1975 Im Jahr der Weiber - Kurt Appaz

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  • Titel: 1975 Im Jahr der Weiber
    Autor: Kurt Appaz
    Verlag: Ullstein
    Erschienen: Februar 2007
    Seitenzahl: 256
    ISBN: 3550086660
    Preis: 18.00 EUR


    Der Autor:
    Kurt Appaz wurde 1956 geboren. Nach einer dürftigen Schulkarriere absolvierte er in verschiedenen Randgruppen der Gesellschaft seine informelle Ausbildung zum Schriftsteller. Unter seinem eigentlichen Namen veröffentlicht er seit vielen Jahren erfolgreich Kinder- und Jugendbücher.


    Meine Meinung zu diesem Buch


    Hamburg ‚75
    Jungs, war das gemütlich
    da schien noch ein richtiger Mond in der Nacht
    die Musik haben wir noch mit der Hand gemacht


    Diese Textzeilen fielen mir spontan ein als ich den Titel des Buches las. 1975, da segelten Appaz, Kerschkamp, Lepcke, Ratte und der Ami mit Pauken und Trompeten durchs Abitur. Was lag also näher, als alles stehen und liegen zu lassen und mit einem klapprigen VW-Bus in Richtung Frankreich zu fahren – sechs Wochen lang die vermeintlich große Freiheit kennen zu lernen. Aber nach der Lektüre musste ich feststellen, dass der Text des Liedes vom „Teufelsgeiger“ Lonzo irgendwie doch nicht auf das Buch passte.


    Die Jungs fahren los, treffen viele junge Menschen und man begleitet sich jeweils ein Stück des Weges um sich dann wieder (auf Nimmerwiedersehen?) zu trennen. Die Jungs haben nur Augen für die Mädchen, kiffen, saufen, kotzen um danach wieder neu zu saufen, kiffen, Mädchen aufzureißen und weiter zu kotzen und sich in ihren stinkenden Klamotten und Schlafsäcken einem tiefen Erschöpfungsschlaf hinzugeben.


    Es hat sich bis heute nichts geändert! Junge Menschen auf der Suche nach dem, was genau gar nicht näher definiert werden kann. Eine Suche, die wohl nie zum Ziel führen wird. Sie versuchen auszubrechen, graben sich bei diesem Versuch aber immer weiter ein in ihre Illusionen, ohne irgendeinen Realitätsbezug.


    Aber Abbaz beschreibt auch eine Zeit, in der Rockmusik noch Rockmusik war. „Child in Time“ war nicht irgendein Song, nein, man lebte damals diese Musik. Der Name „Alexis Corner“ war Kult, genau wie dessen Musik – ein genialer Bluesmusiker, den heute kaum noch jemand kennt. Led Zeppelin in ihrer ganzen Genialität sind wieder präsent. Vielleicht kann man dieses Buch nur dann „fühlen“ wenn man in der damaligen Zeit gelebt hat, wenn man damals die ganze Radikalität der Jugend in sich gehabt hatte. Das nostalgische Gefühl beim Lesen dieses Buches empfand ich als unbeschreiblich. Lange verschüttete Bilder kamen wieder zum Vorschein und der Satz „als unsere Träume zu Alpträumen wurde“ gewann eine ganz neue Bedeutung.


    Abbaz schreibt auch über eine Zeit, als solche Kunstwesen wie „Boy-Groups“ oder „Paris Hilton“ nicht mal ansatzweise Gedankenfragmente am Horizont waren und er zeigt uns aber auch, wie wir uns verändert haben und nun in unserer Welt spießbürgerlicher Beamtenmentalität festsitzen. Der Schwung unserer Jugend ist weg, so wie vieles aus der damaligen Zeit auf dem Dachboden des Lebens abgelegt wurde und erst langsam vom Staub der Zeit befreit werden muss. Das Buch ist der ideale Staubwedel für dieses Unterfangen.


    Sie erleben erste Drogenexzesse, sie verstehen nicht, dass die Mädchen sie verlassen, denn das Recht zum Verlassen haben doch eigentlich nur sie. Hinter ihren großen Klappen verbergen sie nichts weiter als ein rührende Unsicherheit.


    Ein Buch für alle, die sich gern wieder erinnern möchten, die bereits sind, sich auf eine Reise in die eigene Erinnerung zu begeben.


    Sehr lesenswert, vielleicht nicht für alle, in jedem Falle aber für die, die in den Fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geboren wurden.


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  • Hallo Nichtraucher,


    danke für Deine Rezension - sie hat meine Vorurteile gegen solche Bücher (in diesem Fall) ein wenig abgebaut! :zwinker:


    Aber trotzdem was zu diesen: ich finde es fürchterlich, dass der Verlag nichts besseres weiß als seine eigene Gestaltung von "Maria, ihm schmeckt´s nicht!" zu kopieren, nur um dieses Lesepublikum gleich nochmal in Massen anzusprechen.
    Und dann die Hommage des Autors an seinen Pseudonym-Namensgeber - haha, das ist ja irrsinnig einfallsreich.
    Ich weiß nicht, ich habe von all diesen lustigen Generationsromanen irgendwie die Nase voll - alleine wenn ich sie schon im Regal sehe... Aber noch schlimmer ist dieser Wahn mancher Verlage, auch noch etwas an Krümeln von den (ganz) großen Kuchen abbekommen zu wollen und sei es mit der 83sten Version des Originals.


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea