[Comic] Joe Sacco - Palästina. Eine Comic-Reportage

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    Rückentext: Sacco schildert das Leben in Palästina und Israel aus der Sicht eines jungen US-Amerikaners, der eine fremde, unbekannte Welt betritt, in der die Menschen traumatisiert sind von Terror und militärischer Besatzung, in der Verhaftungen und Demütigungen, Zerstörung und Enteignung zum Alltag gehören. Er streift umher und beobachtet, wie Palästinenser mit israelischen Siedlern und Soldaten umgehen, die ihnen gezielt das Leben schwer machen. Er spricht mit palästinensischen Tomatenbauern, die sechs verschiedene Genehmigungen benötigen, um ihre Ware auf den Markt zu bringen, hört den Opfern von Folterungen zu, besucht die Basare und Flüchtlingslager im Westjordanland, die Klagemauer in Jerusalem und diskutiert mit jungen Israelis in Tel Aviv über besetztes Land, Gewalt, Misstrauen und die Hoffnung auf Frieden.
    Als Sacco von seinem Palästina-Aufenthalt in die USA zurückkehrte, veröffentlichte er seine Erlebnisse in einem neuen Genre – dem Comic-Journalismus, einer Kunstform, die ihm die Unmittelbarkeit des Augenzeugenberichts mit der Objektivität der Reportage am besten zu verbinden und die emotional aufgeladene Situation in Nahost am besten darzustellen schien. Dafür wurde er 1996 mit dem American Book Award ausgezeichnet.
    Das Vorwort für die Gesamtausgabe der neunteiligen Comicserie schrieb Edward W. Said, Schriftsteller, Literaturdozent und „einer der wirklich wichtigen Intellektuellen unseres Jahrhunderts” (Nadine Gordimer). Said nennt „Palästina” ein „Werk von großer künstlerischer und politischer Bedeutung und außergewöhnlicher Kreativität, das sich von der langen, oft hoffnungslos verfahrenen und emotional überfrachteten Kontroverse zwischen Palästinensern, Israelis und ihren jeweiligen Fürsprechern wohltuend abhebt”. Abgesehen von wenigen Schriftstellern und Dichtern „hat noch nie jemand diesen furchtbaren Zustand so eindringlich geschildert wie Joe Sacco”.



    Meine Meinung: Zunächst war ich überrascht, ein Vorwort von Edward Said zu finden. Nach dem Lesen desselben war ich nicht mehr ganz so angetan, da es insgesamt nicht so ausgewogen ist, wie das Zitat im o. a. Rückentext vermuten läßt. Und auch meine Bewertung insgesamt ist schwierig, weil es viel Differenzierung erfordert und für das Buch insgesamt gilt, was ich gerade über Saids Vorwort gesagt habe.


    Vorab: Ich halte es für eine interessante Form, in der Sacco sich hier dem Israel-Palästina-Konflikt widmet. Die detaillierten Zeichnungen vermitteln die Zustände sehr anschaulich und an denen ist vermutlich nicht viel zu beschönigen. Aber auch wenn Saccos Intention vor allem war, die Palästinenser zu zeigen, so rechtfertigt das doch meines Erachtens nicht die Einseitigkeit der praktizierten Sichtweise, daran ändert auch der letzte Teil mit den beiden israelischen Frauen in Tel Aviv nichts. Damit will ich nicht sagen, daß die israelische Politik und das Verhalten in den besetzten Gebieten über jede Kritik erhaben ist, denn das sind sie definitiv nicht. Aber die Palästinenser – wenn ein solcher Kollektivbegriff auf der einen wie der anderen Konfliktseite überhaupt angemessen sein kann – sind eben auch nicht nur Opfer, sondern gleichfalls Täter in dieser Gewaltspirale. Ich möchte ehrlich gesagt auch nicht in einem Land leben, in dem ich nicht in einen Bus steigen kann ohne sicher zu sein, daß ich mein Ziel überhaupt erreiche. Zugegebenermaßen ist das vor allem ein Phänomen der zweiten Intifada, um die es hier noch nicht geht, das ändert aber praktisch nichts an der grundsätzlichen Situation. Ich erinnere mich nicht besonders gut daran, mit welchem Tenor die Berichterstattung über die erste Intifada hierzulande verbunden war, finde aber, daß sich die Qualitätsmedien seit einigen Jahren durchaus um differenzierte Berichterstattung bemühen, das merkt man auch daran, daß mal die eine und mal die andere Seite darüber aufschreit.


    So bleibt am Ende das Gefühl eines zwar durchaus interessanten Leseerlebnisses, aber mit einem gewissen Unbehagen über die Parteilichkeit der Darstellung. Eine einfache Leseratten-Bewertung kann ich hier deshalb nicht vornehmen. Für die Zeichnungen und die Idee dürfen es gerne 5ratten sein, für die inhaltliche Umsetzung eher 3ratten oder etwas drüber. Es verbietet sich aber, daraus einfach einen Mittelwert von 4 zu machen.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()