich unterschieden, sei es nach Tätigkeit, aber auch nach sozialer und ethnischer Herkunft. Die Frauen sind dabei deutlich benachteiligter als Männer, dies wird an zwei Streikversuchen des Personals im Laufe des dargestellten Tages deutlich.


    Es ist erstaunlich, wie aktuell vieles in dem Roman noch heute anmutet, auch wenn dieser 1930 erstmals erschienen ist. Prekäre Arbeitsverhältnisse und Rassismus sind leider auch heute noch Themen, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Dass diese Auseinandersetzung im Fall von "Hotel Amerika" durch eine jüdischstämmige Autorin erfolgt, die den Kommunisten nahestand, dürfte mit dazu beigetragen haben, dass dieser Roman 1933 von den Nationalsozialisten auf die Liste der verbotenen Bücher gesetzt und verbrannt wurde.


    Ich bin froh über die Wiederentdeckung dieses Klassikers, der sich auch noch gut liest, insbesondere die Aneinanderreihungen verschiedener Eindrücke (seien es die nacheinander von den Zimmermädchen zu reinigenden Zimmer oder die verschiedenen Bereiche der Küche, in denen der Küchenjungen eingesetzt wird) sorgen für interessante Einblicke in den Hotelalltag der ausgehenden 1920er Jahre.


    5ratten