Allerdings fürchte ich, dass sie nur wegen Dr. Schlüter so heil aus dieser Sache rausgekomme ist.
Ja, genauso ist es. Auch heute wäre es für Frauen nach wie vor schwierig in solchen Situationen.
Die Geschichte Karls geht eher tragisch weiter - sein Abstieg bis zum Lumpensammler. Das muss schrecklich für ihn sein. So schlimm das auch ist - genauso interessant ist es, darüber zu lesen. Es ist ja eine Art Geschichtsunterricht (nur spannender und lebensnaher als in der Schule )
Besonders aufgefallen ist mir da die Methode mit den Schlafmitteln um einen Teil des Entzugs zu verschlafen. Wird das heute auch noch so gemacht? Aber ich finde den Gedanken, dass versucht wird, die Qualen eines Entzugs zu lindern eigentlich ziemlich fortschrittlich!
Heutzutage werden Alkoholiker meist mit Oxazepam entzogen - das ist ein Benzodiazepin und starkes Beruhigungsmittel (das bei übermäßigem Gebrauch selbst abhängig machen kann). Sie bekommen aber keine Dosierungen, von denen man einschläft, sondern nach speziellen Schemata in absteigender Dosierung gerade so viel, dass die Entzugserscheinungen überdeckt werden. Aber mit Schlafmitteln hat man früher tatsächlich auch schon gearbeitet.
Bei der Gelegenheit hab ich eine indiskrete Frage Melanie Metzenthin - arbeitest Du im Eppendorfer Krankenhaus? Falls es zu persönlich ist, bitte ignorieren!
Nein, ich habe da - wie ich auch in dem Videobeitrag von SAT 1, den ich oben verlinkt habe, beschreibe - lediglich studiert und später meine Psychotherapieausbildung gemacht.
Marthas Schulkolleginnen sind eine seltsame Mischung. Gibt es Vorbilder für Auguste Feldbehn? Ich fürchte ja, dass sie noch irgendwie zur tragischen Figur werden könnte. Denn so zickig und gemein sie auch ist... irgendwie tut sie mir leid. Vor allem, wenn Susannes Gerüchte wahr sind. Susanne selber ist allerdings auch kein wirklich angenehmer Charakter. Ihre Äußerungen über werdende Mütter bzw Prostituierte - die zeugen schon von Unverständnis und Arroganz (bzw von unüberlegtem Nachplappern der aktuellen Moralvorstellungen)
Für Marthas Kolleginnen gibt es keine direkten Vorbilder - sie alle zeigen spezifische menschliche Verhaltensweisen - sie sind auch nicht schwarz oder weiß - das wird sich alles noch ein bisschen wandeln. Darüber können wir in Abschnitt 4 und 5 noch ausführlich diskutieren, ich will hier nichts vorwegnehmen.
Milli ist nach wie vor mein Lieblingscharakter hier: sie hat sich für das Kind entschieden obwohl sie auch die Möglichkeit einer Abtreibung in Erwägung gezogen hat. Wie war das damals in Hamburg? Ich weiß nur, dass "Engelmacherinnen" hier gnadenlos verurteilt und oft hingerichtet wurden. Es war also ein sehr riskantes Geschäft. Allerdings auch sehr riskant für die schwangeren Frauen. Aber Milli bekommt ihre kleine Tochter und dass sie sie Anna nennt, ist wirklich rührend! Dass ein unehelich geborenes Kind einen Amtsvorstand bekam war mir auch nicht klar!
Abtreibungen liefen natürlich illegal und unter der Hand. Wenn das rausgekommen wäre, wären sowohl die betroffene Frau als auch der Arzt oder die Engelmacherin im Knast gelandet. Nichteheliche Kinder, bei denen nicht beide Eltern das Sorgerecht haben, bekommen bis heute in bestimmten Fällen einen Amtsvormund. Der hat aber keinerlei Befugnisse mehr, sondern dient nur dazu, die Ansprüche des Kindes gegen den leiblichen Vater im Auftrag der Mutter vor Behörden etc. zu vertreten. Es ist also inzwischen eine wirkliche Hilfe und geht um rein finanzielle Dinge. Aber das war nicht immer so. Im Grunde ist es ein letztes Relikt aus der Zeit, da Frauen als unmündig galten.