Beiträge von Juva

    Nachdem mich die wirklich gute Rezension neugierig gemacht hat habe ich mir das EBook "Hase und ich" heruntergeladen, es in einem Tag gelesen und es hat mir richtig gut gefallen.


    Die Autorin erzählt die Geschichte, die sie mit Hase erlebt, unsentimental und doch einfühlsam. Als LeserIn kann man gut verfolgen, wie sie sich mit ihrem kleinen Gast beschäftigt, wie sie recherchiert, um sich bestmöglich um Hase kümmern zu können und wie sie sich auch mit den Schicksalen von Hases Artgenossen auseinandersetzt. Das ist informativ, aber kein bißchen langweilig, weil die gemeinsame Geschichte von Mensch und Tier interessant ist, man fiebert mit, ob Hase wieder auftauchen wird und leidet auch mit, wenn schlimme Dinge passieren.


    Zum Ende des Buches wird auch thematisiert, dass sich die gemeinsame Geschichte früher dem Ende nähern wird als die Zeit mit einem reinen Haustier, weil Hase als Wildtier anderen Gefahren ausgesetzt ist und die Autorin weiß, dass sie ihn davor nicht schützen kann, wenn sie ihm seine Freiheit lässt.


    Ich hatte vor der Lektüre des Buches Bedenken, wie ich mit der Kompromisslosigkeit der Autorin, Hase eben nicht zu zähmen, sondern bewusst als wildes Tier leben zu lassen, würde umgehen können, da ich selbst Kaninchen halte (zwar unter artgerechten Bedingungen für Kaninchen in Innenhaltung, aber eben als durchaus verhätschelte Haustiere) und die Nähe zu meinen Tieren sehr schätze, auch wenn mir klar ist, dass sie von ihren wilden Verwandten sehr weit entfernt sind - was sowohl Vor- als auch Nachteile birgt. Diese Sorge war grundlos, da die Gedankengänge der Autorin so nachvollziehbar geschildert werden. Man kann als LeserIn gut verstehen, warum sie sich entschieden hat, mit Hase so und nicht anders umzugehen, gleichzeitig verurteilt sie Menschen, die tatsächlich Haustiere halten, aber auch nicht.


    "Hase und ich" ist ein wunderbares Tier- und Naturbuch, das informativ und spannend zugleich ist.


    5ratten

    Wie schon bei anderen Gedichten, die hier vorgestellt wurden, musste ich den Text erstmal wirken lassen und durchdenken, trotzdem bleibe ich bei meinem ersten Eindruck und Interpretationsansatz: Hier wird eine Frau von einem Mann unterdrückt und sie versucht, sich aus dieser Unterdrückung zu befreien.


    Am Anfang klingt das Gedicht für mich so, als ob etwas schon länger Aufgeschobenes ("die auf Widerruf gestundete Zeit") bzw. etwas, was sich schon länger angekündigt hat, sich nun verwirklicht. Die "härteren Tage" verdeutlichen, dass dies durchaus ernst zu nehmen ist.


    Die Seelandschaft, in der sich die Dinge ereignen, passt mit ihrer Kargheit und dem weiten Blick (der Horizont wird ja explizit erwähnt) sehr gut, hier wird durch die eingesetzten Worte und die dadurch erzeugten Assoziationen ein Gefühl der Vergänglichkeit hervorgerufen (das mich durchaus an einige Gedichte von Theodor Storm erinnert).


    Das Versinken der Geliebten im Sand verdeutlicht den Gedanken des Verlusts, auch wenn der Perspektivwechsel an dieser Stelle zunächst für Verwirrung sorgt. Ich lese diese Stelle so, dass derjenige, der die Geliebte verliert, hier direkt mit den Gründen konfrontiert wird: er hat sie bevormundet ("fällt ihr ins Wort", "befiehlt ihr zu schweigen") und die Bedingungen der Beziehung diktiert ("willig dem Abschied nach jeder Umarmung"). Sie muss, um sich dieser Beziehung zu entziehen, aktiv werden, sich von der Szenerie entfernen und von der vermeintlichen Idylle distanzieren - das lyrische Ich klingt für mich nach einem Selbstgespräch, einer klärenden Selbstreflexion, die für die Frau in die Freiheit führen - aber unter harten Bedingungen ("es kommen härtere Tage").


    Und damit bin ich bei der zeitgeschichtlichen Dimension: auch wenn das Gedicht vielleicht nicht explizit politisch ist, klingt bei dieser Interpretation die Geschlechterfrage durchaus an, die in den 1950er Jahren sicher nicht zu Gunsten der Frau (und schon gar einer Frau wie Ingeborg Bachmann, die sich in den Augen ihrer Zeitgenossen viele Freiheiten bezüglich ihres Liebeslebens herausgenommen hat) ausgegangen wäre. Ein so selbstbestimmtes Handeln einer Frau kann damals nicht als gänzlich unpolitisch durchgegangen sein.

    Und gleich mit Folgendem anfangen: Ich würde weder Heine, noch die Romantik, noch Goethe als "ur-deutsch" bezeichnen. Dieser Gedanke (wurde zumindest in der BRD, nämlich in der Adenauer-Zeit) nach dem Zweiten Weltkrieg ganz bewusst in die Köpfe der Deutschen gehämmert. Man brauchte ja irgendetwas Positives, moralisch Einwandfreies, an dem man sich orienteren konnte, wenn schon die unmittelbare Vergangenheit gelinde gesagt, fragwürdig war. (Dies, nebenbei, während man gleichzeitig links und rechts Persilscheine en masse verteilte, weil man glaubte, ohne das Fachwissen hochgradig kompromittierter Leute das Land nicht führen zu können.)


    Da möchte ich in Bezug auf die Romantik widersprechen - gerade weil sie in einer Zeit entsteht, in der zunächst die Hoffnung auf einen Nationalstaat der Deutschen besteht, gefolgt von der Enttäuschung, dass auf dem Wiener Kongress anstelle eines Nationalstaats, den sich viele Deutsche damals gewünscht haben, der eher lose (und dabei sehr für die Freiheits- und Demokratiebewegung sehr restriktive) Deutsche Bund entsteht, spielt da schon an vielen Stellen der nationale Gedanke mit hinein. Und dass Jena und Berlin Zentren der Frühromantik (und das nicht nur für Deutschland, sondern für Europa) waren, kann man beispielsweise bei Andrea Wulf (in "Fabelhafte Rebellen") nachlesen, da muss man nicht mal Rüdiger Safranski mit "Romantik. Eine deutsche Affäre" bemühen.

    Wobei der Verlust der Kultur im NS-Staat ja durchaus schon früher einsetzt, was gerade Mascha Kaleko auch schon vor ihrer Auswanderung zu spüren bekommen hat, so würde ich den Verweis auf "Kraft durch Freude" hier auch lesen. In diesem Kontext finde ich den Verweis auf Goethe besonders wichtig - dass unter den Nazis kein Heine mehr gelesen wurde, überrascht nicht, aber auch "der" deutsche Dichter Goethe war nicht wirklich gefragt.


    Die Nachtigallen lese ich hier nicht nur als Gegensatz zu den Geiern, sondern als typisches lyrisches Motiv der Romantik, die ja auch eine ziemlich deutsche Angelegenheit ist, bei den Nationalsozialisten aber ebenfalls keinen hohen Stellenwert hatte. Dass eines der prägnantesten Motivtiere dieser Lyrik (und zugleich ein Sinnbild für die Liebe) sich nach einem anderen Wohnsitz umsieht unterstreicht den Eindruck der Verarmung und Verelendung des Landes.


    Manches in diesem Gedicht erinnert mich inhaltlich an Gedichte aus dem Barock, die die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges beschreiben, weil die Entwicklungen ähnlich sind: Verlust der Menschen, Verlust der Hoffnung, zurück bleibt nur der Tod. In diesen Kontext würde auch der Verweis auf die Pest gut passen.


    Ich mag viele Gedichte von Mascha Kaleko gerne, finde dieses aber besonders eindrucksvoll in der Art und Weise, wie Melancholie, Trauer und Sehnsucht hier verwoben werden.

    Sadie Jones´ Roman "Der ungeladene Gast" hat mir gut gefallen, obwohl weniger passiert, als ich nach der Lektüre des Klappentextes vermutet hätte. Das liegt zum einen daran, dass mich die Figurenzeichnungen begeistert und sehr gut unterhalten haben, zum anderen an der Atmosphäre des im Roman geschilderten Landsitzes, zu der die sich langsam entwickelnde Geschichte gut passt.


    Die Autorin stellt die Mitglieder der Familie Torrington, ihre Gäste und Hausangestellten detailliert und in verschiedenen Facetten vor, mir gefällt insbesonderen der leicht ironische Ton, der dabei immer wieder zum Vorschein kommt. Es gelingt ihr, die Figuren auch dann, wenn sie in ihren eher negativen Eigenschaften dargestellt werden, nicht völlig unsympathisch werden zu lassen. Allein schon deshalb möchte man wissen, wie sich die Geschichte weiterentwickelt und was aus diesen Figuren wird.


    Durch die Berührungspunkte zwischen der Familie und den zwangsweise einquartierten Zugreisenden, deren Auftreten manchmal etwas durchaus kafkaeskes haben (etwa wenn es so scheint, als hätte sich ihre Anzahl plötzlich verändert) wird die Handlung zusätzlich vorangetrieben, auch weil man sich als LeserIn immer wieder fragen kann, wo die Grenzen zwischen Realität und Einbildung verlaufen.


    Insgesamt hat mir der Roman wirklich gut gefallen, das Zeitkolorit des beginnenden 20. Jahrhunderts ist gut getroffen und ich bin der Geschichte gern gefolgt. Allerdings ist der Roman nicht so spannend, wie der Klappentext suggeriert, dafür gibt es einen kleinen Abzug.


    4ratten

    Eigentlich finde ich die Idee zu diesem Thread ziemlich cool, weil ich gerne Lyrik lese und mir darüber Gedanken mache, die zusätzliche Dimension des Austauschs hier ist deshalb sehr reizvoll. Aber das aktuelle Gedicht (schwierig, aber durchaus herausfordernd) und vor allem die Art und Weise der Beiträge hier machen wenig Lust, was dazu zu schreiben. Ich gehöre durchaus zu denjenigen, die, wie Zank schon vermutete, gerne erstmal über ein Gedicht nachdenken. Allerdings erübrigt es sich für mich nun, etwas dazu zu schreiben - es scheint ja bereits alles gesagt zu sein. Schade!

    Der Roman "Mitternachtsschwimmer" von Roisin Maguire hat meine Erwartungen leider nicht wirklich erfüllt. Einerseits ist die Geschichte der Annäherung der beiden so unterschiedlichen Außenseiter Grace und Evan nett erzählt, und das Dorf Ballybrady erscheint (gerade angesichts der Umstände der Corona-Pandemie, während der der Roman spielt) gerade wegen seiner skurilen, aber warmherzigen Bewohner wie ein kuscheliger Rückzugsort, aber irgendwie war mir das alles dann doch zu idyllisch.


    Auch die Probleme, die Evan dazu gebracht haben, sich nach Ballybrady zurückzuziehen (unter anderem ein schwerer Schicksalsschlag und das schwierige Verhältnis zu seinem tauben Sohn) erschienen mir teilweise fast wie ein Vorwand, daraus positive Entwicklungen werden zu lassen. An vielen Stellen kam mir das Wort "Klischee" in den Sinn, insgesamt sind es für mich einfach zu viele Baustellen in diesem Roman, die dann zu oberflächlich abgehandelt werden.


    Der Roman ist leicht und teilweise durchaus unterhaltsam zu lesen, ich hätte mir aber angesichts des Covers und des Klappentextes sowie vieler sehr positiver Bewertungen mehr Tiefe und Substanz gewünscht, leider bleibt es dann doch bei recht seichter Unterhaltung. Schade!


    3ratten

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    Klappentext:

    "Wir wissen, dass das Leben endlich ist. Warum also sollten wir glauben, dass der Tod ewig währt?" Dieser zutiefst poetische Roman beginnt nicht zufällig auf einem Weltkriegs-Schlachtfeld. Ein Verwundeter blickt in einer Winternacht in den Sternenhimmel und denkt an seine Liebe... Von dort wandern seine Gedanken, und genauso wandert nun die Geschichte durch die Zeiten, bis zu seiner Ur-Enkelin, einer Ärztin ohne Grenzen in unseren Tagen: Linien entstehen zwischen früher Fotografie, Marie Curie und Lagranges Theorie der Mechanik... Weil selbst kleinste Schaltpunkte nachwirken, reiben und entzünden sich Zusammenhänge im Laufe der Jahre immer wieder aneinander - es entsteht ein dicht gewobener Roman über Beziehungen und Erinnerung.


    Anne Michaels Roman "Zeitpfade", der 2024 für den Booker-Preis nominiert war, erzählt auf mehreren Zeitebenen die Geschichten verschiedener Personen, die durch Verwandtschaft oder durch Begegnungen miteinander verbunden sind. Der Zeitraum der Handlung erstreckt sich von 1908 bis 2025, durch die Nennung der Orte und Zeitpunkte ergibt sich eine ungefähre Struktur für die LeserInnen, die auch bitter nötig ist - der gesamte Roman besteht aus kleinen Fragmenten, die teils ohne direkt erkennbaren Zusammenhang aneinandergereiht sind.


    Die einzelnen Fragmente bilden ein Mosaik, das die übergeordneten Themen des Romans - Krieg und die Bedeutung der Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten - erkennen lässt. Und zweifellos verwendet die Autorin eine poetische, berückende Sprache. Trotzdem kann ich mich den vielen positiven Rezensionen dieses Romans, die ich gelesen habe, nicht anschließen. Mir erscheint diese Konstruktion zu gewollt, zu künstlich-künstlerisch, als dass der Roman mich wirklich hätte abholen können. Und das ist schade, weil die Figuren eigentlich viel Potential haben, das für mich aber einfach im gekünstelt-bedeutungsvollen Drumherum untergeht. Die Autorin hat meines Erachtens einfach zu viel in ihren Roman hineingepackt - zu viele Andeutungen, zu viele Bezüge (hier wird von Kritik an kommunistischen Systemen bis zum Schicksal Marie Curies wirklich sehr viel angesprochen, und das auf gerade mal 200 Seiten), die dann aber in knappen Worten steckenbleiben.


    Da die Autorin wirklich gut schreiben kann, werde ich es wohl mal mit ihren anderen beiden Romanen versuchen, auch wenn dieser hier mich erstmal enttäuscht hat.


    2ratten

    Ich nehme mir erstmal drei Krimis vor, davon wenigstens einer von meiner SLW-Liste (die noch einige Krimis mehr hergeben würde):


    Eva Almstädt - Ostseedämmerung (Pia Korittki Bd. 20)

    Katharina Peters - Kreidemord (Romy Beccare Bd. 14)

    Elizabeth George - Wer die Wahrheit sucht (Inspektor Lynley Bd. 12)

    Bis hierhin habe ich hoffentlich alles eingetragen, sonst bitte Bescheid sagen.


    Sorry, Jaqui , da habe ich nicht richtig hingeschaut.


    Zank : Auch wenn Thriller eigentlich etwas anderes sind als Krimis dürfen diese gerne gelesen werden - denn auch in ihnen geht es ja meistens kriminell zu. ;)

    Außerdem melde ich Jörg Maurer - Felsenfest an. Der arme Krimi liegt seit 10 Jahren auf meinem SuB, weil er mir einmal zum Geburtstag geschenkt wurde und ich es eigentlich nicht mag, mitten in eine Reihe einzusteigen. Doch jetzt werde ich über meinen Schatten springen und ohne Kenntnisse der Vorbände ins kalte Wasser springen.

    Ich habe diese Serie vor langer Zeit mal angefangen. Würde ich da jetzt wieder einsteigen wäre das auch wie ein Neubeginn. Wahrscheinlich braucht man die Kenntnisse der Vorbände da aber auch nicht unbedingt.

    Ich kann mich den vorliegenden Rezensionen nur anschließen - für einen Krimi war mir dieser Roman definitiv zu trocken und zu langweilig, die historische Argumentation ist aber durchaus interessant. Vielleicht hätte die Autorin lieber ein historisches Sachbuch schreiben sollen, das dann auch Raum dafür geboten hätte, mehr Zusatzinformationen zum Fall der Prinzen im Tower (die ich tatsächlich nicht unbedingt gebraucht hätte, weil ich derartige historische Sachbücher aber auch immer mal wieder lese) unterzubringen.


    Die Figur des Protagonisten bleibt blaß und auch relativ unsympathisch, für mich reichte die Wirkung von nervig bis besserwisserisch. Alle anderen Figuren werden zu Randfiguren degradiert und dementsprechend oberflächlich dargestellt, sowas stört mich generell ziemlich.


    Mein Fazit: Für Geschichtsinteressierte, die sich mit der Geschichte der Prinzen im Tower beschäftigen, ist dieses Buch durchaus interessant. Für Krimifans ist es meines Erachtens wegen der nicht vorhandenen Handlung und den eindimensionalen Figuren nicht wirklich zu empfehlen.


    2ratten